Ästhetische Medizin
Jochen Badouin, Spezia­list für ästhe­ti­sche Medizin, erklärt in der Winter­aka­de­mie 2025, worauf es beim Alterungs­pro­zess ankommt.

Die ästhe­ti­sche Medizin sieht die Haut nicht nur als äußere Hülle: „Knochen, Fettpols­ter, Muskeln und Haut: Wenn man eine Anti-Aging-Behand­lung durch­führt, muss man alle vier Gewebe­schich­ten, die dem Alterungs­pro­zess gleicher­ma­ßen unter­lie­gen, berück­sich­ti­gen. Sich bei einer Behand­lugn alleine auf die Haut zu fokus­sie­ren, ist heutzu­ta­ge­über­holt!”, machte Dr. Jochen Badouin, Aesthe­tic Physi­cian, deutlich. Dies sei in etwa so, als würde man einen Innen­aus­bau in einem Haus machen, ohne sich zuvor um die Renovie­rung des Funda­ments und der Außen­wände des Gebäu­des zu kümmern.

Altern hat viele Ursachen

Der in Bad Homburg und in Köln prakti­zie­rende Spezia­list für ästhe­ti­sche Medizin war der Referent am zweiten Seminar­tag der Winter­aka­de­mie 2025 auf Gran Canaria, im Hotel Coral­lium Dunamar an der Playa del Inglés. In seinem Vortrag „Alle wollen alt werden, keiner will alt sein! – Möglich­kei­ten und Grenzen moder­ner Antia­ging-Medizin” machte er die Teilneh­men­den mit den physio­lo­gisch-biolo­gi­schen Hinter­grün­den des Alterungs­pro­zes­ses vertraut, und zeigte Anwen­dungs­ge­biete und Einsatz­mög­lich­kei­ten moder­ner minimal­in­va­si­ver Behand­lungs­me­tho­den, die er überwie­gend auch in seiner eigenen Praxis seinen Patien­ten anbie­tet.

„Mit dem Alter ist eine gewisse Abnut­zung, ein Funkti­ons­ver­lust verbun­den”, erläu­terte er. Zu den Auslö­sern des Alterungs­pro­zes­ses gehören unter anderem der Verschleiß der Telomere – der Schutz­kap­pen am Ende der Chromo­so­men, welche sich mit jeder Zelltei­lung verkür­zen, eine gestörte Wahrneh­mung von Nährstof­fen, eine mitochon­driale Fehlfunk­tion, eine Erschöp­fung der Stamm­zel­len, eine gestörte Darmflora sowie chroni­sche unter­schwel­lige Entzün­dun­gen. Neben den intrin­si­schen Auslö­sern auf physio­lo­gi­scher, chrono­lo­gi­scher, geneti­scher und hormo­nel­ler Ebene kämen extrin­si­sche Fakto­ren wie Umwelt­ein­flüsse und Lebens­stil hinzu – etwa das Rauchen, eine hohe UV-Exposi­tion sowie die Belas­tung durch Umwelt­schad­stoffe. „Pro Tag repariert der Körper schät­zungs­weise rund eine Million DNA-Schäden in den Zellen”, erklärte er zum Erstau­nen selbst der medizi­nisch versier­ten Kursteil­neh­mer.

Verschie­dene Kennzei­chen verra­ten den Alterungs­pro­zess

Es seien bestimmte Kennzei­chen, die eine sicht­bare Alterung im mensch­li­chen Gesicht ausmach­ten und die Jugend sicht­bar vom Alter trenn­ten – etwa das auf der Spitze stehende „Dreieck der Jugend”, geformt aus den beiden Wangen­kno­chen-Partien und dem Kinn, das sich im Alter durch ein Absin­ken der Fettkom­par­ti­mente und der Haut sowie einem Erschlaf­fen der Musku­la­tur in ein aufrecht stehen­des, nach oben zeigen­des Dreieck umkehre.

Oder Augen­ringe, hängende Gesichts­züge, ein schlaf­fes Hautbild und die notori­schen Falten. „Bei der Ästhe­tik geht es vor allem darum, die Negativ-Fakto­ren umzukeh­ren: etwa eine vertiefte Tränen­rinne, ausge­prägte Nasola­bi­al­fal­ten, hängende Mundwin­kel, einge­gra­bene Zornes­fal­ten.” Erste sicht­bare Alterungs­pro­zesse könnten bereits mit Mitte 20 einset­zen, hier zuerst häufig um die Augen herum, da dort die Haut am dünns­ten und beson­ders stark dynamisch beansprucht sei.

