Neue operative Methode.
Über Neuland­me­tho­den muss umfas­send aufge­klärt werden. Bild: 12019/Pixabay.com

Sachver­halt

Bei sogenann­ten Neuland­me­tho­den handelt es sich um Verfah­ren, bei denen noch keine belast­ba­ren Infor­ma­tio­nen über alle poten­zi­el­len Risiken vorlie­gen. Eine solche neue opera­tive Methode wurde auch bei der heute 62-jähri­gen Kläge­rin aus dem Lahn-Dill-Kreis angewandt, nachdem sie sich wegen einer Belas­tungs­harn­in­kon­ti­nenz im Jahr 2008 in ein Kranken­haus in Siegen begab. Ihr wurde die neue opera­tive Methode vorge­schla­gen, welcher sie nach einem Aufklä­rungs­ge­spräch zustimmte. Nach der Opera­tion litt die Patien­tin an einer Dyspa­reu­nie (sexuelle Funkti­ons­stö­rung) sowie an einer restli­chen Harnin­kon­ti­nenz. Weitere fünf Opera­tio­nen folgten, bei denen viel Netzge­webe entfernt werden musste, was fortdau­ernde Schmerz­emp­fin­dun­gen mit sich trug.

Die Patien­tin hat gegen den Träger des Kranken­hau­ses Klage erhoben und ein Schmer­zens­geld in Höhe von 50.000 Euro verlangt. Sie sei nicht ausrei­chend über alter­na­tive Behand­lungs­me­tho­den aufge­klärt worden, ebenso wenig wie über Risiken der Neuland­me­thode.

Entschei­dung

Bereits in erster Instanz hatte das Landge­richt Siegen (Az.: 2 O 1/15) der Kläge­rin ein Schmer­zens­geld von 35.000 Euro zugespro­chen, worauf­hin der Träger des Kranken­hau­ses Berufung vor dem Oberlan­des­ge­richt (OLG) Hamm einlegte. Der 26. Zivil­se­nat hat unter Einbe­zug eines gynäko­lo­gi­schen Sachver­stän­di­gen dem Urteil der ersten Instanz Recht gegeben, da die Kläge­rin tatsäch­lich nicht ausführ­lich über die Neuland­me­thode aufge­klärt worden ist. Zwar galt das Verfah­ren als erfolg­ver­spre­chen­der als die bishe­rige Behand­lungs­me­thode, dennoch waren alle poten­zi­el­len Risiken zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinrei­chend bekannt, da die klini­sche Erpro­bungs­phase noch nicht abgeschlos­sen war. Beispiels­weise hatte man über schwere gesund­heit­li­che Folgen durch das Einset­zen eines Netzes im Becken­bo­den­be­reich noch keine Infor­ma­tio­nen.

Der Patien­tin hätte ausdrück­lich gesagt werden müssen, dass es sich um eine Neuland­me­thode handelt und dass bisher unbekannte Risiken auftre­ten können. Nur so hätte gewähr­leis­tet werden können, dass die Patien­tin sorgfäl­tig zwischen den Behand­lungs­op­tio­nen abwägen kann. Da dies nicht hinrei­chend erfolgt ist, hat das OLG Hamm im Urteil vom 23.1.2018 dem erstin­stanz­li­chen Urteil zugestimmt.

Quelle: OLG Hamm