Badeunfälle
Ein beherz­ter Sprung ins kühle Nass Bild: Steha­nie Albert/Pixabay.com

Sommer­zeit ist Badezeit – aber immer häufi­ger kommt es dabei zu Unfäl­len. Nach Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesell­schaft (DLRG) sind im vergan­ge­nen Jahr in Deutsch­land mindes­tens 355 Menschen ertrun­ken, die meisten davon in Seen oder Flüssen. Damit ist die Zahl der Todes­fälle durch Ertrin­ken fast 19 Prozent höher als im Vorjahr.

Badeun­fälle nehmen zu

Beson­ders an unbewach­ten Badestel­len können Unfälle im Wasser schnell tödlich enden. Denn wird ein Mensch leblos aus dem Wasser gezogen, reagie­ren andere Badegäste oft mit verständ­li­cher Panik. Aber gerade in dieser Situa­tion ist es entschei­dend, dass jeder Einzelne weiß, welche Maßnah­men notwen­dig sind, damit die Überle­bens­chan­cen möglichst hoch sind.

Dr. Jan Wnent, Notarzt und Mitglied im Wissen­schaft­li­chen Arbeits­kreis Notfall­me­di­zin der Deutschen Gesell­schaft für Anästhe­sie und Inten­siv­me­di­zin (DGAI), nennt die zentra­len Punkte, auf die es ankommt:

„In jedem Fall prüft man zunächst, ob der Patient oder die Patien­tin bei Bewusst­sein ist und, sollte dies nicht der Fall sein, ob er oder sie atmet. Dazu dreht man die Person auf den Rücken und überstreckt ihren Kopf, indem man ihn leicht in den Nacken legt. Dann beugt man sich mit dem eigenen Gesicht nahe an ihr Gesicht und blickt dabei selbst in Richtung ihrer Füße. So kann man zum einen hören, ob der Verun­glückte atmet, zum anderen erken­nen, ob sich der Brust­korb hebt und senkt.

Außer­dem fühlt man durch die Nähe zum Gesicht auch den Atemstoß an der eigenen Wange. Atmet der Patient normal, so sollten die Atemstöße regel­mä­ßig und relativ tief sein.

Badeunfälle
Dr. Jan Wnent, Anästhe­sist und Notfall­me­di­zi­ner an der Klinik für Anästhe­sio­lo­gie und Inten­siv­me­di­zin des Katho­li­schen Klini­kums Bochum sowie Mitglied im Wissen­schaft­li­chen Arbeits­kreis Notfall­me­di­zin der Deutschen Gesell­schaft für Anästhe­sio­lo­gie und Inten­siv­me­di­zin e.V. Bild: Privat

Dann legt man ihn in die stabile Seiten­lage. Nicht normal ist hinge­gen eine ganz flache, oberfläch­li­che und unregel­mä­ßige Atmung, die sogenannte Schnapp­at­mung – diese ist im Zusam­men­hang mit Bewusst­lo­sig­keit ein Zeichen für einen Herz-Kreis­lauf-Still­stand. Dann beginnt man sofort mit den Wieder­be­le­bungs­maß­nah­men. Das gilt ebenso, wenn der Patient oder die Patien­tin gar nicht atmet und nicht bei Bewusst­sein ist.“

Herzdruck­mas­sage allein bei Badeun­fäl­len nicht ausrei­chend

Gerade an Wieder­be­le­bungs­maß­nah­men – also Herzdruck­mas­sage und Mund-zu-Mund-Beatmung – trauen sich Laien oft nicht heran. Zu groß ist die Angst, unfrei­wil­lig Schaden anzurich­ten. Dr. Wnent rät, die Person in Rücken­lage auf eine harte Unter­lage zu legen: „Dann platziert man selbst den Handbal­len der einen Hand auf dem Brust­bein des Patien­ten in der Mitte des Brust­kor­bes.

