Die Rechtslage ist eindeutig, so erläutert es Rechtsanwalt und Dozent Prof. Dr. Volker Großkopf: „Wie der Arbeitnehmer zur Arbeit gelangt, ist seine Sache. Er hat sicherzustellen, dass er pünktlich zum Arbeitsbeginn im Betrieb erscheint, um die Arbeit aufnehmen zu können.“
Bei Streik: Beschäftigter muss eigenständig planen
Das Wegerisiko trägt also immer der Mitarbeitende. „Weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch nicht vorschreibt, wo dieser zu wohnen hat und wie dieser zur Arbeit kommt, muss der Beschäftigte auch eigenständig planen und sicherstellen, dass er zur Arbeit gelangt“, so Großkopf.
Dann müsse der Arbeitnehmende eben mehr Zeit in Anspruch nehmen für die Anreise. Wenn es zudem absehbar ist, dass es Störungen auf dem Weg dorthin geben wird, die einem pünktlichen Erscheinen entgegenstehen, muss er im Vorfeld aktiv werden. Vielleicht das eigene Auto nehmen, auf das Rad umsteigen oder eine Fahrgemeinschaft bilden.
Lohneinbußen drohen
Wer dennoch nicht oder etwa zu spät zur Arbeit erscheinen sollte, dem drohen konkret Lohneinbußen. Denn der Mitarbeitende hat für die Länge des Zeitversäumnis keinen Anspruch auf Bezahlung.
Gibt es Arbeitszeitkonten mit Gleitzeitregelungen, kann die ausgefallene Arbeitszeit womöglich nachgeholt werden. Ist aber der Arbeitsbeginn zum Beispiel fix um 8 Uhr vereinbart und das Schichtende um 16:30 Uhr – und kommt der Arbeitnehmer dann erst um 10 Uhr zur Arbeit, könnten ihm die ersten beiden Stunden nicht vergütet werden.
Grundsatz: keine Arbeit, kein Lohn
Arbeitgeber müssen nur dann den Lohn auszahlen, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich arbeitet oder es eine gesetzliche Ausnahme wie etwa die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt, wonach der Arbeitgeber auch ohne Arbeitsleistung zahlen muss.
Auf die gesetzliche Ausnahmevorschrift des § 616 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird sich der Arbeitnehmer in der aktuellen Situation auch nicht berufen können.
Nach dieser Vorschrift behält er oder sie seinen Lohnanspruch, wenn er für eine nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert wird.
Zum einen ist diese Vorschrift in vielen Arbeitsverträgen standardmäßig ausgeschlossen, zum anderen handelt es sich bei einem eine Vielzahl von Arbeitnehmern treffenden Streik nicht mehr um einen in der Person des einzelnen Arbeitnehmers liegenden Grund.
Abmahnung eher unwahrscheinlich
Wer trotz aller Bemühungen nicht rechtzeitig oder womöglich gar nicht zur Arbeit kommen kann, weil er schlicht keine Mittel findet zu erscheinen, müsse dennoch nicht direkt mit einer Abmahnung oder gar Kündigung rechnen.
Großkopf dazu: „Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitnehmer alles ihm Mögliche unternimmt, um zur Arbeit zu gelangen. Da der Streik einige Tage vorher bekannt gegeben worden ist, treffen den Arbeitnehmer hier auch höhere Anforderungen als bei der ganz kurzfristigen Bekanntgabe eines Streiks am gleichen Tag“.
FAQ
Anreise in Selbstverantwortung
Wer also ohne Alternativplan zur Haltestelle kommt und feststellt, dass der Bus nicht fährt und sich erst dann Gedanken macht, wie er zur Arbeit kommen könnte und daraufhin mit erheblicher Verspätung im Büro eintrifft, muss damit rechnen, dass der Arbeitgeber dieses Fehlverhalten abmahnt oder den Lohn für die nicht angetretene Zeit einbehält.
Zeitig den Arbeitgeber informieren
Wichtig ist zudem, den Arbeitgeber rechtzeitig zu informieren. Stellt man fest, dass es trotz Alternativplanung einfach nicht möglich ist, rechtzeitig im Betrieb zu erscheinen, muss man den Arbeitgeber hierüber umgehend informieren.
Krankmeldung ist keine Alternative
Wer als Angestellter nun auf die Idee kommen sollte, sich die umständliche Anreise durch eine Krankmeldung zu ersparen, ohne tatsächlich arbeitsunfähig zu sein, begeht eine schwere Pflichtverletzung. Es drohen eine fristlose Kündigung und der Verlust des Arbeitsplatzes.
Homeoffice
Nicht alle Tätigkeiten eignen sich für das Homeoffice. Aber selbst, wenn dies möglich sein sollte, darf der Arbeitnehmende nicht einseitig entscheiden, von zu Hause aus zu arbeiten. Der Arbeitnehmer darf nur dann im Homeoffice arbeiten, wenn er mit dem Arbeitgeber dazu eine Regelung getroffen hat oder es geltende betriebliche Regelungen zum Homeoffice gibt.
Fazit
Wie der Arbeitnehmer zur Arbeit gelangt, ist also grundsätzlich seine Sache. Er hat sicherzustellen, dass er pünktlich zum Arbeitsbeginn im Betrieb erscheint, um die Arbeit aufnehmen zu können. Das Wegerisiko trägt also immer der Mitarbeitende.