S3-Letlinie
S3-Leitli­nie Bild: Urgo

Die 2019 ausge­lau­fene S2e Leitli­nie: „Lagerungs­the­ra­pie und Frühmo­bi­li­sa­tion zur Prophy­laxe oder Thera­pie von pulmo­n­a­len Funkti­ons­stö­run­gen“ wurde letzten Sommer (2023) durch die neue S3-Leitli­nie „Lagerungs­the­ra­pie und Mobili­sa­tion von kritisch Erkrank­ten auf Inten­siv­sta­tio­nen“ ergänzt und ersetzt. Grund hierfür sind neu etablierte Behand­lungs-prinzi­pien und Eviden­zen.

Damit spiegelt die neue Leitli­nie den aktuel­len Forschungs­stand (bis Juni 2022) wider. Die Empfeh­lun­gen haben zum Ziel, „sich prognos­tisch positiv auf die Morta­li­tät, Funktio­na­li­tät, Lebens­qua­li­tät, Kogni­tion, Sicher­heit, Beatmungs­dauer und/oder die Inten­siv- sowie Kranken­haus­auf­ent­halts­dauer auszu­wir­ken“ (siehe Leitli­ni­en­re­port).

Höchste wissen­schaft­li­che Evidenz – Vorge­hen zur neuen S3-Leitli­nie

Zur Erlan­gung einer möglichst hohen Genau­ig­keit wurde vor der Litera­tur­re­cher­che im gemein­sa­men Konsens, der durch die betei­lig­ten Fachge­sell­schaf­ten manda­tier­ten Leitli­ni­en­mit­glie­der, eine neue Priori­sie­rung der Themen, die Erwei­te­rung einzel­ner Kapitel, sowie klinisch relevante Frage­stel­lun­gen zur Priori­sie­rung der Endpunkte definiert. Die syste­ma­ti­sche Litera­tur­re­cher­che wurde durch gemein­sam festge­legte PICO-Krite­rien (Patient, Inter­ven­tion, Control, Outcome) einge­grenzt.

Die alte S2e Leitli­nie diente als Grund­lage für die Einschluss- und Ausschluss­kri­te­rien. Damit wurden die Studien, die bis 2014 in der alten S2e-Leitli­nie enthal­ten waren, sowie Studien im Zeitraum von Januar 2014 bis Juni 2022, die den definier­ten PICO-Krite­rien entspre­chen, einbe­zo­gen.

Für die detail­lierte Suchstra­te­gie wurden Daten­ban­ken wie z.B. „Cochrane Library“ verwen­det.

Die Studi­en­aus­wahl erfolgte unter vielfäl­ti­gen Gesichts­punk­ten, die im Leitli­ni­en­re­port ausführ­lich beschrie­ben sind. Für alle Ergeb­nisse wurde ein Quali­täts­be­wer­tung hinsicht­lich eines Bias-Risikos anhand des „Cochrane Risk of Bias“ Tools (RoB2) durch­ge­führt. Für syste­ma­ti­sche Reviews wurde das Robis-Tool und für bestehende Leitli­nien, die Empfeh­lun­gen für Lagerungs- und/oder Mobili­sa­ti­ons­the­ra­pien aufzähl­ten, das Agree-2-Tools verwen­det. Insge­samt wurden 14.258 Studien identi­fi­ziert.

13.166 Studien wurden anhand der PICO-Krite­rien und 342 Studien auf Grund von Dupli­ka­ten im Scree­ning entfernt. In die Analyse flossen noch 429 Studien aus zusätz­li­chen Quellen ein, die sich aus der alten Leitli­nie sowie manuel­ler Identi­fi­ka­tion ergaben. Nach erfolg­ter Volltext­ana­lyse wurden final 446 Studien Evidenz­ta­bel­len erstellt. Mit der Delphi-Methode wurde über drei Abstim­mungs­run­den und eine finale, moderierte Konfe­renz eine Konsens­fin­dung erzielt.

Die Empfeh­lun­gen wurden in ein zweistu­fi­ges Schema nach Empfeh­lungs­grad unter­teilt:

Empfeh­lungs­grad Beschrei­bung Zustim­mungs­an­teil der Leitli­ni­en­mit­glie­der
1 Starke Empfeh­lung >95% Zustim­mung
2 Empfeh­lung >75% Zustim­mung
Zweistu­fi­ges Schema der Empfeh­lun­gen

Fazit

Mit der neuen S3-Leitli­nie ist die dritte Version von inter­pro­fes­sio­nel­len und inter­dis­zi­pli­nä­ren Empfeh­lun­gen zur Lagerungs- und Mobili­sa­ti­ons­the­ra­pie kritisch erkrank­ter Patien­ten veröf­fent­licht worden. Auch wenn weiter­hin Forschungs­be­darf besteht, unter­streicht der Inhalt der Leitli­nie den Evidenz­grad vorlie­gen­der Studien und die Stellung von Lagerung und Mobili­sa­tion kritisch erkrank­ter Patien­ten.

Eine Neuerung ist z.B. die starke Empfeh­lung der Oberkö­per­hoch­la­ge­rung von intubier­ten Patien­ten bei 30–45 Grad unter Abwägung von Hämody­na­mik und Druckul­zera. Die ausführ­li­che Beschrei­bung der Leitli­nie und dem Inhalt findet sich frei zugäng­lich auf www.awmf.org.