Madeleine Leiniger
Madeleine Leinin­ger, aufge­nom­men während ihrer Gastpro­fes­sur an der Lund Univer­sity in Schwe­den im Jahre 1987. Bild: Sydsvenska Medicin­his­to­riska Sälls­ka­pet (SMHS)

#1: Madeleine Leinin­ger war auch Anthro­po­lo­gin

Madeleine Leinin­ger wurde am 13. Juli 1925 in Sutton, Nebraska (Verei­nigte Staaten) geboren und verstarb 87-jährig im August 2012. Sie war Profes­so­rin für Kranken­pflege und hat maßgeb­li­che Theorien zur trans­kul­tu­rel­len Pflege hervor­ge­bracht. Leinin­ger hielt zuletzt nicht weniger als drei Ehren­dok­tor­wür­den. Von der Ameri­can Academy of Nursing (AAN) wurde Leinin­ger 1998 als„Living Legend“ ausge­zeich­net.

Nachdem Leinin­ger als Kranken­pfle­ge­rin an der St. Antho­nys School of Nursing in Denver (Colorado) ihre pflege­ri­sche Karriere begann, absol­vierte sie zunächst ein Studium der Biolo­gie. Einer Tätig­keit als Stati­ons­lei­tung folgte der Magis­ter in psych­ia­tri­scher Kranken­pflege.

Später promo­vierte Madeleine Leinin­ger mit dem Schwer­punkt auf kultu­relle und psycho­lo­gi­sche Anthro­po­lo­gie. Damit ist sie die erste Pflege­theo­re­ti­ke­rin gewesen, die zugleich auch Anthro­po­lo­gin war.

#2: Leini­ger entwi­ckelte die Theorie der „Trans­kul­tu­rel­len Pflege“

Bereits in den 1940er Jahren wurde sich Madeleine Leinin­ger der Bedeu­tung kultur­spe­zi­fi­scher Fürsorge bewusst. Sie fasste deshalb den Entschluss, das Kultur­spe­zi­fi­sche jeder Kultur zu erfas­sen und frucht­bar für ihre theore­ti­schen Arbei­ten zu machen.

Zu diesem Zweck begrün­dete sie die Methode der Ethno­pflege (Ethnonur­sing) begrün­det. Sie leitete diese von der Ethno­wis­sen­schaft als Teil der Anthro­po­lo­gie ab.

Auf der Grund­lage ethno­pfle­ge­ri­scher Studien in Neugui­nea begann sie ihre maßgeb­li­chen Pflege­theo­rien zu entwi­ckeln. Die Unter­su­chun­gen von mindes­tens 12 Kultu­ren sind in ihre Arbei­ten einge­flos­sen. Die erste Vorle­sung über trans­kul­tu­relle Kranken­pflege hielt sie im Jahre 1966.

#3: Mensch­li­che Fürsorge als zentra­ler Begriff

Ein zentra­ler Begriff in den Theorien von Leinin­ger ist die mensch­li­che Fürsorge (care). Sie hebt die Fürsorge als einen ebenso wichti­gen Faktor für den Heilungs­pro­zess von Patien­ten hervor wie etwa die medizi­ni­sche Versor­gung.

Unter Fürsorge versteht die Pflege­theo­re­ti­kern dabei, dass man sich einfühl­sam mit dem Patien­ten ausein­an­der­setzt, auch etwa im Hinblick auf sein sozia­les Umfeld, und die pflege­ri­schen Prozesse an die indivi­du­el­len Bedürf­nisse anpasst.

Entschei­dend ist: Fürsorge gibt es laut Madeleine Leinin­ger in jeder Kultur, wie sie aber konkret in Erschei­nung tritt kann in jeder Kultur anders sein.

#4: „Keine Heilung ohne Pflege“

Für die Entwick­lung ihrer Theorien und die weitere Erfor­schung von kultur­spe­zi­fi­schen Fürsor­ge­phä­no­me­nen hat Madeleine Leinin­ger eine Reihe von Grund­an­nah­men aufge­stellt, hier eine Auswahl:

  • Formen der Pflege sind je nach Kultur unter­schied­lich, wenngleich Pflege als univer­sel­les Phäno­men zu verste­hen ist.
  • Die Fürsorge bildet das zentrale Element in der profes­sio­nel­len Pflege und ist wesent­lich für den Genesungs­pro­zess.
  • Es gibt keine Heilung ohne Pflege, aber Pflege ohne Heilung.

#5: „Sunrise-Modell“ als Gesamt­werk

Hervor­ge­gan­gen aus Leinin­gers Forschungs­ar­beit ist das zentrale „Sunrise-Modell“, das sie inner­halb von 30 Jahren entwi­ckelt und stets erwei­tert bzw. aktua­li­siert hat. Es dient einem Gesamt­über­blick der verschie­de­nen – aber zusam­men­hän­gen­den – Dimen­sio­nen, die relevant für die kultu­relle Pflege sind.

Abgebil­det sind die verschie­de­nen kultu­rel­len Fakto­ren, die sowohl für die Pflegen­den als auch die Patien­ten Einfluss gebend sind und sich auf den Pflege- und Heilungs­pro­zess auswir­ken. Darun­ter sind unter anderem soziale und familiäre, religiöse, techni­sche und erzie­he­ri­sche Einfluss­fak­to­ren gefasst.

Pflege­fach­per­so­nen sollen mit dem Sunrise-Modell schnell und überblicks­ar­tig Wissen darüber bekom­men, welche kultur­spe­zi­fi­schen Vorstel­lun­gen der Fürsorge die Patien­ten haben können. Es ist zugleich kreativ und dynamisch einsetz­bar und kann somit indivi­du­ell am Patien­ten ausge­rich­tet werden.