Rechts­de­pe­sche: Welche Aufga­ben verfolgt die GTH aktuell und wie stellt sich die Zusam­men­ar­beit mit den Kolle­gen aus Öster­reich und der Schweiz dar?

Prof. Dr. Michael Spannagl: Es geht bei der Arbeit der GTH letzt­end­lich um die Blutge­rin­nung, um das biolo­gi­sche System Hämostase. Da gibt es zunächst einen Normal­zu­stand – daneben aber auch einen Zustand der Minder- und Überak­ti­vi­tät. Erste­rer hat zu tun mit Blutungs­nei­gung, der zweite mit Throm­bose- und Embolie­n­ei­gung. Das sind die Schwer­punkte unserer Arbeit und zugleich auch die inter­na­tio­nale Klammer für unsere wissen­schaft­li­chen Fachge­sell­schaf­ten. Die Zusam­men­ar­beit mit Öster­reich und den deutsch­spra­chi­gen Kolle­gen aus der Schweiz ist exzel­lent, schließ­lich reprä­sen­tiert die GTH diese drei Natio­nen.

Rechts­de­pe­sche: Seit gerau­mer Zeit sind neue Medika­mente in der Throm­bo­se­prä­ven­tion und der Thera­pie der Lungen­em­bo­lie verfüg­bar. Welche Vorteile bieten diese neuen Präpa­rate?

Spannagl: Es geht vor allem um die Throm­bose- und Embolie­pro­phy­laxe. Es gibt Tablet­ten, die bei spezi­fi­schen Indika­tio­nen zur Anwen­dung kommen. Im Großen und Ganzen sind sie in der Wirksam­keit mit Vitamin-K-Antago­nis­ten und den nieder­mo­le­ku­la­ren Hepari­nen vergleich­bar. Der große Vorteil besteht jedoch in der Möglich­keit der oralen Einnahme. Das gilt auch im Hinblick auf die Risiken.

Rechts­de­pe­sche: Gibt es Krank­heits­bil­der bei denen diese Medika­mente kontra­in­di­ziert sind?

Spannagl: Der Einsatz der neuen Präpa­rate ist derzeit auf die postope­ra­tive Throm­bo­se­pro­phy­laxe in der ortho­pä­di­schen Chirur­gie begrenzt. Sie sind auch nicht geeig­net, wenn die Resorp­tion nicht gewähr­leis­tet ist.

Rechts­de­pe­sche: Inwie­weit ergän­zen die neuen Medika­mente die klassi­schen physi­ka­li­schen Maßnah­men der Medizi­ni­schen Antithrom­bo­sestrümpfe, der inter­mit­tie­ren­den Kompres­si­ons­the­ra­pie und der Frühmo­bi­li­sie­rung?

Spannagl: Bei den von Ihnen genann­ten Maßnah­men handelt es sich um Basis­maß­nah­men, die medika­men­töse Maßnah­men ergän­zen. In bestimm­ten Konstel­la­tio­nen erlan­gen auch die Basis­maß­nah­men einen zusätz­li­chen Stellen­wert. Als Ergän­zung zum medika­men­tö­sen Regime kann daher durch­aus eine Berech­ti­gung bestehen. Die Medika­mente sind jedoch in dem breiten Einsatz der Throm­bo­se­pro­phy­laxe unerläss­lich.

Rechts­de­pe­sche: Befasst sich die GTH mit den haftungs­recht­li­chen Aspek­ten des Embolie- und Throm­bo­se­the­mas?

Spannagl: Nein. Wir führen keine aktive Diskus­sion zu juris­ti­schen Themen und ertei­len keine recht­li­chen Empfeh­lun­gen. Das ist nicht unsere Aufgabe. Der Schwer­punkt liegt auf der medizi­ni­schen Arbeit zur Zulas­sung und zum bestim­mungs­ge­mä­ßen Gebrauch der Medika­mente. Aller­dings werden unsere Konsen­sus­do­ku­mente anwalt­lich überprüft.

Rechts­de­pe­sche: Gibt es eine Perspek­tive für die Zeit nach der Vermark­tung der Faktor-Xa-Hemmer?

Spannagl: Da gibt es sicher eine weitere Ausdeh­nung der Indika­ti­ons­ge­biete zur verlän­ger­ten Prophy­laxe nach opera­ti­ven Eingrif­fen oder verlän­ger­ten Prophy­laxe nach Venen­throm­bose oder Lungen­em­bo­lien, vielleicht auch in der Primär­pro­phy­laxe bei weite­ren Risiko­kon­stel­la­tio­nen. Ich schätze, dass dies in den nächs­ten Jahren gesche­hen wird.

Das Inter­view führte Michael Schanz.