Das Ehepaar wollte den Lebensabend nicht ohne den anderen verbringen und beantragte deshalb Betäubungsmittel zur Selbsttötung.
Das Ehepaar wollte den Lebens­abend nicht ohne den Anderen verbrin­gen. Bild: © Ammen­torp | Dreamstime.com

Die Kläge­rin (*1944) und der Kläger (*1937) sind seit 1968 verhei­ra­tet, haben drei erwach­sene Söhne und mehrere Enkel­kin­der. Sie leben beide im Ruhestand. Im Juni 2014 beantrag­ten sie vor dem Bundes­in­sti­tut für Arznei­mit­tel und Medizin­pro­dukte (BfArM) die Erlaub­nis zum Erwerb von insge­samt 30g Natrium-Pento­bar­bi­tal – 15g für jeden der beiden. Der Grund: Der Wunsch nach gemein­sa­mer Selbst­tö­tung.

Der Hinter­grund

In den Jahren zuvor haben die Beiden einige Schick­sals­schläge in ihrem Freun­des- und Bekann­ten­kreis miter­le­ben müssen. Unter anderem sahen sie, wie ein Mensch an einer langjäh­ri­gen Krebs­er­kran­kung qualvoll verstor­ben ist und wie sich ein lang andau­ern­der demen­zi­el­ler Verfall auf einen Menschen auswir­ken kann. So etwas wolle das Ehepaar gerne vermei­den.

Um einem ähnli­chen Schick­sal zu entge­hen, wünschen sie, ihr Leben zu beenden, wenn sie noch voll handlungs­fä­hig und von schwe­re­ren Erkran­kun­gen verschont geblie­ben sind. Sie möchten nicht erleben, wie eine Krank­heit ihre körper­li­chen und geisti­gen Fähig­kei­ten zum Erlie­gen bringt. Des Weite­ren sei es ihr Wunsch, den Lebens­abend nicht ohne den Anderen zu verbrin­gen. Die Entschei­dung sei über viele Jahre gereift und wohl überlegt. Ihre Geschäfts­fä­hig­keit wurde von zwei Psych­ia­tern bestä­tigt.

Der Verlauf

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2014 lehnte das BfArM den Antrag der Beiden ab. Der Erwerb eines Betäu­bungs­mit­tels zum Zwecke der Selbst­tö­tung sei nicht zulas­sungs­fä­hig. Die beiden Rentner legten dagegen ihren Wider­spruch ein. Sie begrün­de­ten, dass der Versa­gungs­grund des § 5 Absatz 1 Nummer 6 des Betäu­bungs­mit­tel­ge­set­zes (BtMG) nicht gegeben sei. Auch die Abgabe eines Betäu­bungs­stof­fes zu lebens­ver­nich­ten­den Zwecken unter­liege der notwen­di­gen medizi­ni­schen Versor­gung, so das Ehepaar.

Dennoch: Das Insti­tut hielt an seiner Auffas­sung fest, dass der § 5 Absatz 1 Nummer 6 BtMG der Erlaub­nis­er­tei­lung zum Erwerb von Natrium-Pento­bar­bi­tal entschie­den entge­gen­stehe. Die darauf folgende Klage war in erster Instanz vor dem VG Köln (1. Dezem­ber 2015 – 7 K 14/15) und in der Berufungs­in­stanz vor dem OVG NRW (17. Februar 2017 – 13 A 3079/15) erfolg­los. Die Kläger legten darauf­hin Revision vor dem Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt ein.

Erneute Entschei­dung – gleiches Ergeb­nis

Die Revision der Kläger ist unbegrün­det und die Klage demnach zurück­zu­wei­sen.
Laut dem § 5 Absatz 1 Nummer 6 BtMG ist die Erlaub­nis zum Erwerb eines Betäu­bungs­mit­tels dann zu versa­gen, wenn sie nicht mit dem Zweck dieses Geset­zes verein­bar ist, die notwen­dige medizi­ni­sche Versor­gung der Bevöl­ke­rung zu sichern. Eine Erlaub­nis hätte demnach die Verwen­dung des Betäu­bungs­mit­tels zu thera­peu­ti­schen Zielen voraus­ge­setzt. Also zur Heilung oder Behand­lung von krank­haf­ten Beschwer­den oder Krank­hei­ten.

Der Zweck der Selbst­tö­tung ist daher von dem Gesetz grund­sätz­lich ausge­schlos­sen, da dies eben nicht dem Ziel dient, die mensch­li­che Gesund­heit und das Leben zu schüt­zen. Dieser Geset­zes­zweck recht­fer­tigt den Verbot des Zugangs zu Betäu­bungs­mit­teln wie Natrium-Pento­bar­bi­tal.

Von diesem Verbot ausge­nom­men können Sonder­fälle von schwer und unheil­bar erkrank­ten Menschen sein (vgl. BVerwG vom 2. März 2017 – 3 C 19.15.). In einer solchen Notlage befan­den sich die Kläge­rin und der Kläger jedoch nicht. Die Entschei­dung ist rechts­kräf­tig.

BVerwG vom 28. Mai 2019 – 3 C 6.17 = RDG 2019, S. 196–197.