Anti-Aging-Medizin sei von dem Begriff „Longe­vity“ abzugren­zen, welcher nicht so sehr auf das äußere Erschei­nungs­bild abziele, sondern vielmehr den Aspekt einer Verlän­ge­rung der gesun­den Lebens­dauer in den Mittel­punkt stelle. Ebenso sei der recht neue Begriff „Reverse Aging” zu diffe­ren­zie­ren. Hier zielen die überwie­gend noch im experi­men­ti­el­len Stadium befind­li­chen Thera­pie-Ansätze eher darauf ab, die biolo­gi­sche Uhr zurück­zu­dre­hen – etwa alters­be­dingte Zellschä­den zu besei­ti­gen und die jugend­li­che Zellfunk­tion wieder­her­zu­stel­len.

„Bei der Planung und Durch­füh­rung ästhe­ti­scher Behand­lun­gen seien grund­le­gende anato­mi­sche und physio­gno­mi­sche Unter­schiede zwischen Frauen und Männern zu beach­ten. Die bislang noch wenigen, aber mit steigen­der Tendenz zur Behand­lung kommen­den Männer wünsch­ten sich eher ein akzen­tu­ier­tes, dynamisch wirken­des Erschei­nungs­bild mit definier­ten Kontu­ren von Wange, Kinn und Kiefer­li­nie, welches für Dynamik, Durch­set­zungs­ver­mö­gen und Entschlos­sen­heit stünde.

Ästhe­ti­sche Medizin: „Botox ist ein wahres Multi­ta­lent”

Eine Schlüs­sel­sub­stanz für die ästhe­ti­sche Medizin ist, neben der wasser­spei­chern­den Hyalo­ron­säure, das Botoli­num­to­xin („Botox”). Ende des 19. Jahrhun­derts wurde es nach Erkran­kungs­fäl­len, welche nach dem Verzehr von hygie­nisch mangel­haft verar­bei­te­ten Wurst­kon­ser­ven auftra­ten, als auslö­sen­des Bakte­ri­en­to­xin identi­fi­ziert. Erst seit den 1980er-Jahren begann die medizi­ni­sche Karriere des Wirkstoffs. Detail­liert erläu­terte Badouin die Einsatz­mög­lich­kei­ten etwa bei der Behand­lung stören­der dynami­scher Falten im Gesicht (Stirn- oder Zornes­fal­ten, Krähen­füße oder verti­ka­ler Oberlip­pen­fält­chen).

Er selbst bietet neben dem ästhe­ti­schen Einsatz auch die Behand­lung des Zähne­knir­schens (Bruxis­mus). „Ein Patient kam zu mir, der seit acht Jahren Beschwer­den hatte und bei dem auch die üblichen Behand­lungs­me­tho­den, wie Aufbiss-Schie­nen ohne befrie­di­gende Beschwer­de­lin­de­rung blieben. Nach nur einer Behand­lung bei mir war der Patient beschwer­de­frei!” Mit beein­dru­cken­den Vorher-Nachher-Bildern demons­trierte Dr. Badouin mögli­che Ergeb­nisse seiner durch­ge­führ­ten Behand­lun­gen – nicht nur im Gesicht, sondern auch an Hals, Dekol­leté und Händen.

Im Mittel­punkt seiner Behand­lungs­phi­lo­so­phie stehe der Anspruch, einen natür­li­chen Look bei seinen Patien­ten zu erzie­len und ledig­lich die „beste Version ihrer­selbst” heraus­zu­ar­bei­ten. Patien­ten­wün­sche, welche einem objek­tiv-ästhe­ti­schen Ergeb­nis entge­gen­stün­den, lehne er prinzi­pi­ell ab. „Patien­ten, welche den dritten Milli­li­ter Hyalu­ron­säure-Filler in die Oberlippe haben wollen, sind bei mir an der falschen Adresse. Patien­ten sind schließ­lich auch meine wandelnde Visiten­karte.” Von der Behand­lungs­zeit nehme bei ihm die Beratung, Analyse und Aufklä­rung mehr als die Hälfte der Gesamt­kon­sul­ta­tion ein, unter­strich er.