![Uniklinik Köln](https://www.rechtsdepesche.de/wordpress/wp-content/uploads/2017/07/uniklinik-koeln.jpg)
Das Kliniksterben in Deutschland – schreitet es weiter voran? Ende Januar 2021, auf dem Höhepunkt der Pandemie, demonstrieren Klinikmitarbeiter vor dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin. Die Bundesregierung hatte zwar versprochen, eine Überlastung der Krankenhäuser mit allen Mitteln zu vermeiden. Denn jedes Klinikbett zähle. Trotzdem wurden schon im Jahr 2020 genau 20 Kliniken dichtgemacht – trotz Corona. Und es sollen nicht die letzten sein.
Corona-Spezialklinik mit 190 Mitarbeitern geschlossen
Man schaue sich nur das Beispiel des Krankenhauses in Ingelheim an. Erst noch zur Corona-Spezialklinik aufgerüstet. Und dann Ende Dezember geschlossen. Nach 80 Jahren. Alles muss raus. Auch die 190 Mitarbeiter: alle entlassen – auf dem Höhepunkt der zweiten Welle.
1.914 Krankenhäuser in Deutschland versorgen jährlich 21 Millionen stationäre Patienten und rund 20 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,3 Millionen Mitarbeitern. Die Zahl der Häuser hat zuletzt stark variiert, – hier eine Übersicht der letzen Jahre:
- 2009: 2084
- 2010: 2064
- 2011: 2045
- 2012: 2017
- 2013: 1996
- 2014: 1980
- 2015: 1956
- 2016: 1951
- 2017: 1942
- 2018: 1925
- 2019: 2014
- 2020: 1914
Die Ausgleichszahlungen des Bundes haben den Trend angeblich gestoppt. Das erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß: „Ausgleichzahlungen, Hilfen für den Aufbau von Intensivbetten und andere Leistungen waren während der Pandemie unverzichtbar, um die Krankenhäuser und das Gesundheitswesen in einer Ausnahmesituation trotzdem leistungsfähig zu halten.
Das ist in Deutschland gelungen wie in wenigen anderen Ländern der Welt. Mit den Ausgleichszahlungen und den Hilfen für den Aufbau von Intensivbetten haben sich Krankenhäuser nicht bereichert. Vielmehr haben die Zahlungen verhindert, dass während der Pandemie Krankenhäuser schließen und Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt werden mussten.“
Dass Betten freigehalten und Beatmungskapazitäten in der Anfangsphase der Pandemie massiv aufgebaut werden sollten, sei politisch gewollt und richtig, so Gaß weiter. Alle Maßnahmen seien unter hohem Zeitdruck geschehen. Und vor dem Hintergrund der schrecklichen Bilder aus Ländern, in denen die Behandlungs- und Beatmungskapazitäten nicht ausreichten und Menschen ohne adäquate medizinische Behandlung sterben mussten. Eine Priorisierung von Beatmungsplätzen für schwer kranke COVID-Patienten sollte in Deutschland um jeden Preis vermieden werden, so die Krankenhausgesellschaft.
Kritik vom Bundesrechnungshof
Kritik kam zuletzt vom Bundesrechnungshof. Der sah grundlegende Defizite bei der Krankenhausplanung in Deutschland und forderte eine Grundgesetzänderung, die die Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern neu regelt.
„Eine in die Zukunft ausgerichtete Planung, zum Beispiel unter Berücksichtigung der Demografie, Morbidität und des medizinischen Fortschritts, ist kaum vorhanden“, heißt es in einem Bericht des Bundesrechnungshofs. Die gegenwärtige Krankenhausstruktur sei nicht effizient, bemängelt der Rechnungshof weiter. „40 Prozent der Krankenhäuser verzeichnen Verluste, für über ein Zehntel besteht erhöhte Insolvenzgefahr.“
In Deutschland sind grundsätzlich die Länder für die Planung von Klinikkapazitäten und auch für die notwendigen Investitionen zuständig. Aus Sicht des Bundesrechnungshof kommen die Länder „ihrer Investitionsverpflichtung bei den Krankenhäusern seit Jahren nur unzureichend nach.“
Neue Behandlungsplätze ein Glücksfall
Die Krankenhausgesellschaft hält dagegen: „Dass viele neu geschaffene und freigehaltene Behandlungsplätze letztlich nicht gebraucht wurden, ist ein Glücksfall und war so nicht vorhersehbar“, sagt Gaß. „Wer heute behauptet, Krankenhäuser hätten sich ungerechtfertigt an Ausgleichszahlungen bereichert, nährt Falschbehauptungen und verkennt die Ausnahmesituation, in der wir uns noch vor wenigen Monaten befunden haben. Das Finanzierungssystem der deutschen Krankenhäuser basiert im Wesentlichen auf leistungsabhängiger Vergütung. Fallen Leistungen z.B. durch notwendige Freihaltungen weg, müssen Kosten für den laufenden Betrieb trotzdem finanziert werden. Ohne Ausgleichszahlungen wären viele Kliniken daran gescheitert, diese Kosten zu refinanzieren. Das hätte zu einem weiteren Kliniksterben mitten in der Pandemie geführt.“