Wie Herpesviren das Immunsystem hintergehen.
Die Arbeits­gruppe von Profes­sor Sebas­tian Sprin­ger (vorne) an der Jacobs Univer­sity Bremen. Bild: Jacobs Univer­sity

Herpes­vi­ren verur­sa­chen viele Krank­hei­ten, wie beispiels­weise Gürtel­rose oder Pfeif­fer­sches Drüsen­fie­ber, die die Lebens­qua­li­tät nachhal­tig beinträch­ti­gen. Das mensch­li­che Immun­sys­tem kann Herpes­vi­ren meist an der Ausbrei­tung hindern, jedoch nicht ganz aus dem Körper entfer­nen. Das liegt daran, dass diese Viren ein ganzes Arsenal von Fakto­ren enthal­ten, die die befal­le­nen Zellen vor dem Immun­sys­tem schüt­zen und das Virus verste­cken – die sogenann­ten Immun-Evasine. Die Arbeits­gruppe von Dr. Sebas­tian Sprin­ger, Profes­sor für Bioche­mie und Zellbio­lo­gie an der Jacobs Univer­sity Bremen, hat nun aufge­klärt, wie ein solches Immun-Evasin funktio­niert.

Wenn Herpes­vi­ren eine Zelle befal­len und sich dort vermeh­ren, dann bemer­ken die T‑Zellen des Immun­sys­tems die Infek­tion, weil bestimmte Prote­ine an die Oberflä­che der infizier­ten Zelle gelan­gen, die sogenann­ten MHC-I-Prote­ine. Diese fungie­ren als Warnsi­gnal: Sie binden andere Prote­ine an der Oberflä­che der T‑Zelle und aktivie­ren sie so dazu, die virus­be­fal­lene Zelle zu zerstö­ren. Das Herpes­vi­rus MCMV verei­telt dieses Warnsi­gnal: Es enthält einen Faktor, gp40, der den Trans­port der MHC-I-Prote­ine an die Oberflä­che verhin­dert. Damit gehört es zur Klasse der Immun-Evasine.

Sprin­gers Arbeits­gruppe, unter­stützt von der Deutschen Forschungs­ge­mein­schaft und der Tönjes-Vagt-Stiftung Bremen, hat nun heraus­ge­fun­den, wie das Immun-Evasin gp40 funktio­niert. Sprin­ger beschreibt das Gesche­hen mit folgen­dem Vergleich: „Man kann es sich so vorstel­len, dass sich der gp40-Faktor mit einer Hand an einem festen Halte­punkt im Zellin­ne­ren festhält und mit der anderen Hand das MHC-I-Protein greift. Dadurch kann dieses seinen Weg an die Zellober­flä­che nicht mehr gehen.“ Der Dokto­rand Venkat Raman Ramna­ra­yan hat eben diesen festen Halte­punkt im Zellin­ne­ren identi­fi­ziert, ein zellu­lä­res Protein namens TMED10, welches im Labor bereits bekannt war. „Wir waren sehr gut aufge­stellt, diese Wechsel­wir­kung zu erfor­schen“, so Sprin­ger. „Jetzt wissen wir auch, wie das MCMV-Virus die Immun­ant­wort hinter­geht.“

Die Ergeb­nisse, die in der renom­mier­ten Zeitschrift Cell Reports veröf­fent­licht wurden, sind nicht direkt auf Krank­heits­fälle anwend­bar, aber legen dennoch den Grund­stein für zukünf­tige Thera­pien, die das Immun­sys­tem bei Virus­in­fek­tio­nen stärken können.

Quelle: idw