Gelbsucht
Wissen­schaft­ler haben jetzt eine neue Ursache für die Gelbsucht identi­fi­ziert. Bild: CDC/ Dr. Thomas F. Sellers; Emory Univer­sity

Der Stoff verleiht unserem Blut seine tiefrote Farbe: Das eisen­hal­tige Molekül Häm bildet in Verbin­dung mit Eiwei­ßen in den roten Blutkör­per­chen Hämoglo­bin, das für den Sauer­stoff­trans­port im Körper eine zentrale Rolle spielt. Beim Abbau roter Blutkör­per­chen fallen im gesun­den Körper große Mengen an Häm an, die nicht recycelt werden können. Weil das freige­setzte Häm giftig ist, wird es zunächst zu Biliru­bin abgebaut. Unter hohem Energie­auf­wand folgt dann die Ausschei­dung über die Galle. Gelingt das dem Körper nicht in ausrei­chen­dem Maß, sorgt das Biliru­bin für die gelbli­che Färbung der Augen und der Haut, die der Gelbsucht ihren Namen geben.

Oxida­ti­ons­pro­dukte Z‑BOX A und Z‑BOX B spielen wichtige Rolle bei der Gelbsucht

Die Gelbsucht ist insofern keine eigen­stän­dige Krank­heit. Vielmehr handelt es sich um ein Zeichen dafür, dass die oben genann­ten Abbau- und Ausschei­dungs­pro­zesse wegen einer Erkran­kung des Blutes, der Leber oder der Galle gestört sind. „Lange Zeit galten die erhöh­ten Konzen­tra­tio­nen an Biliru­bin auch als Ursache für verschie­dene Kompli­ka­tio­nen der Gelbsucht, vor allem Schädi­gun­gen im zentra­len Nerven­sys­tem. Wir vermu­ten, dass auch weitere Häm-Abbau­pro­dukte für einen Teil dieser Effekte verant­wort­lich sind“, so Prof. Dr. Michael Bauer. Der Anästhe­sist am Univer­si­täts­kli­ni­kum Jena erforscht diese Abbau­pro­dukte und deren Rolle im Leber­stoff­wech­sel.

In den Blick­win­kel der Jenaer Forscher gerie­ten dabei Z‑BOX A und Z‑BOX B. Es handelt sich dabei um zwei nieder­mo­le­ku­lare Verbin­dun­gen, die durch die Reaktion von Häm oder Biliru­bin mit reakti­ven Sauer­stoff­spe­zies entste­hen. Die Forscher konnten aufzei­gen, dass Z‑BOX A und Z‑BOX B bereits im Blut gesun­der Menschen vorhan­den sind. Bei einem gestör­ten Biliru­bin­stoff­wech­sel oder bei Patien­ten mit Leber­ver­sa­gen steigt ihre Konzen­tra­tion jedoch auf das Zwanzig­fa­che an. Weil zur Entgif­tung eine weitere Akkumu­la­tion in der Leber statt­fin­det, können die unter­such­ten Abbau­pro­dukte negative Folgen für die Leber­funk­tion haben.

Unter­schiede der Oxida­ti­ons­pro­dukte belegen ausge­klü­gelte Bau- und Funkti­ons­zu­sam­men­hänge

„Obwohl sich die Struk­tur der beiden Häm-Abbau­pro­dukte nur in der Position von zwei Seiten­ket­ten unter­schei­det, haben beide Verbin­dun­gen unter­schied­li­che körper­ei­gene Inter­ak­ti­ons­part­ner und Folge­ef­fekte auf die Leber­zel­len“, betont der Chemi­ker Raphael Seidel. In Zellkul­tur­ex­pe­ri­men­ten konnten die Jenaer Wissen­schaft­ler nachwei­sen, dass Z‑BOX A die Morpho­lo­gie von Leber­zel­len beein­träch­tigt und stärker mit dem intra­zel­lu­lä­ren Reduk­ti­ons­mit­tel Glutat­hion reagiert als Z‑BOX B.

Mit Hilfe eines hochsen­si­ti­ven Analy­se­ver­fah­rens gelang es den Forschern im Tiermo­dell aufzu­de­cken, dass der Körper Z‑BOX A bei Entgif­tung über die Galle bevor­zugt. Demge­gen­über wird Z‑BOX B auf noch ungeklärte Weise aus dem Blut elimi­niert. Michael Bauer: „Die derart unter­schied­li­chen Auswir­kun­gen der beiden Häm-Abbau­pro­dukte bewei­sen fein abgestimmte Struk­tur-Wirkungs-Bezie­hun­gen mit den zellu­lä­ren Struk­tu­ren auf moleku­la­rer Ebene, wie etwa Trans­port­pro­te­inen oder Rezep­to­ren.“ Mit ihren Forschungs­er­geb­nis­sen öffnen die Jenaer Wissen­schaft­ler eine neue Sicht auf grund­le­gende Zusam­men­hänge des Häm-Biliru­bin­stoff­wech­sels.

Quelle: idw