Mehr Zeit für Patientinnen und Patienten, eine Aufwertung des Berufsbildes sowie die konsequente Abkehr von Profitdenken und ökonomischen Fehlanreizen. Dies sind die zentralen drei Forderungen der Pflegepetition an den Bundestag, die das Nachrichtenmagazin „Stern“ aufgesetzt hat. Das Echo ist gewaltig. Der Aufruf verbreitet sich rasant in den übrigen Medien und sozialen Netzwerken. Zur Stunde (Stand 19. Januar, 17 Uhr) haben seit dem Start bereits mehr als 148.000 Personen die Petition online unterzeichnet.
Quorum von 50.000 bereits bei weitem überschritten
Es könnten jedoch noch erheblich mehr werden. Denn zum einen läuft die Mitzeichnungsfrist noch bis zum 11. Februar. Zum anderen ist es alternativ zur direkten Online-Unterzeichnung auch möglich, per klassischer Unterschriftenliste Mitzeichner zu sammeln und diese anschließend ausgefüllt an den Verlag zu mailen. Das Quorum von 50.000 Unterschriften hatte die Petition bereits wenige Tage nach ihrem Start erreicht. Damit muss sich der Petitionsausschuss nun mit der Eingabe des Hamburger Magazins befassen. In seiner Beschlussfassung ist er aber natürlich frei.
Um die drei genannten Forderungen erreichen zu können, fordert die Petition unter anderem verlässliche Arbeitszeiten und Entlastung des Pflegepersonals von Bürokratie. Höhere Gehälter, bessere Weiterbildungs- und Karrierechancen sowie erweiterte Kompetenzen sollen das Berufsbild attraktiver machen. Das Magazin verweist auf die im internationalen Vergleich schlechte Personalbesetzung, die maue Bezahlung, zahlreiche offene Stellen sowie die verbreitete Unzufriedenheit und Erschöpfung unter Pflegekräften.
Von Wickert bis Wallraff: Zahlreiche Verbände und Prominente mit an Bord
„In Deutschland wird die Pflege kaputtgespart“, klagt Stern-Redaktionsmitglied Bernhard Albrecht in seinem Aufruf an. Denn mindestens 50.000 Stellen in der Pflege seien in den vergangenen 25 Jahren allein in den Krankenhäusern wegrationalisiert worden. „Der Exodus der Pflege aus den Krankenhäusern ist die Folge einer seit Jahrzehnten verfehlten Gesundheitspolitik“, folgern die Initiatoren. Derzeit werde viel Geld für Übertherapien, Folgen von Behandlungsfehlern sowie für überbordende Bürokratie und infolge von Korruption ausgegeben. Diese Gelder sollten besser direkt den Pflegenden zugute kommen.
Die Pflegepetition stützt sich auch auf eine enorme Zahl von Unterstützern. Unter anderem der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Deutsche Pflegerat, die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin und die Pflegegewerkschaft Bochumer Bund stehen hinter der Eingabe. Als Prominente sind unter anderem der Mediziner und Comedian Eckart von Hirschhausen, der Investigativ-Journalist Günter Wallraff, der Autor und Kolumnist Micky Beisenherz, der Moderator und Modedesigner Guido Maria Kretschmer, Ex-„Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert sowie der Altenpfleger und Social-Media-Star Jim Bøy in der Kampagne vertreten. Sie haben sich im Rahmen der Kampagne mit Video-Kurzstatements zu Wort gemeldet. Ob der Alleingang des „Stern“ Erfolg haben wird – nach so vielen Online-Petitionen zur Pflege, die es bereits gegeben hat – dürfte indes mit Spannung zu verfolgen sein. Genug Öffentlichkeit und mediale Begleitung ist dieses Mal freilich gegeben.