
Mit einer klaren Botschaft hat sich die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) an die Öffentlichkeit gewandt: Die Gesundheits- und Pflegepolitik in Deutschland steht vor einem umfassenden Umbruch – und dieser Wandel soll nicht über, sondern mit den Menschen in der Versorgung gestaltet werden. Insbesondere Pflegekräfte stehen dabei im Mittelpunkt der Pläne der Ministerin.
Gesundheitsministerin spricht von Pflegekräften als „größter Pluspunkt“
„Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, viele Kompetenzen in der Pflege ungenutzt zu lassen“, sagte Warken in ihrer Rede bei der Aussprache zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers vor dem Deutschen Bundestag. Nach dem Plan der Ministerin sollen Pflegekräfte künftig zentrale Gestalterinnen und Gestalter des Gesundheitssystems werden. Ziel sei es, Vertrauenskultur, Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit zu stärken. Hier liege das größte Potenzial, erklärte sie. Ob Warken damit auch die Erweiterung der pflegerischen Kompetenzen in Bezug auf heilkundliche Tätigkeiten meint, wird in der Rede letztlich nicht ganz klar auf den Punkt gebracht.
Zumindest will sie den Pflegekräften mehr berufliche Autonomie ermöglichen – weg von überbordender Bürokratie, hin zu einer Arbeitsumgebung, in der ihre fachliche Expertise zählt. Nur wenn den „hochqualifizierten und hochmotivierten“ Pflegekräften zugehört werde, könne ihre Arbeit effektiver gestaltet, Hemmnisse im Arbeitsalltag aus dem Weg geräumt und die Patientenversorgung verbessert werden, glaubt die Gesundheitsministerin.
Dazu gehöre auch, gute Arbeitsbedingungen für die Millionen dort Beschäftigten zu ermöglichen. Diese seien „unser größter Pluspunkt“ und müssten künftig noch mehr in den Blick genommen werden, so Warken. Für die Pflegekräfte müsse es die Möglichkeit geben, ihre umfangreichen Fähigkeiten noch stärker einzubringen.
„Gewaltige“ Herausforderungen in der Pflege
Wie das konkret gelingen soll, sagte Warken nicht. Als zentrales Instrument zur Umsetzung dieser Ziele nannte sie lediglich einen guten Austausch zwischen allen Beteiligten. Sie wolle deshalb den Dialog mit Praktikerinnen und Praktikern in der Versorgung und Pflege, aber auch mit den Akteuren der Selbstverwaltung suchen und pflegen.
Das ist auch dringend notwendig, angesichts der „gewaltigen“ Herausforderungen vor denen Pflege und Gesundheit derzeit stehen. Gesundheitsministerin Warken nannte hier vor allem ineffiziente Strukturen, fehlende Nachhaltigkeit in der Finanzierung, Fachkräftemangel, unzureichende Digitalisierung und ein Übermaß an Bürokratie. Auch zeigen sich derzeit Schwächen in der Gesundheitsversorgung vom ambulanten und stationären Sektor bis hin zum öffentlichen Gesundheitsdienst.
Diese Bereiche zu stärken, damit sich die Menschen in Deutschland auf eine bestmögliche Versorgung verlassen können, gehe nur durch ein modernes, leistungsfähiges und effizientes Gesundheitssystem, erklärte Warken.
Pflegereform geplant
Die dafür nötigen Strukturreformen sollen im Sinne des Koalitionsvertrags durchgeführt werden. Hierzu gehöre vor allem die Krankenhausreform. Zur Sicherung der pflegerischen Versorgung wolle die Gesundheitsministerin außerdem noch in diesem Jahr eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe bestimmen, die Vorschläge für eine „große Pflegereform“ erarbeiten soll.
Alles werde zur Diskussion gestellt, kündigte die Gesundheitsministerin an: von der nachhaltigen Finanzierung über die häusliche Pflege, die Rolle der Angehörigen bis hin zur sektorenübergreifenden Versorgung und Akutpflege. Besonders im Fokus: Die zuletzt stark gestiegenen Eigenanteile der Pflegebedürftigen.
Die akute Finanznot der Pflegeversicherung wolle sie zunächst mit kurzfristigen Maßnahmen abfedern. Gespräche dazu sollen zeitnah beginnen. Mittel- und langfristig brauche es allerdings neue Lösungen, betonte Warken. Auch die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung sollen stabilisiert werden. Hierzu soll eine Kommission Vorschläge erarbeiten.
Neue Finanzierung für Krankenhäuser
Zügig soll zudem die Finanzierung des Transformationsfonds im Rahmen der Krankenhausreform angepasst werden. Die Kosten für den Umbau der Krankenhauslandschaft dürften demnach nicht allein von den Beitragszahlern getragen werden. So soll die Finanzierung künftig aus Mitteln des Sondervermögen Infrastruktur gestemmt werden. Dies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so die Gesundheitsministerin.
Zudem möchte sie die Lücken bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023 für die Krankenhäuser schließen. Welche Kosten hierbei konkret gemeint sind, ist selbst bei Fachpolitikern noch unklar. Der Begriff tauchte erstmals im neuen Koalitionsvertrag auf und könnte laut Recherche von Bibliomed Manager einen Finanzierungsausgleich meinen, „der neben den ursprünglich genannten Betriebskosten zusätzlich auch andere Transformationskosten umfasst“. Dazu gehören möglicherweise Investitionskosten, die vor der Krankenhausreform in den Jahren 2022 und 2023 angefallen sind.
„Digitalisierungsschub“ versprochen
In pucto Digitalisierung versprach Warken neue digitale Lösungen und redete von einem „Digitalisierungsschub“, der fortgesetzt wird. Hierzu gehöre die laufende Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA), die weiter begleitet werde. Besonderes Augenmerk möchte sie auf die Sicherheit und die Stabilität des Betriebs legen. Zuletzt wurden immer wieder Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der ePA von verschiedenen Stellen geäußert.