Mit der seit 1. März geltenden Masern-Impfpflicht für Kinder in Kitas oder Schulen muss sich das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Die beiden Vereine „Initiative freie Impfentscheidung“ sowie „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ gaben am 1. März die Beschwerden am Sitz des Verfassungsgerichts in Karlsruhe ab. Die konkreten Beschwerdeführer sind vier Familien – zwei aus Sachsen, eine aus Hessen und eine aus Schleswig-Holstein. Zwei der Familien haben zusätzlich Eilanträge gestellt, da die jeweiligen Eltern in Kürze in ihren Beruf zurückkehren wollen und die Betreuung ihrer Kinder wegen deren fehlender Masernimpfung ungeregelt ist. Deswegen müsse ein schneller einstweiliger Beschluss her. Auch eine Kinderärztin und ein Kinderarzt haben angekündigt, sich der Beschwerde anzuschließen beziehungsweise selbst eine solche einzureichen. Sie sehen das Arzt-Patienten-Verhältnis beeinträchtigt.
Laut des zum Monatsanfang in Kraft getretenen Masernschutzgesetzes müssen Kinder ab dem ersten Lebensjahr bei Aufnahme in den Kindergarten oder die Schule eine Masernimpfung nachweisen können, beziehungsweise ein ärztliches Attest über eine bereits überstandene Masern-Erkrankung. Gleiches gilt auch für die in der Schule Beschäftigten, sowie allgemein für Mitarbeiter von Gemeinschafts- oder medizinischen Einrichtungen. Die Nachweispflicht betrifft dabei sämtliche Personen, die nach 1970 geboren wurden. Personen, die bereits zum Inkrafttreten des Gesetzes in einer Einrichtung tätig sind beziehungsweise betreut oder beschult werden, müssen den Nachweis bis 31.7.2021 liefern.
Eltern drohen bis zu 2.500 Euro Bußgeld
Eltern, die der Impfpflicht nicht nachkommen, könnten eine Geldbuße von bis zu 2.500 Euro erhalten. Nicht geimpften Kindergartenkindern bleibt darüber hinaus eine Betreuung verwehrt. Die Vereine der Impfskeptiker monieren, dass die Koppelung der Impfpflicht an den Kita-Zugang unverhältnismäßig sei. Es gebe schließlich keine akute Masern-Bedrohungslage in Deutschland, und man greife in die Entscheidungsfreiheit der Eltern ein. Zudem sei kein Masern-Einzelimpfstoff verfügbar, sondern nur ein Kombinationspräparat mit gleichzeitiger Immunisierung gegen Mumps und Röteln, manchmal zusätzlich Windpocken. Für Mitarbeiter in Schulen, anderen Gemeinschafts- sowie Gesundheitseinrichtungen, deren Geburtsjahr nach 1970 liegt, aber sich nicht impfen lassen wollen, komme die Impfpflicht zudem einem Beschäftigungsverbot gleich. Darüberhinaus würden außerdem Kinder, die vor der Aufnahme in eine Kita oder Schule ständen, gegenüber bereits dort aufgenommenen Kindern benachteiligt – da erstere den Nachweis über die Masernimpfung sofort liefern müssen, letztere erst Ende Juli nächsten Jahres.
Wie dagegen das Bundesgesundheitsministerium ausführt, seien Masern – anders als vielfach angenommen – keine „harmlose Kinder-Krankheit“, sondern eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten überhaupt. Eine Masernimpfung könne erhebliches Leid ersparen. „Masern bringen häufig Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich. Dazu gehört im schlimmsten Fall eine tödlich verlaufende Gehirnentzündung.“ Allein 2019 habe man europaweit 13.207 Masern-Fälle registriert, 514 davon in Deutschland. Ziel sei es, mindestens die vom Robert Koch-Institut (RKI) empfohlene Masern-Impfquote von 95 % zu erreichen. Ab einer solchen Impfquote gelten, aufgrund der sogenannten „Herden-Immunität“ auch Personen als geschützt, die sich aus gesundheitlichen oder immunologischen Gründen nicht selbst impfen lassen können.
Quelle: BMG, Initative Freie Impfentscheidung