Urlaubsabgeltung
Streit um Urlaubs­ab­gel­tung: Eine Kranken­pfle­ge­rin möchte Geld für ihre nicht genom­me­nen Urlaubs­tage – doch ihr Chef weigert sich. Bild: © Andrey Zhurav­lev | Dreamstime.com

Keine Urlaubs­ab­gel­tung nach Arbeits­ver­hält­nis?

Eine Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­rin war vom 1. Juni 2021 bis zum 14. Novem­ber 2022 in einem befris­te­ten Arbeits­ver­hält­nis beschäf­tigt. Arbeits­ver­trag­lich war eine Stunden­ver­gü­tung von 57 Euro Brutto nebst Zuschlä­gen verein­bart. Bestand­teil des Arbeits­ver­trags war darüber hinaus, dass sich die Urlaubs­ge­wäh­rung nach dem Bundes­ur­laubs­ge­setz richtet, wonach der Urlaubs­um­fang an die Dauer der Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit gekop­pelt ist. Zudem ist in § 5 des Arbeits­ver­tra­ges geregelt, dass der Urlaubs­an­spruch mit der Stunden­ver­gü­tung abzugel­ten ist.

Im Arbeits­ver­trag hat der Arbeit­ge­ber außer­dem festge­hal­ten, dass sich die Rechte und Pflich­ten der Arbeits­ver­trags­par­teien unter anderem nach dem Mantel­ta­rif­ver­trag „Zeitar­beit“ richten. In diesem ist in § 10 eine Ausschluss­frist von drei Monaten festge­schrie­ben. Urlaubs­an­sprü­che verfal­len demnach, wenn sie nicht inner­halb dieser Frist geltend gemacht werden.

Die Pflege­rin hatte in der Zeit ihrer Beschäf­ti­gung keinen Urlaub genom­men, worauf­hin sie die Abgel­tung ihrer nicht in Anspruch genom­me­nen Urlaubs­tage einfor­derte. Die Sache landete vor Gericht. Im Mai 2023 infor­mierte der Prozess­be­voll­mäch­tigte der Kranken­pfle­ge­rin sie schließ­lich darüber, dass der Ausschluss von Urlaubs­an­sprü­chen im Arbeits­ver­trag unwirk­sam sei.

Darauf­hin forderte sie von ihrem Arbeit­ge­ber die Abgel­tung ihres Urlaubs. Sie war der Auffas­sung, der Arbeit­ge­ber könne sich in der Angele­gen­heit nicht auf die Ausschluss­frist nach dem Mantel­ver­trag „Zeitar­beit“ berufen, da dies treuwid­rig sei. Durch die Formu­lie­rung in § 5 des Arbeits­ver­tra­ges, habe der Arbeit­ge­ber die Kranken­pfle­ge­rin davon abgehal­ten, ihre Urlaubs­an­sprü­che recht­zei­tig geltend zu machen.

Vor dem Arbeits­ge­richt Freiburg (Breis­gau) hat sie deshalb 14.440 Euro plus Zinsen vom Arbeit­ge­ber gefor­dert. Das ArbG Freiburg hat die Klage in erster Instanz aller­dings abgewie­sen. Zwar habe der Kranken­pfle­ge­rin ein Anspruch auf Urlaubs­ab­gel­tung zugestan­den, der sei jedoch verspä­tet geltend gemacht worden und daher nach der Ausschluss­frist des MTV verfal­len. Gegen die Entschei­dung hat sie Berufung vor dem Landes­ar­beits­ge­richt in Baden-Württem­berg einge­legt.

Versäum­ter Urlaubs­ab­gel­tungs­an­spruch

Die Berufung wurde als unbegrün­det zurück­ge­wie­sen. Die Kläge­rin habe keinen Anspruch auf Urlaubs­ab­gel­tung nach § 7 Absatz 4 BUrlG. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass § 5 des Arbeits­ver­trags gegen die Regelun­gen des Bundes­ur­laubs­ge­set­zes (§§ 3, 13 BUrlG) verstoße und entspre­chend rechts­un­wirk­sam sei.

Weil sich der Arbeit­ge­ber auf den Mantel­ta­rif­ver­trag „Zeitar­beit“ berufen hatte, stand der Kläge­rin Urlaub gemäß § 6 des Mantel­ta­rif­ver­trags zu. Dieser Urlaubs­an­spruch wurde mit der Beendi­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses fällig und musste inner­halb der Ausschluss­frist in Anspruch genom­men werden.

