
Keine Urlaubsabgeltung nach Arbeitsverhältnis?
Eine Gesundheits- und Krankenpflegerin war vom 1. Juni 2021 bis zum 14. November 2022 in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Arbeitsvertraglich war eine Stundenvergütung von 57 Euro Brutto nebst Zuschlägen vereinbart. Bestandteil des Arbeitsvertrags war darüber hinaus, dass sich die Urlaubsgewährung nach dem Bundesurlaubsgesetz richtet, wonach der Urlaubsumfang an die Dauer der Betriebszugehörigkeit gekoppelt ist. Zudem ist in § 5 des Arbeitsvertrages geregelt, dass der Urlaubsanspruch mit der Stundenvergütung abzugelten ist.
Im Arbeitsvertrag hat der Arbeitgeber außerdem festgehalten, dass sich die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien unter anderem nach dem Manteltarifvertrag „Zeitarbeit“ richten. In diesem ist in § 10 eine Ausschlussfrist von drei Monaten festgeschrieben. Urlaubsansprüche verfallen demnach, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden.
Die Pflegerin hatte in der Zeit ihrer Beschäftigung keinen Urlaub genommen, woraufhin sie die Abgeltung ihrer nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage einforderte. Die Sache landete vor Gericht. Im Mai 2023 informierte der Prozessbevollmächtigte der Krankenpflegerin sie schließlich darüber, dass der Ausschluss von Urlaubsansprüchen im Arbeitsvertrag unwirksam sei.
Daraufhin forderte sie von ihrem Arbeitgeber die Abgeltung ihres Urlaubs. Sie war der Auffassung, der Arbeitgeber könne sich in der Angelegenheit nicht auf die Ausschlussfrist nach dem Mantelvertrag „Zeitarbeit“ berufen, da dies treuwidrig sei. Durch die Formulierung in § 5 des Arbeitsvertrages, habe der Arbeitgeber die Krankenpflegerin davon abgehalten, ihre Urlaubsansprüche rechtzeitig geltend zu machen.
Vor dem Arbeitsgericht Freiburg (Breisgau) hat sie deshalb 14.440 Euro plus Zinsen vom Arbeitgeber gefordert. Das ArbG Freiburg hat die Klage in erster Instanz allerdings abgewiesen. Zwar habe der Krankenpflegerin ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugestanden, der sei jedoch verspätet geltend gemacht worden und daher nach der Ausschlussfrist des MTV verfallen. Gegen die Entscheidung hat sie Berufung vor dem Landesarbeitsgericht in Baden-Württemberg eingelegt.
Versäumter Urlaubsabgeltungsanspruch
Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Absatz 4 BUrlG. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass § 5 des Arbeitsvertrags gegen die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (§§ 3, 13 BUrlG) verstoße und entsprechend rechtsunwirksam sei.
Weil sich der Arbeitgeber auf den Manteltarifvertrag „Zeitarbeit“ berufen hatte, stand der Klägerin Urlaub gemäß § 6 des Manteltarifvertrags zu. Dieser Urlaubsanspruch wurde mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig und musste innerhalb der Ausschlussfrist in Anspruch genommen werden.
Allerdings habe die Pflegerin die dort vorgesehene Frist von drei Monaten nach Fälligkeit für die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen unstreitig nicht eingehalten. Die Ausschlussfrist sei nach Auffassung des Gerichts zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden. Deshalb durfte sich der Arbeitgeber auf die Ausschlussfrist berufen – und der Anspruch war erloschen.
Zwar enthalte der Arbeitsvertrag mit § 5 eine unzulässige Klausel, wonach der Urlaubsanspruch bereits durch den Stundenlohn abgegolten sein sollte. Das bedeute jedoch nur, dass der Urlaub an sich nicht abgegolten war – es ändere nichts daran, dass ein späterer Anspruch auf Auszahlung verfallen kann, wenn die tarifliche Frist nicht eingehalten wird.
Schadensersatz trotzdem möglich?
Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wurde vom Gericht abgelehnt. Dass der Arbeitgeber die Klägerin nicht über ihre Urlaubsansprüche informiert hatte, begründe keinen Anspruch auf Geldersatz, so das Gericht.
Ein Verstoß gegen die Hinweisobliegenheit führe nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers, wie die Klägerin fälschlich angenommen hatte. Laut Gericht bewirke der Verstoß lediglich, dass der Urlaub nicht verfällt und stattdessen dem Urlaub des nächsten Kalenderjahres zugerechnet wird.
Grundlage hierfür ist § 2 Absatz 1 S. 2 Nr. 11 NachwG, nach dem die Beklagte dazu verpflichtet ist, die Klägerin über die Dauer des Urlaubs innerhalb der vorgesehenen Fristen durch einen Nachweis zu unterrichten. Das ist deshalb wichtig, damit der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, seinen Urlaub auch tatsächlich in Anspruch nehmen zu können, um sich entsprechend zu erholen. Ein Verstoß gegen die Hinweisobliegenheit führt demnach nicht direkt zu einem Schadensersatz, sondern nur dazu, dass der Urlaub nicht verfällt. Der Anspruch müsse dann allerdings selbst vom Arbeitnehmer fristgerecht geltend gemacht werden.
Der Urlaubs-Hinweis des Arbeitgebers kann durch Aushändigen eines schriftlichen Arbeitsvertrags ersetzt werden, soweit darin alle erforderlichen Angaben enthalten sind. Mit anderen Worten: Ist die Ausschlussfrist in einem Tarifvertrag geregelt, genügt der Arbeitgeber seiner Nachweispflicht mit einem schriftlichen Hinweis. Das sei vorliegend der Fall gewesen.
Unzulässige Vertragsklausel – aber ohne Folgen
Das Verhalten des Arbeitgebers wurde ebenfalls nicht als rechtsmissbräuchlich gewertet. Zwar hatte dieser mit § 5 des Arbeitsvertrags irrtümlich eine unwirksame Vertragsklausel verwendet. Es könne ihm aber nicht nachgewiesen werden, dass er das extra gemacht habe, um die Klägerin davon abzuhalten die Urlaubsabgeltung rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. Entsprechend reiche der Fehler des Arbeitgebers nicht aus, um ihm die Berufung auf die Ausschlussfrist zu verwehren.
Der geltend gemachte Anspruch von knapp 14.400 Euro steht der Klägerin daher im Ergebnis unter keinem Gesichtspunkt zu – weder als Urlaubsabgeltung noch als Schadensersatzanspruch. Gegen die Entscheidung wurde Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt (Az.: 9 AZR 78/ 25), womit die Entscheidung vom LAG Baden-Württemberg noch nicht rechtskräftig ist.
Quelle: LAG Baden-Württemberg vom 3.2.2025 – 9 Sa 34/24