Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hatte im Vorfeld des in Erfurt stattgefundenen Deutschen Ärztetags dazu aufgefordert, das sogenannte Fernbehandlungsverbot für Ärzte zu kippen. Bislang sind Telefon‑, Video- und Onlinesprechstunden nur erlaubt, wenn die Patienten die Arztpraxis zuvor bereits aufgesucht haben. Dies sieht die Musterberufsordnung für Ärzte vor. Online‑, Video- und Telefonsprechstunden müssten künftig bundesweit auch ohne vorherigen Praxisbesuch möglich sein. Dies sei ein wichtiger Schritt zu mehr Digitalisierung in der ambulanten Versorgung. „Viele medizinische Probleme können qualifiziert und sicher per Videochat oder Telefon abgeklärt werden. Für die Versicherten bedeutet das: Wartezeiten und Anfahrtswege entfallen. Damit können Fernbehandlungen zu einer merklichen Verbesserung und Modernisierung der Versorgung führen“, erklärte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek.
Elsner unterstrich, dass bei Fernbehandlungen immer der behandelnde Arzt mit seiner Expertise entscheide, ob die Fernbehandlung ausreiche. In Zweifelsfällen hätten Ärzte immer die Möglichkeit, ihren Patienten in die Praxis zu bestellen oder zu einem Kollegen zu schicken.
Bereits seit Längerem wächst auch in der Ärzteschaft die Bereitschaft, das Fernverhandlungsverbot aufzuheben. Die Ärztekammer Schleswig-Holstein hatte Mitte April 2018 beschlossen, das Verbot voraussichtlich im Sommer abzuschaffen. Ebenfalls seit Mitte April 2018 läuft ein Modellprojekt zur Fernbehandlung, an dem sich neben den Ersatzkassen unter anderem die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg beteiligt.
Deutscher Ärztetag stimmt Aufhebung des Fernbehandlungsverbots zu
Tatsächlich hat der Deutsche Ärztetag mit überwältigender Mehrheit eine Neufassung des § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte beschlossen und damit den berufsrechtlichen Weg für die ausschließliche Fernbehandlung von Patientinnen und Patienten geebnet – so wurde es in einer Pressemitteilung auf der Seite der Bundesärztekammer (BÄK) mitgeteilt. „Wir wollen und müssen diesen Prozess gestalten und dieses Feld mit unserer ärztlichen Kompetenz besetzen“, sagte Dr. Josef Mischo, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer und Vorsitzender der Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer, vor den 250 Abgeordneten des Deutschen Ärztetages. Mischo stellte klar, dass digitale Techniken die ärztliche Tätigkeit unterstützen sollen. Sie dürften aber nicht die notwendige persönliche Zuwendung von Ärztinnen und Ärzten ersetzen. „Der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt stellt weiterhin den ‚Goldstandard‚ ärztlichen Handelns dar“, betonte Mischo.
Eine ausschließliche Fernbehandlung liegt dann vor, wenn eine ärztliche Beratung oder Behandlung stattfindet, ohne dass zumindest ein persönlicher physischer Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat.
Der geänderte § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung lautet:
„Ärztinnen und Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt.
Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen.
Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.“
Der nächste Schritt sei nun die Übernahme dieser Regelung in die rechtsverbindlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern, heißt es weiter in der Mitteilung der BÄK.