Mord
Pallia­tiv-Pfleger wegen Mord in neun Fällen angeklagt. Bild: © Dmytro Skryp­ny­kov | Dreamstime.com

Neun Morde, über 30 Mordver­su­che

Es ist ein unfass­ba­rer Mordpro­zess enormen Ausma­ßes: Ein Pallia­tiv-Pfleger des Rhein-Maar-Kranken­hau­ses in Aachen soll neun Menschen getötet haben – über 30 weitere Male sollen Patien­ten seinen Mordver­such überlebt haben. Das zumin­dest sagt die Staats­an­walt­schaft beim Prozess­auf­takt vor dem Landge­richt Aachen.

Der 44-jährige Angeklagte soll den haupt­säch­lich todkran­ken und sehr alten Patien­ten unter anderem überdo­sierte Mengen des Beruhi­gungs­mit­tels Midazo­lam verab­reicht haben – auch das Schmerz­mit­tel Morphium soll dabei gewesen sein. Die Mittel habe er teils schla­fen­den aber auch wachen Patien­ten verab­reicht. Unmit­tel­bar danach verließ er die Zimmer, um die Patien­ten sich selbst zu überlas­sen, so die Staats­an­walt­schaft in ihrer Anklage.

War er von den Patien­ten genervt?

Weiter heißt es, er habe sich zum „Herr über Leben und Tod“ gemacht. Mögli­ches Motiv: Er wollte seine Ruhe. Von den todkran­ken Patien­ten und ihren Bedürf­nis­sen habe er sich genervt gezeigt.

„Der Angeklagte soll die Taten began­gen haben, um möglichst wenig Arbeits­auf­wand mit seinen Patien­ten während der Nacht­schicht zu haben und sie ruhig zu stellen“, sagte Gerichts­spre­che­rin Katha­rina Effert laut Medien­be­rich­ten. Die Staats­an­walt­schaft geht somit von niedri­gen Beweg­grün­den aus, teils soll der Angeklagte heimtü­ckisch gehan­delt haben.

Was bedeu­ten „niedrige Beweg­gründe“ und „Heimtü­cke“?

Beide Begriffe gehören zu den Mordmerk­ma­len, die in § 211 StGB aufge­führt sind. Damit die Tötung eines Menschen als Mord angese­hen wird, muss eins dieser Merkmale erfüllt werden. Wurde die Tat aus niedri­gen Beweg­grün­den began­gen, steht der Grund für die Tat nach der allge­mei­nen sittli­chen Wertung auf der unters­ten Stufe, ist damit beson­ders verwerf­lich und verach­tens­wert. Liegt der Tat Heimtü­cke zu Grunde, wurde die Arg- und Wehrlo­sig­keit der Opfer ausge­nutzt. Arglos bedeu­tet, das Opfer hat keinen Angriff vermu­tet. Wehrlos bedeu­tet, das Opfer war nicht oder nur einge­schränkt vertei­di­gungs­fä­hig.

Pfleger soll arrogant gewesen sein

Vor seinen Kolle­gin­nen und Kolle­gen sei er immer wieder arrogant aufge­tre­ten. Habe mit seiner Erfah­rung in der Pflege geprahlt und ein „Selbst­bild der Überle­gen­heit“ gepflegt. Das führte wohl so weit, dass er sich auch ärztli­chen Anwei­sun­gen wider­setzt haben soll.

Bislang äußerte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwür­fen. Schon im Sommer 2024 war er festge­nom­men worden. Der Angeklagte hatte 2007 seine Ausbil­dung als Kranken­pfle­ger abgeschlos­sen. Seit 2020 arbei­tete er in der Klinik, in der er schließ­lich auch die Morde began­gen haben soll. Ob es weitere Opfer gebe, werde aktuell noch ermit­telt, entspre­chend könnten neue Vorwürfe gegen den Mann erhoben werden.

Quelle: WDR, RTL, Deutsches Ärzte­blatt