Wer straf­recht­lich relevante – insbe­son­dere fremden­feind­li­che – Hetzkom­men­tare in sozia­len Netzwer­ken veröf­fent­licht, riskiert unter Umstän­den seinen Arbeits­platz. Das gilt auch dann, wenn es keinen unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang mit der beruf­li­chen Tätig­keit gibt. Aller­dings kommt es sehr stark auf den konkre­ten Fall und die Begleit­um­stände an, wie Gerichte bei einer Klage die Sache bewer­ten.

Ein bekann­tes Beispiel stammt aus dem vergan­ge­nen Jahr, als einer Alten­pfle­ge­rin nach einem Hass-Posting von ihrem Arbeit­ge­ber, der Arbei­ter­wohl­fahrt, frist­los gekün­digt worden ist: Sie hatte in einem Facebook-Kommen­tar angedeu­tet, sie wolle Flücht­linge absicht­lich schlecht behan­deln, sodass bei ihr „niemand überle­ben“ werde.

Nun gibt es einen ähnli­chen Fall, wenngleich nicht aus dem Gesund­heits­we­sen: Wie der Düssel­dor­fer Straf­rechts-Fachan­walt und „Lawblog­ger“ Udo Vetter berich­tet, hat das Arbeits­ge­richt Hamm die außer­or­dent­li­che Kündi­gung eines 48-jähri­gen Bergme­cha­ni­kers wegen Hasskom­men­ta­ren bestä­tigt. Seine Berufung hat der Mann inzwi­schen zurück­ge­nom­men, womit das Urteil rechts­kräf­tig ist (Az.:5 Ca 2806/15).

Unzumut­ba­rer Image­scha­den durch Hetzkom­men­tare

Jener hatte Anfang Oktober 2015 bei Facebook einen Beitrag des Fernseh­sen­ders n‑tv über einen Flücht­lings­heim-Brand in Thürin­gen mit den Worten kommen­tiert: „hoffe das alle verbrennen…die nicht gemel­det sind.“ Im Diskus­si­ons­ver­lauf legte er mit zwei Kommen­ta­ren nach: „wenn mir einer sagt ich bin Nazi …falsch … Herr nazi“, sowie „alle raus und geht es gut.“.

Kurz darauf stieß die Konzern­re­vi­sion seines Arbeit­ge­bers RAG auf die Hetzkom­men­tare und hörte den Mitar­bei­ter an, worauf dieser seine Urheber­schaft bestä­tigte. Der Konzern kündigte ihm darauf­hin frist­los, hilfs­weise ordent­lich. In seiner Klage vor dem Arbeits­ge­richt argumen­tierte der 48-Jährige unter anderem, das Posting sei recht schnell gelöscht worden. Zudem habe er vor seinen Kommen­ta­ren reich­lich Alkohol konsu­miert und zu jener Zeit erheb­li­che private Probleme gehabt. Des Weite­ren habe er sich beim Posting nicht auf seinen Arbeit­ge­ber bezogen; dessen Name sei nur bei Klick auf sein Profil erkenn­bar gewesen.

Das Gericht sah die frist­lose Kündi­gung wegen der Hetzkom­men­tare als gerecht­fer­tigt an. Eine entschei­dende Rolle dabei spielte, dass die Firma des Mannes für andere Facebook-Nutzer leicht recher­chier­bar gewesen sei. Für die Bewer­tung des Falles sah das Gericht in der Aussage des Arbeit­neh­mers zunächst die Straf­tat der Volks­ver­het­zung als erfüllt an.

Der dienst­li­che Bezug, auf den die Kündi­gung gestützt wird, könne dadurch entste­hen, „dass der Arbeit­ge­ber oder andere Arbeit­neh­mer in der Öffent­lich­keit mit der Straf­tat in Verbin­dung gebracht werden“. Das sei hier nachweis­lich gesche­hen: Denn „dass diese Verbin­dung bei den Besuchern der Seite auch tatsäch­lich herge­stellt wurde, zeigt der Kommen­tar eines Nutzers, der eine Anspie­lung auf braune Kohle machte“, so das Gericht. Gerade wegen des sozia­len Engage­ments seines Arbeit­ge­bers für Flücht­linge „konnte deshalb auch der Kläger nicht ernst­haft anneh­men, die Beklagte werde die Aufsta­che­lung von Hass gegen Flücht­linge auch nur einma­lig hinneh­men“.

Nicht wirksam: Kündi­gung nach missver­ständ­li­cher Satire

Nicht wirksam dagegen war – zumin­dest in erster Instanz – die Kündi­gung wegen eines Facebook-Postings in einem anderen Fall: Ein Trieb­fahr­zeug­füh­rer der Deutschen Bahn hatte ein Bild von einer polni­schen Satire-Website geteilt. Jenes zeigte den Eingang des Vernich­tungs­la­gers Ausch­witz, mit dem berüch­tig­ten „Arbeit macht frei“-Schriftzug auf dem Tor; darun­ter – auf Polnisch – die Bemer­kung „Polen ist bereit für die Flücht­lings­auf­nahme“. Auch auf dessen Profil war sein Arbeit­ge­ber, die DB Regio AG/S‑Bahn Rhein-Neckar, klar auszu­ma­chen.

Die Bahn hatte dem gebür­tig aus Polen stammen­den Lokfüh­rer gekün­digt, weil sie ihren Ruf geschä­digt sah – auch und gerade deshalb, weil auch Flücht­linge mit DB-Zügen fahren. Das Gericht sah den Einwand zwar berech­tigt, im Übrigen auch verwei­send auf die Rolle der Gefan­ge­nen­trans­porte per Bahn in die Konzen­tra­ti­ons­la­ger zur NS-Zeit. Die eigent­li­che, sarkas­ti­sche Inten­tion des Bildes – nämlich ein drasti­scher Protest gegen die restrik­tive Flücht­lings­po­li­tik der polni­schen Regie­rung – sei nicht unmit­tel­bar erkenn­bar gewesen, gerade für die nicht des Polni­schen mächti­gen Nutzer.

Insofern stelle das Verhal­ten zwar eine Pflicht­ver­let­zung des Arbeit­neh­mers dar, jedoch sprachen für das Gericht die mehr als 14-jährige Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit sowie dessen Unter­halts-Verpflich­tun­gen für den Kläger. Zudem habe er das Foto nach Hinweis des Arbeit­ge­bers umgehend gelöscht und sich schrift­lich entschul­digt. Man gehe zudem nicht davon aus, dass er seinen Arbeit­ge­ber habe schädi­gen wollen – sondern sich offen­bar keine Gedan­ken gemacht habe, wie das Posting noch inter­pre­tiert werden könnte. „Der Kläger mag dies zum Anlass nehmen, sensi­bler in den sozia­len Netzwer­ken zu agieren“, so das Gericht.