Neun Morde, über 30 Mordversuche
Es ist ein unfassbarer Mordprozess enormen Ausmaßes: Ein Palliativ-Pfleger des Rhein-Maar-Krankenhauses in Aachen soll neun Menschen getötet haben – über 30 weitere Male sollen Patienten seinen Mordversuch überlebt haben. Das zumindest sagt die Staatsanwaltschaft beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Aachen.
Der 44-jährige Angeklagte soll den hauptsächlich todkranken und sehr alten Patienten unter anderem überdosierte Mengen des Beruhigungsmittels Midazolam verabreicht haben – auch das Schmerzmittel Morphium soll dabei gewesen sein. Die Mittel habe er teils schlafenden aber auch wachen Patienten verabreicht. Unmittelbar danach verließ er die Zimmer, um die Patienten sich selbst zu überlassen, so die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage.
War er von den Patienten genervt?
Weiter heißt es, er habe sich zum „Herr über Leben und Tod“ gemacht. Mögliches Motiv: Er wollte seine Ruhe. Von den todkranken Patienten und ihren Bedürfnissen habe er sich genervt gezeigt.
„Der Angeklagte soll die Taten begangen haben, um möglichst wenig Arbeitsaufwand mit seinen Patienten während der Nachtschicht zu haben und sie ruhig zu stellen“, sagte Gerichtssprecherin Katharina Effert laut Medienberichten. Die Staatsanwaltschaft geht somit von niedrigen Beweggründen aus, teils soll der Angeklagte heimtückisch gehandelt haben.
Was bedeuten „niedrige Beweggründe“ und „Heimtücke“?
Beide Begriffe gehören zu den Mordmerkmalen, die in § 211 StGB aufgeführt sind. Damit die Tötung eines Menschen als Mord angesehen wird, muss eins dieser Merkmale erfüllt werden. Wurde die Tat aus niedrigen Beweggründen begangen, steht der Grund für die Tat nach der allgemeinen sittlichen Wertung auf der untersten Stufe, ist damit besonders verwerflich und verachtenswert. Liegt der Tat Heimtücke zu Grunde, wurde die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer ausgenutzt. Arglos bedeutet, das Opfer hat keinen Angriff vermutet. Wehrlos bedeutet, das Opfer war nicht oder nur eingeschränkt verteidigungsfähig.
Pfleger soll arrogant gewesen sein
Vor seinen Kolleginnen und Kollegen sei er immer wieder arrogant aufgetreten. Habe mit seiner Erfahrung in der Pflege geprahlt und ein „Selbstbild der Überlegenheit“ gepflegt. Das führte wohl so weit, dass er sich auch ärztlichen Anweisungen widersetzt haben soll.
Bislang äußerte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen. Schon im Sommer 2024 war er festgenommen worden. Der Angeklagte hatte 2007 seine Ausbildung als Krankenpfleger abgeschlossen. Seit 2020 arbeitete er in der Klinik, in der er schließlich auch die Morde begangen haben soll. Ob es weitere Opfer gebe, werde aktuell noch ermittelt, entsprechend könnten neue Vorwürfe gegen den Mann erhoben werden.
Quelle: WDR, RTL, Deutsches Ärzteblatt