Pflexit 2.0: Bei den jungen Pflegekräften bis 34 Jahren denkt sogar über ein Drittel daran, der Pflegebranche trotz sicherer Jobs ganz den Rücken zu kehren. Die neue einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegeberufe ist bisher für diese Entwicklung laut der Studie nicht entscheidend.
Pflexit: Pflegeberufe leiden weiterhin unter unattraktiven Arbeitsbedingungen
Qualifizierte Pflegekräfte werden bundesweit dringend gesucht. Die Wiederbesetzung von offenen Stellen wurde im letzten Jahrzehnt immer schwieriger und dauert immer länger. Dennoch sind die Arbeitsbedingungen immer noch so, dass bei allen Pflegenden zwölf Prozent einen anderen Job im Gesundheitswesen (Stichwort: Weg vom Bett) anstreben. Rund 16 Prozent aller Befragten sehen ihre Zukunft gar in anderen Branchen.
Junge und sehr gut qualifizierte Intensiv-Pflegekräfte: Lust am Job sieht anders aus
Bei den Jüngeren bis 34 Jahren ist der Frust so groß, dass rund jeder Dritte einen neuen Job sucht. Insgesamt gaben zwei von drei befragten Pflegekräften (69 Prozent) an, über den Ausstieg nachzudenken – davon die Hälfte oft, die andere Hälfte gelegentlich.
Noch deutlicher ist die Entwicklung beim Funktionspersonal: Rund 80 Prozent der Intensivpflegekräfte sind sehr unzufrieden. Sie stellen grundsätzlich in Frage, ob sie ihren Beruf weiter ausüben können oder wollen. Über 40 Prozent bestätigten sogar, dies häufig zu überlegen.
Pflege: Verbesserte Rahmenbedingungen wurden meist nur versprochen
Zu leicht würde man es sich machen, wenn die Coronapandemie als entscheidende Ursache für diese Entwicklung angenommen würde. Bereits zuvor war die Unzufriedenheit der Fachkräfte groß. Als Schwachpunkte des Pflegesystems im Hinblick auf ihre Berufsausübung nannte knapp die Hälfte die zu hohe Arbeitsbelastung und ‑verdichtung. Fast 40 Prozent sind mit ihrem Gehalt unzufrieden. Wenn man über die europäischen Grenzen schaut, gibt es Lösungen: Ein besserer Pflegeschlüssel (Verhältnis Personal – Patienten) sei nur als Beispiel genannt.
Eine Bertelsmann-Studie vom Herbst 2021 hatte die Flucht aus dem Pflegeberuf bereits für den Bereich der Altenpflege konstatiert. Insgesamt 67 Prozent der befragten Altenpflegekräfte planen der Umfrage zufolge eine berufliche Veränderung – entweder per Qualifizierung in der Pflege (41 Prozent), Studium (14 Prozent) oder Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber (22 Prozent).
Pflegekräfte im Unternehmen halten, auch um neue zusätzliche Kräfte zu finden
Ein eher ungeliebtes Personal-Thema auf Seite der Kliniken und Seniorenheime: die Work-Life-Balance. Umso interessierter sind daran vor allem die nachwachsenden jungen Fachkräfte. Eine ganze Palette an Möglichkeiten gibt es: planbare, weil sichere freie Wochenenden, Arbeitszeitkonten (üblich in der Zeitarbeit), Gleitzeit, Sabbatical-Monate, geteilte Führungskräfte-Stellen. Im Bereich der Pflege ist in einigen Kliniken durch hausinterne Pflegepools schon eine Flexibilität in der Arbeitszeit trotz notwendiger Schichtarbeit erreicht worden.
Von Uta Kannengießer, avanti GmbH
Quellen:
- Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für Jobbörse Indeed (zitiert nach WAZ)
- Studie Bertelsmann-Stiftung 2021