Sofosbuvir, Hepatitis C
Der Wirkstoff Sofos­bu­vir wurde zuletzt zu horren­den Preisen von der Pharma­in­dus­trie verkauft (Symbol­bild). Die NGO „Ärzte der Welt“ will das nun ändern. Bild: stevepb/Pixabay.com

„Ärzte der Welt“ hatte bereits im Februar 2015 Einspruch gegen ein Patent des Sofos­bu­vir-Herstel­lers Gilead Scien­ces vor dem Europäi­schen Patent­amt (EPA) einge­reicht. Die EPA-Kommis­sion hatte im Oktober 2016 entschie­den, dass die zum Patent angemel­dete chemi­sche Formel nicht den recht­li­chen Vorga­ben entspricht und der Wirkstoff damit nicht mehr in vollem Umfang geschützt ist. Trotz dieses Umstan­des verlangt Gilead nach wie vor hohe Preise für das auf Grund­lage des Wirkstoffs Sofos­bu­vir entwi­ckelte Medika­ment Sovaldi – und die europäi­schen Regie­run­gen tolerie­ren es.

Im Juni 2016 hat das Pharma­un­ter­neh­men ein zweites Patent beim EPA angemel­det, das den Wirkstoff Sofos­bu­vir abdeckt. Das Patent schützt die wichtigs­ten Basis­ver­bin­dun­gen, welche essen­zi­ell für die Herstel­lung von Hepatitis‑C-Medika­men­ten sind. „Ärzte der Welt“ ist überzeugt, dass das Patent nicht den Richt­li­nien des Europäi­schen Paten­tüber­ein­kom­mens entspricht.

Macht­ba­lance zwischen Kranken­kas­sen und Pharma­un­ter­neh­men

„Es war das erste Mal, dass eine medizi­ni­sche Nicht-Regie­rungs­or­ga­ni­sa­tion in Europa Einspruch gegen ein Patent erhoben hat. Wir konnten mit dem Einspruch beim europäi­schen Patent­amt zeigen, dass ein Patent verge­ben wurde, obwohl die Bedin­gun­gen des Patent­ertei­lungs­ver­fah­rens nicht erfüllt waren. Patente sind die Grund­lage der überhöh­ten Preise, die Patien­ten und Gesund­heits­sys­teme in Europa belas­ten“, sagt François De Keers­mae­ker, Direk­tor von „Ärzte der Welt“ Deutsch­land. Hatte die erste Anfech­tung „Ärzte der Welt“ noch alleine einge­reicht, betei­li­gen sich jetzt 30 zivil­ge­sell­schaft­li­che Organi­sa­tio­nen aus 17 europäi­schen Ländern.

Ist die Patent­an­fech­tung erfolg­reich, könnte die Zugäng­lich­keit des Wirkstof­fes Sofos­bu­vir auf dem europäi­schen Markt beschleu­nigt werden. Ferner würde die Aufhe­bung des Patents Natio­nal­staa­ten eine bessere Verhand­lungs­po­si­tion mit Gilead über den Preis des Medika­ments verschaf­fen. Neben der Anfech­tung des Paten­tes setzt sich das Netzwerk von „Ärzte der Welt“ daher dafür ein, dass Regie­run­gen ihre Regulie­rungs­mög­lich­kei­ten nutzen, um eine größere Macht­ba­lance zwischen den Kranken­kas­sen und den Pharma­un­ter­neh­men sicher­zu­stel­len.

Behand­lung kostet bis zu 55.000 Euro

Dazu gehört auch, dass Regie­run­gen bei extrem teuren Medika­men­ten vom stärks­ten Rechts­mit­tel Gebrauch machen, das sie besit­zen: Zwangs­li­zen­zen. Regie­run­gen können durch dieses Instru­ment auch ohne Einver­ständ­nis des Patent­in­ha­bers eine Lizenz erlas­sen, wenn dies im öffent­li­chen Inter­esse ist (§ 24 PatG).

Der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion (WHO) zufolge sind in Europa zwischen 7,3 und 8,8 Millio­nen Menschen mit Hepati­tis C infiziert. Die etwa zwölf­wö­chige Behand­lung von Hepati­tis C‑Erkrankten kostet je nach Land bis zu 55.000 Euro. In einigen Ländern Europas sind bereits Zugangs­be­schrän­kun­gen einge­führt. Weltweit leben über 80 Millio­nen Menschen mit Hepati­tis C, die überteu­er­ten Preise verhin­dern in vielen Ländern den Zugang zu den lebens­ret­ten­den Medika­men­ten.

Quelle: Presseportal.de