
Ärzte lösen gravierende Schäden durch Behandlungsfehler aus
Ein Mann wurde vom 1. bis zum 4. April 2005 in einem Krankenhaus stationär behandelt. Durch einen ärztlichen Behandlungsfehler erlitt er allerdings unter anderem einen Hirnschaden und fiel ins Wachkoma. Bis zu seinem Tod war er inkontinent und konnte nicht sprechen. Die Ärzte stuften ihn in die Pflegestufe III mit Härtefall ein.
In einem ersten Gerichtsprozess im Jahr 2010 vor dem Landgericht Bonn wurde dem Mann ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro zugesprochen. Zusätzlich sollten die Schädiger ihm alle materiellen und immateriellen Schäden ersetzen.
Zusätzliche Kosten durch Wachkoma des Sohnes
Auf Grundlage des Urteils schlossen die streitenden Parteien einen Abfindungsvergleich. Sie einigten sich auf eine Zahlung in Höhe von 1.650.000 Euro, um dem Schmerzensgeld und allen weiteren Ansprüchen gerecht zu werden. Der Vergleichsbetrag wurde an den Mann bezahlt. Der Vergleich wurde jedoch im Jahr 2017 (betreungs-)gerichtlich nicht genehmigt und somit als rechtlich unwirksam beschlossen.
Nachdem der Mann gestorben war, wandte sich seine Mutter 2020 erneut mit einem anwaltlichen Schreiben an den Berufshaftpflichtversicherer der Ärzte und forderte die Endregulierung des Schadens. Weitere Zahlungen gab es jedoch nicht.
Um ihre Forderungen aus ererbtem Recht doch noch zu erhalten, ging die Frau erneut vor Gericht und forderte weitere Zahlungen in Höhe von circa 1.6 Millionen Euro. Dieser beinhaltet unter anderem Ansprüche aus einem behindertengerechten Fahrzeug und Haus, schädigungsbedingtem Pflegeaufwand, Pflegekräften und Erwerbsschäden.
Zudem habe der Sohn wohl eine Karriere als Architekt verpasst, woraus ebenfalls geltende Kosten heraus entstehen würden. Der geforderte Gesamtanspruch der Mutter gliedert sich wie folgt auf:
Liste des Gesamtanspruchs der Klägerin
- Behindertengerechtes Haus: barrierefreie Wege; extrabreite Türen; extra große Badewanne; großer Warmwasserspeicher (414.482,04 Euro)
- Pflege durch: Familienangehörige (1.805.332,93 Euro) / Pflegekräfte (552.947,65 Euro) / Minijobbern (700.967,20 Euro) / ambulante Pflegedienste (29.257,17 Euro)
- Sozialhilfeleistungen und Zuzahlungen: (747.425,35 Euro)
- Behindertengerechtes Fahrzeug: Mercedes Benz Viano (55.551,58 Euro) / Behindertenlift (7.000 Euro) / Spezialsicherungsgurt (232,05 Euro)
- Erwerbsschaden durch die potenziell verpasste Karriere des Sohns: (197.250 Euro)
- Gutachtenkosten: (4.527,69 Euro)
Daraus ergibt sich ein Gesamtanspruch von 3.239.053,42 Euro abzüglich der bereits gezahlten 1.650.000 Euro.
Mutter hat vor Gericht keinen Erfolg
Das Landgericht Bonn hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Und auch das Oberlandesgericht Köln in zweiter Instanz sieht die Situation anders als die Frau. Demnach hat die vorprozessuale Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.650.000 Euro bereits die 200.000 Euro Schmerzensgeld erfüllt. Ebenso inkludiert sind in die Zahlungen die Ansprüche für das behindertengerechte Auto, die Pflegefachkräfte und den Pflegeaufwand.
Probleme sieht das Gericht allerdings bei den geforderten Ausgleichszahlungen für das behindertengerechte Haus. So könne den Schädigern nicht zugemutet werden, auch hierfür aufzukommen. Nach Meinung des Gerichts hat die Klägerin nicht ausreichend zwischen behinderungsbedingtem Ausstattungsmehrbedarf der Immobilie und allgemeinen Wohnkosten unterschieden.
Die gerichtliche Entscheidung schlussfolgert hier ein zu geringes Maß an Differenzierung und Vermengung der Kostengrenzen. Abseits der bereits gezahlten Summe bestehen für die Klägerin demnach keine übersteigenden Ansprüche aus übergegangenem Recht ihres Sohnes (§ 362 BGB).
Des Weiteren sieht das Gericht die Grundlage für eine Ausgleichszahlung im Bereich einer potenziellen Karriere als Architekt des Sohns als unzulässig. Hier mangele es an Belegen und konkreten Anknüpfungstatsachen.
Somit konnte das Gericht zwar einen berechtigten Restanspruch von insgesamt circa 1,24 Millionen Euro ermitteln. Dieser wurde jedoch um circa 410.000 Euro durch den Abfindungsvergleich von 1.650.000 Euro überzahlt. Gegen die Entscheidung wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH eingelegt, womit das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Quelle: OLG Köln vom 13. November 2024 – 5 U 88/22