Heike Schäfer fragt: Im Rahmen der Dekubitusprophylaxe gibt es in der stationären Pflege immer wieder Probleme bei der Erstattung von Pflegehilfsmitteln. Haben dekubitusgefährdete Heimbewohner einen entsprechenden Versorgungsanspruch?
Antwort der Redaktion: Zunächst stellt sich die Frage nach der Leistungszuständigkeit der Sozialversicherungsträger.
Im Wesentlichen kommen die gesetzlichen Krankenversicherer und die Pflegekassen als Kostenschuldner in Betracht. Insoweit gibt das sozialversicherungsrechtliche Leistungssystem ein Rangverhältnis vor: Ein Anspruch auf Pflegehilfsmittel im Sinne des Pflegeversicherungsrechts kann gemäß § 40 Absatz 1 SGB XI nur bestehen, wenn die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenkasse oder einem anderen zuständigen Leistungsträger (wie gesetzliche Unfallversicherung, Kriegsopferversorgung) zu bezahlen sind.
Grundsätzlich folgt hieraus die starre Regelung, dass die Pflegekassen für die Pflegehilfsmittelversorgung im Bereich der Grundpflege kostenzuständig sind.
Für den Bereich der stationären Versorgung hat das BSG am 10. Februar 2000 (Az.: B 3 KR 24/99) jedoch klargestellt, dass dort Leistungen der Pflegeversicherung nicht erbracht werden müssen, „weil individuelle Pflegehilfsmittel wegen dort vorhandenen Ausstattung regelmäßig nicht benötigt werden“. Zugleich wurde die Feststellung getroffen, dass die Träger von Einrichtungen für eine dem anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse entsprechende Ausstattung mit Pflegehilfsmitteln selbst zu sorgen haben.
Ungeachtet dessen können daneben im Rahmen der medizinischen Behandlungspflege die Krankenversicherer als regelmäßiger Kostenschuldner in Betracht kommen. Voraussetzung ist gleichwohl, dass die Maßnahmen der Dekubitusprophylaxe als Behandlungspflege qualifiziert werden. In Anlehnung an eine rechtskräftige Entscheidung des SG Düsseldorf (Az.: S 1 KF 32/99) kann mit guten Gründen angenommen werden, dass Dekubitusprophylaxemaßnahmen der Behandlungspflege im Sinne des § 37 Absatz 2 SGB V zuzuordnen sind; die Entscheidung bezog sich dabei unter anderem auf das medizinisch indizierte Einreiben von betroffenen Hautstellen mit Salben und Emulsionen.
Im Einzelfall kann die Zuordnung des jeweiligen Hilfsmittels allerdings Probleme bereiten, wenn es wechselweise für die Grund- und/oder die Behandlungspflege eingesetzt wird.
In der Praxis führen diese Versorgungsanforderungen oft zu Irritationen. Anhalt bietet hier ein Hilfsmittelverzeichnis, das von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemäß §§ 128, 139 SGB V erstellt und laufend fortgeführt wird. In dem derzeit in Überarbeitung befindlichen Verzeichnis wird die Versorgung durch Hilfsmittel gegen Dekubitus in der Produktgruppe 11 genannt. Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist der Katalog jedoch nicht endgültig; im Einzelfall können – beim Vorliegen einer entsprechenden Indikation – auch über den Abgrenzungskatalog hinausgehende Hilfsmittel verordnungsfähig sein (vgl. hierzu LSG Hessen vom 13. April 2005 – L 8 KR 38/05 = RDG 2005, S. 114 f.).
Wenngleich beispielsweise die Hautpflege nicht erst seit der Verabschiedung des Dekubitusprophylaxestandards ein unabdingbarer Bestandteil dekubitusprophylaktischer Maßnahmen ist, bedarf es voraussichtlich noch weiterer klärender Gerichtsentscheidungen. Insoweit sind die Kostenträger aufgerufen, die Voraussetzungen für die Übernahme prophylaktischer Maßnahmen zu schaffen.