Viel mehr Patienten mit plötzlichem Herzstillstand könnten überleben, wenn Zeugen sofort mit der Wiederbelebung beginnen würden – und sich das gewohnte Prozedere gründlich veränderte.
Mit Blick auf eine schwedische Studie schlägt die Deutsche Herzstiftung vor, auf die bislang übliche und in Erste-Hilfe-Kursen gelehrte Mund-zu-Mund-Beatmung zu verzichten und stattdessen sofort eine Herzdruckmassage einzuleiten. Jene sei wesentlich wichtiger, weil sie den Blutfluss zum Gehirn wiederherstellt. Der fehlende Sauerstoff sei nicht das primäre Problem, unterstreicht die Stiftung.
„Herzdruckmassage ist wichtiger“
„Wir haben in Deutschland immer noch das Problem, dass Ersthelfer häufig nur die 112 wählen und bis zum Eintreffen des Rettungsteams gar nichts tun, weil sie meinen, sie müssten zur Herzmassage auch die Atemspende durchführen. Viele Ersthelfer lähmt diese Komplexität, zumal in einer Notfallsituation. Sie tun dann gar nichts – aus Angst vor Fehlern, aus Ekel oder aus hygienischen Gründen“, berichtet Prof. Dr. med. Dietrich Andresen.
Andresen ist Vorstandschef der Deutschen Herzstiftung und selbst Notfallmediziner. Er berichtet aus eigenen Untersuchungen, die gemeinsam mit der Berliner Feuerwehr erhoben wurden. „Dieses Nichtstun bedeutet für den Notfallpatienten nach wenigen Minuten den Tod oder schwerste bleibende Hirnschädigungen.“
Viel mehr Menschen, so lege die Erfahrung nahe, wären zur Reanimation bereit, wenn sie nur die Herzdruckmassage anwenden müssten. „Je einfacher das Reanimieren wird, desto mehr Menschen getrauen sich zu drücken.“
Schwedische Helferquote stieg deutlich an
Dies untermauert die angesprochene Studie aus Schweden. Dort wurden zwischen dem Jahr 2000 und 2017 die Leitlinien zur Laien-Reanimation stufenweise vereinfacht, hin zur reinen Herzdruckmassage. Die Anzahl der Reanimationen mit Herzdruckmassage, aber ohne Mund-zu-Mund-Beatmung, stieg von 5,4 Prozent im Ausgangsjahr auf 30,1 Prozent.
Gleichzeitig sank der Anteil der Patienten, die bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überhaupt keine Hilfe bekamen, von 59 auf 32 Prozent. Eine Mund-zu-Mund-Beatmung sei schwieriger und daher nur für gut ausgebildete Helfer ratsam. Ebenfalls verzichten sollte man auf das Entkleiden der Person. Das koste ebenfalls Zeit und stelle eine weitere Hemmschwelle dar. Untersucht wurden mehr als 30.000 Fälle.
Die Stiftung fordert, die Erkenntnisse auch in die deutschen Leitlinien zu übernehmen. Der Bedarf an einer besseren Laien-Reanimation ist sehr hoch: Jährlich erleiden etwa 65.000 Menschen in Deutschland ein plötzliches Herzversagen und über 60.000 versterben daran. Infos zur Wiederbelebung finden sich auf der Website der Herzstiftung.