Weiterbildungskosten
Ist die Rückfor­de­rung der Weiter­bil­dungs­kos­ten rechtens? Bild: Michaeljayberlin/Dreamstime

Weiter­bil­dungs­kos­ten übernimmt der Arbeit­ge­ber

Eine Frau arbei­tete als ungelernte Pflege­hel­fe­rin bei einem Betrei­ber zweier Kranken­häu­ser. Mit ihrem Arbeit­ge­ber verein­barte sie eine Weiter­bil­dung über den Zeitraum von zwölf Monaten. Die Weiter­bil­dung schloss sie erfolg­reich ab und war fortan als Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­hel­fe­rin angestellt.

Ihr monat­li­ches Brutto­ge­halt stieg dadurch von 2.100 Euro auf 2.340 Euro. Für die Weiter­bil­dung entstan­den für den Arbeit­ge­ber Arbeits­kos­ten in Höhe von 9.131,80 Euro für die bezahlte Freistel­lung der Frau. Zudem entstan­den Gebühren/Schulden in Höhe von 3.366 Euro sowie Kosten für die Ausstel­lung der Berufs­er­laub­nis von 80 Euro.

Rückzah­lung in Weiter­bil­dungs­ver­ein­ba­rung geregelt

Die Weiter­bil­dungs­kos­ten von 12.577,80 Euro übernahm der Arbeit­ge­ber der Frau. Das hatten sie in einer Weiter­bil­dungs­ver­ein­ba­rung ausge­macht hatten. In dieser Verein­ba­rung war aller­dings auch folgende Rückzah­lungs­klau­sel enthal­ten:

„Der Mitar­bei­ter verpflich­tet sich, die nach Ziffer 2 vom Arbeit­ge­ber tatsäch­lich übernom­me­nen Kosten an diesen zurück­zu­zah­len, wenn das Arbeits­ver­hält­nis inner­halb von 24 Monaten nach Beendi­gung der Weiter­bil­dungs­maß­nahme aus vom Arbeit­neh­mer zu vertre­ten­den Gründen vom Arbeit­neh­mer, Arbeit­ge­ber oder im gegen­sei­ti­gen Einver­neh­men beendet wird. Für jeden vollen Beschäf­ti­gungs­mo­nat nach Beendi­gung der Weiter­bil­dungs­maß­nah­men vermin­dert sich der Rückzah­lungs­be­trag um 1/24. Der jewei­lige Rückzah­lungs­be­trag ist in voller Höhe zum Zeitpunkt des Ausschei­dens des Mitar­bei­ters aus dem Arbeits­ver­hält­nis fällig und kann gegen pfänd­bare finan­zi­elle Ansprü­che des Mitar­bei­ters aufge­rech­net werden.“

Und tatsäch­lich: Die Frau kündigt das Arbeits­ver­hält­nis inner­halb von 24 Monate nach Beendi­gung der Weiter­bil­dung. Der Arbeit­ge­ber verlangte darauf­hin die Rückzah­lung von Weiter­bil­dungs­kos­ten in Höhe von antei­lig 2.960,44 Euro.

Die Frau bezahlte das gefor­derte Geld nicht. Ihrer Meinung nach sei die Klausel in der Weiter­bil­dungs­ver­ein­ba­rung unwirk­sam. Vor Gericht klagte der Arbeit­neh­mer gegen die Frau. Das ArbG Nordhau­sen hat der Klage in erster Instanz statt­ge­ge­ben. Die spätere Berufung der Frau wurde vom LAG Thürin­gen abgelehnt.

Rückzah­lungs­klau­sel gilt nur unter bestimm­ten Umstän­den

Nach Meinung des Gerichts ist die Rückzah­lungs­klau­sel in der Weiter­bil­dungs­ver­ein­ba­rung wirksam – entge­gen der Behaup­tung der Frau.

Eine derar­tige Rückzah­lungs­klau­sel wie im vorlie­gen­den Fall, ist aber nur unter bestimm­ten Umstän­den rechtens.

Nämlich nur dann, wenn die Aus- und Fortbil­dungs­maß­nah­men für den Arbeit­neh­mer von geldwer­tem Vorteil sind. Das bedeu­tet, dass nach der Weiter­bil­dung der Arbeit­neh­mer mehr Geld vom Arbeit­ge­ber erhält oder die neuen Kennt­nisse ander­wei­tig zu seinem Vorteil nutzen kann.

Ein geldwer­ter Vorteil für den Arbeit­neh­mer, kann so auch in einem höheren Markt­wert nach der Weiter­bil­dung liegen, durch erhöhte Kompe­ten­zen. Davon ist auch in dem Fall auszu­ge­hen, da die Frau vorher ledig­lich ungelernte Pflege­hel­fe­rin und nach der Weiter­bil­dung als Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­hel­fe­rin angestellt war.

Außer­dem muss die verein­barte Bindungs­dauer an das Unter­neh­men nach Beendi­gung der Fortbil­dung eine angemes­sene Länge betra­gen. Dem Gericht erschien die in diesem Fall angege­bene Bindungs­dauer von 24 Monaten nach einer einjäh­ri­gen Weiter­bil­dung als zumin­dest nicht unange­mes­sen.

Es darf keine Nachteile für den Arbeit­neh­mer geben

Darüber hinaus dürfen die Formu­lie­run­gen der Klausel keine Nachteile für den Arbeit­neh­mer enthal­ten, die so nicht auch für den Arbeit­ge­ber bestehen würden. Das ist in § 307 Absatz 1 BGB festge­legt.

Das ist in diesem Fall gegeben, da die Klausel nur greift, wenn das Arbeits­ver­hält­nis aus für den Arbeit­neh­mer zu vertre­ten­den Gründen beendet wird. Eine Beendi­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses durch Umstände, die nicht vom Arbeit­neh­mer vertre­ten werden können, erfasst die Klausel nicht.

Zudem ist die Rückzah­lungs­klau­sel nicht intrans­pa­rent aufgrund von fehler­haft angege­be­nen Weiter­bil­dungs­kos­ten. Die Klausel genügt in dieser Hinsicht den Bestimmt­heits­an­for­de­run­gen.

Die Weiter­bil­dungs­kos­ten der Rückzah­lun­gen sind anhand einzel­ner Kosten­be­stand­teile aufge­schlüs­selt. Somit sind sie für den Arbeit­neh­mer vorher­zu­se­hen und willkür­li­che nachträg­li­che Verän­de­run­gen der Weiter­bil­dungs­kos­ten ausge­schlos­sen.

Die Entschei­dung ist rechts­kräf­tig und die Frau hat die entspre­chende Rückzah­lung an ihren Arbeit­ge­ber zu leisten.

Fazit

Damit Rückzah­lungs­klau­seln für Weiter­bil­dungs­kos­ten rechts­wirk­sam sind, müssen sie einige Punkte erfül­len. Diese werden im Folgen­den aufge­führt:

  • Die Weiter­bil­dung muss einen geldwer­ten Vorteil verschaf­fen.
  • Der Markt­wert des Arbeit­neh­mers muss duch die Weiter­bil­dung steigen.
  • Der Bindungs­zeit­raum nach der Weiter­bil­dung muss angemes­sen sein.
  • Die Klausel darf den Arbeit­neh­mer nicht unange­mes­sen benach­tei­li­gen.
  • Die Klausel darf nicht intrans­pa­rent formu­liert sein.

Quelle: LAG Thürin­gen vom 28.6.2023 – 1 Sa 163/22