Wirksamer Einsatz von Salmonellen für die Krebstherapie.
Elektro­nen­mi­kro­sko­pi­sche Aufnahme von Salmo­nella enterica (serovar Typhi­mu­rium). Bild: HZI/Manfred Rohde

Salmo­nel­len sind gefähr­li­che Krank­heits­er­re­ger, die über verdor­bene Lebens­mit­tel in den Körper gelan­gen und schwere Infek­tio­nen verur­sa­chen können. Jedoch ist bekannt, dass sich eben diese Bakte­rien gezielt in Tumoren ansie­deln. Forscher versu­chen nun, diese Eigen­schaft für die Krebs­the­ra­pie auszu­nut­zen. Das Dilemma: Salmo­nel­len­in­fek­tio­nen sind lebens­be­droh­lich. Wissen­schaft­lern des Helmholtz-Zentrums für Infek­ti­ons­for­schung (HZI) in Braun­schweig ist nun ein erfolg­rei­cher Schritt in Richtung der klini­schen Anwen­dung gelun­gen. Sie haben einen Salmo­nel­len­stamm entwi­ckelt, der nur eine harmlose Infek­tion auslöst und gleich­zei­tig das Immun­sys­tem stark genug aktiviert, um Tumore zu bekämp­fen. Ihre Ergeb­nisse veröf­fent­lich­ten die Wissen­schaft­ler im Fachjour­nal OncoIm­mu­no­logy.

Balance zwischen starker Immun­re­ak­tion und Abschwä­chung der Bakte­rien

Krebs­er­kran­kun­gen gehören zu den häufigs­ten Todes­ur­sa­chen weltweit und gewin­nen in einer immer älter werden­den Gesell­schaft zuneh­mend an Bedeu­tung. Für viele Tumor­ar­ten gibt es jedoch bislang keine befrie­di­gende Thera­pie. Ein vielver­spre­chen­der Ansatz ist es, Tumore durch das Immun­sys­tem besei­ti­gen zu lassen. Um das Immun­sys­tem auf Tumore aufmerk­sam zu machen und eine körper­ei­gene Abwehr­re­ak­tion auszu­lö­sen, nutzen Wissen­schaft­ler des HZI Bakte­rien der Art Salmo­nella enterica. Bei Krebs­pa­ti­en­ten besie­deln Salmo­nel­len gezielt Tumor­ge­webe, jedoch kann eine Infek­tion lebens­be­droh­lich verlau­fen. „Für diese Art der Tumor­be­kämp­fung muss ein Salmo­nel­len­stamm zwar eine starke Abwehr­re­ak­tion des Immun­sys­tems auslö­sen, darf dabei aber nicht zu aggres­siv sein, um noch in Schach gehal­ten werden zu können“, sagt Dr. Sebas­tian Felgner, Wissen­schaft­ler am HZI. Schritt für Schritt haben die HZI-Forscher die Bakte­rien genetisch verän­dert und versucht, eine optimale Balance zwischen Sicher­heit und ausrei­chen­der Immun­ant­wort zu errei­chen.

Um die Sicht­bar­keit der Bakte­rien für das Immun­sys­tem zu erhöhen, haben sich die Wissen­schaft­ler unter anderem bestimmte Prote­ine in der Membran – also der Außen­hülle – der Salmo­nel­len vorge­nom­men. Dort sind sogenannte Lipopo­lys­ac­cha­ride veran­kert, die aus Zucker- und Fettket­ten bestehen. Diese Moleküle sitzen an der Oberflä­che der Bakte­rien und werden vom Immun­sys­tem als fremd erkannt. Um sich bei einer Infek­tion zu verste­cken, spalten verschie­dene Enzyme der Salmo­nel­len Fettket­ten ab, sobald sie in einen Wirt eindrin­gen. „Wir haben die Enzyme, die diese Abspal­tung vorneh­men, in unserem Salmo­nel­len­stamm ausge­schal­tet. Dadurch bleiben die Fettket­ten auch im Patien­ten an der Oberflä­che der Bakte­rien erhal­ten und sind für das Immun­sys­tem gut sicht­bar“, sagt Felgner.

Eine weitere Hürde wurde genom­men

Nach diesem Schema haben die Wissen­schaft­ler verschie­dene geneti­sche Verän­de­run­gen in ihren Salmo­nel­len­stamm einge­bracht und die thera­peu­ti­sche Wirkung an Mäusen unter­sucht. Dabei ist es ihnen auch gelun­gen, eine weitere Hürde zu nehmen: „Ein Problem ist, dass Menschen, die bereits mit den Bakte­rien in Kontakt gekom­men sind, eine Immuni­tät gegen sie entwi­ckelt haben und auf die thera­peu­ti­schen Salmo­nel­len unter Umstän­den nicht mehr reagie­ren“, sagt Prof. Siegfried Weiß, ehemals Leiter der HZI-Abtei­lung für Moleku­lare Immuno­lo­gie und jetzt tätig an der Medizi­ni­schen Hochschule Hanno­ver.

Insbe­son­dere Menschen in Ländern mit schlech­ten hygie­ni­schen Bedin­gun­gen sind durch häufige Salmo­nel­len­in­fek­tio­nen oftmals immun. Die Modifi­ka­tio­nen haben nun einen Salmo­nel­len­stamm zum Ergeb­nis, der auch bei Mäusen mit einer Immuni­tät gegen Salmo­nel­len die körper­ei­gene Abwehr mobili­siert. „Selbst Tumore, die bisher resis­tent gegen den Stamm waren, werden jetzt vom Immun­sys­tem besei­tigt“, sagt Weiß.

Der neu entwi­ckelte Salmo­nel­len­stamm ist mittler­weile zum Patent einge­reicht. „Der nächste Schritt in Richtung thera­peu­ti­scher Anwen­dung wäre es nun, den Stamm gemein­sam mit Indus­trie­part­nern in klini­sche Studien zu bringen und seine Eignung für den klini­schen Einsatz zu testen“, sagt Sebas­tian Felgner.

Quelle: idw