Aller­dings habe die Pflege­rin die dort vorge­se­hene Frist von drei Monaten nach Fällig­keit für die schrift­li­che Geltend­ma­chung von Ansprü­chen unstrei­tig nicht einge­hal­ten. Die Ausschluss­frist sei nach Auffas­sung des Gerichts zwischen den Parteien wirksam verein­bart worden. Deshalb durfte sich der Arbeit­ge­ber auf die Ausschluss­frist berufen – und der Anspruch war erloschen.

Zwar enthalte der Arbeits­ver­trag mit § 5 eine unzuläs­sige Klausel, wonach der Urlaubs­an­spruch bereits durch den Stunden­lohn abgegol­ten sein sollte. Das bedeute jedoch nur, dass der Urlaub an sich nicht abgegol­ten war – es ändere nichts daran, dass ein späte­rer Anspruch auf Auszah­lung verfal­len kann, wenn die tarif­li­che Frist nicht einge­hal­ten wird.

Schadens­er­satz trotz­dem möglich?

Auch ein Schadens­er­satz­an­spruch der Kläge­rin wurde vom Gericht abgelehnt. Dass der Arbeit­ge­ber die Kläge­rin nicht über ihre Urlaubs­an­sprü­che infor­miert hatte, begründe keinen Anspruch auf Geldersatz, so das Gericht.

Ein Verstoß gegen die Hinweis­ob­lie­gen­heit führe nicht zu einem Schadens­er­satz­an­spruch des Arbeit­neh­mers, wie die Kläge­rin fälsch­lich angenom­men hatte. Laut Gericht bewirke der Verstoß ledig­lich, dass der Urlaub nicht verfällt und statt­des­sen dem Urlaub des nächs­ten Kalen­der­jah­res zugerech­net wird.

Grund­lage hierfür ist § 2 Absatz 1 S. 2 Nr. 11 NachwG, nach dem die Beklagte dazu verpflich­tet ist, die Kläge­rin über die Dauer des Urlaubs inner­halb der vorge­se­he­nen Fristen durch einen Nachweis zu unter­rich­ten. Das ist deshalb wichtig, damit der Arbeit­neh­mer in die Lage versetzt wird, seinen Urlaub auch tatsäch­lich in Anspruch nehmen zu können, um sich entspre­chend zu erholen. Ein Verstoß gegen die Hinweis­ob­lie­gen­heit führt demnach nicht direkt zu einem Schadens­er­satz, sondern nur dazu, dass der Urlaub nicht verfällt. Der Anspruch müsse dann aller­dings selbst vom Arbeit­neh­mer frist­ge­recht geltend gemacht werden.

Der Urlaubs-Hinweis des Arbeit­ge­bers kann durch Aushän­di­gen eines schrift­li­chen Arbeits­ver­trags ersetzt werden, soweit darin alle erfor­der­li­chen Angaben enthal­ten sind. Mit anderen Worten: Ist die Ausschluss­frist in einem Tarif­ver­trag geregelt, genügt der Arbeit­ge­ber seiner Nachweis­pflicht mit einem schrift­li­chen Hinweis. Das sei vorlie­gend der Fall gewesen.

Unzuläs­sige Vertrags­klau­sel – aber ohne Folgen

Das Verhal­ten des Arbeit­ge­bers wurde ebenfalls nicht als rechts­miss­bräuch­lich gewer­tet. Zwar hatte dieser mit § 5 des Arbeits­ver­trags irrtüm­lich eine unwirk­same Vertrags­klau­sel verwen­det. Es könne ihm aber nicht nachge­wie­sen werden, dass er das extra gemacht habe, um die Kläge­rin davon abzuhal­ten die Urlaubs­ab­gel­tung recht­zei­tig in Anspruch zu nehmen. Entspre­chend reiche der Fehler des Arbeit­ge­bers nicht aus, um ihm die Berufung auf die Ausschluss­frist zu verweh­ren.

Der geltend gemachte Anspruch von knapp 14.400 Euro steht der Kläge­rin daher im Ergeb­nis unter keinem Gesichts­punkt zu – weder als Urlaubs­ab­gel­tung noch als Schadens­er­satz­an­spruch. Gegen die Entschei­dung wurde Revision beim Bundes­ar­beits­ge­richt einge­legt (Az.: 9 AZR 78/ 25), womit die Entschei­dung vom LAG Baden-Württem­berg noch nicht rechts­kräf­tig ist.

Quelle: LAG Baden-Württem­berg vom 3.2.2025 – 9 Sa 34/24