Sterbehilfe
Ein Mann wollte seine pflege­be­dürf­tige Frau von ihrem Leid befreien. Ist das Sterbe­hilfe oder Totschlag? Bild: © Alberts­ha­ki­rov | Dreamstime.com

Er habe seine chronisch kranke und pflege­be­dürf­tige 82-jährige Frau erlösen wollen, erläu­terte der heute 85-jährige Mann vor dem Landge­richt Mühlhau­sen. Vor drei Jahren hatte er sie mit einem Kissen erstickt, nachdem sie sich schla­fen gelegt hatte. „Ich wollte sie befreien von diesen Umstän­den. Es war nicht mehr würdig“, sagte er laut Bericht des MDR im Prozess, bei dem er wegen Mordes angeklagt war.

Im Januar 2022 hatte er seiner Partne­rin, nachdem er sie bettfer­tig gemacht hatte und sie einge­schla­fen war, ein Kissen aufs Gesicht gedrückt. Diese sei dann wach gewor­den und habe sich gewehrt. „Ich tue es für uns, ich tue es für dich, ich will dich erlösen“, habe er ihr zum Abschied noch gesagt – und dann weiter zugedrückt. Anschlie­ßend hatte er selbst die Polizei gerufen.

Mehrere Gründe führten (so gerade noch) zur Ausset­zung auf Bewäh­rung

Wegen der Tötung seiner Frau musste sich der Senior aus dem nordthü­rin­gi­schen Unstrut-Hainich-Kreis vor dem Landge­richt verant­wor­ten. Die Staats­an­walt­schaft hatte das Mordmerk­mal der Heimtü­cke (da die Frau arglos war und zunächst schlief) verwirk­licht gesehen, und eine Haftstrafe von dreiein­halb Jahren gefor­dert. Die Vertei­di­gung hielt dagegen eine Bewäh­rungs­strafe für angemes­sen.

Letzte­rer Forde­rung schloss sich das Gericht dann an: Es erkannte auf Totschlag im Affekt und verur­teilte den 85-Jähri­gen zu zwei Jahren Freiheits­strafe auf Bewäh­rung. Außer­dem muss er 6.000 Euro an ein Kinder­hos­piz zahlen. Neben seinem hohen Lebens­al­ter und der damit verbun­de­nen Haft-Empfind­lich­keit sprachen auch sein umfas­sen­des Geständ­nis, das Fehlen sowohl von Vorstra­fen als auch einer Wieder­ho­lungs­ge­fahr für die Ausset­zung der Haftstrafe zur Bewäh­rung.

Während des Prozes­ses habe sich der Mann tief beein­druckt gezeigt. Zudem, so die Richter in ihrem Urteil, sei er wegen seiner psychi­schen Ausnah­me­si­tua­tion zum Tatzeit­punkt vermin­dert schuld­fä­hig gewesen: Er habe mehr oder weniger spontan, aus Überfor­de­rung und Ohnmachts­ge­füh­len, gehan­delt. Der Mann hatte seine Partne­rin jahre­lang allein­ver­ant­wort­lich gepflegt; zudem habe sich zuletzt abgezeich­net, dass sich ihr Zustand verschlech­tere.

Sterbe­hilfe: War es Tötung auf Verlan­gen?

Im Prozess war mit einiger Spannung erwar­tet worden, wie das Gericht die Tat beurteilt: Neben dem von der Staats­an­walt­schaft angeführ­ten Tatbe­stand des Mordes, sowie dem Totschlag, lag auch eine Tötung auf Verlan­gen nach § 216 StGB im Bereich des Mögli­chen, wie er etwa auch bei der Aktiven Sterbe­hilfe angewandt wird – dann, wenn die Frau ihren Partner ausdrück­lich gebeten hätte, ihn zu erlösen.

Eine solche aktive Form der Sterbe­hilfe habe aber gerade nicht vorge­le­gen, so die Richte­rin bei der Urteils­ver­kün­dung. Zu keinem Zeitpunkt habe die Ehefrau den konkre­ten Wunsch geäußert, aus dem Leben zu treten – egal ob durch eigenes Tun oder die Hilfe anderer.

Ob das Leben seiner Partne­rin noch lebens­wert sei oder nicht, habe der Mann nicht zu entschei­den gehabt, so die Richte­rin. „Das Tötungs­ver­bot ist absolut.“