Die andere Hand ist über der ersten Hand. Man drückt dann den Brust­korb fünf bis sechs Zenti­me­ter nach unten. Die Frequenz sollte dabei bei 100 bis 120 liegen. Was man beach­ten muss: Badeun­fälle gehen häufig mit einem akuten Sauer­stoff­man­gel einher. Wenn man es sich zutraut, sollte man denje­ni­gen daher auch beatmen.“

Ganz wichtig: Oft heißt es beim Thema Reani­ma­tion, die reine Herzdruck­mas­sage sei ausrei­chend. Laut Dr. Wnent trifft das bei Ertrin­ken­den nicht zu: „Das stimmt für andere Fälle. Aber durch den Sauer­stoff­man­gel ist eine Beatmung in diesem Fall wirklich wichtig. Auch hierbei überstreckt man wieder den Kopf, legt eine Hand auf die Stirn und kann mit dieser gleich­zei­tig mit Daumen und Zeige­fin­ger die Nase des Bewusst­lo­sen zuhal­ten.

Die andere Hand liegt unter dem Kinn. Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung sollte man so viel an Luft abgeben, wie man selbst ausat­men würde. Das heißt, wenn man aus dem Augen­win­kel sieht, dass sich der Brust­korb des Patien­ten hebt, ist das vollkom­men ausrei­chend.

Jeweils zwei Beatmun­gen wechseln sich dann immer mit 30 Herzdruck­mas­sa­gen ab. Und das muss man so lange machen, bis der Rettungs­dienst eintrifft. Besser ist es, wenn mehrere Perso­nen anwesend sind, dann kann man sich regel­mä­ßig abwech­seln.

Bei Kindern bis zum Jugend­li­chen-Alter fängt man immer mit fünf Initi­al­be­atmun­gen an. Je nach Körper­bau führt man die Herzdruck­mas­sage außer­dem nur mit einer Hand durch. Die Eindruck­tiefe sollte ungefähr ein Drittel des Durch­mes­sers des Brust­kor­bes sein. Das Verhält­nis von Herzdruck­mas­sa­gen zu Beatmun­gen ist in diesem Fall 15:2. Das heißt, 15 Mal drücken, dann zwei Mal beatmen.“

So können Badeun­fälle vermie­den werden

Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesell­schaft (DLRG) aus dem Januar 2023 sprechen eine deutli­che Sprache: 20 Prozent aller Kinder zwischen sechs und zehn Jahren konnten laut Auskunft ihrer Eltern nicht schwim­men (Stand 2022) – das sind zehn Prozent mehr als bei der letzten Daten­er­he­bung 2017. Dazu kommt, dass viele Eltern irrtüm­lich glauben, dass ihr Kind schwim­men kann, wenn es das Seepferd­chen hat. Dieses vermit­telt aller­dings nur Grund­la­gen: Erst mit dem Freischwim­mer ist ein Kind im Schwim­men wirklich sicher.

Auch unter den Erwach­se­nen bezeich­nete sich nur die Hälfte als gute oder sehr gute Schwim­mer. Gefähr­lich wird das, wenn Menschen unerwar­tet ins Wasser geraten – zum Beispiel, indem sie beim Stand-Up-Paddling ins Wasser fallen. Denn, so Dr. Wnent: „Wenn man direkt aus der Hitze in kaltes Wasser springt, kann das gerade bei Perso­nen, die Herz-Kreis­lauf-Vorer­kran­kun­gen haben, sehr gefähr­lich sein, weil dann der Blutdruck absacken und man kurzzei­tig das Bewusst­sein verlie­ren kann.“

Die DLRG gibt folgende Tipps, um Badeun­fälle zu vermei­den:

  • Möglichst immer an bewach­ten Badestel­len schwim­men gehen
  • Ausge­schrie­bene Warnhin­weise beach­ten
  • Kleine Kinder am und im Wasser nie aus den Augen lassen
  • Die eigene Leistungs­fä­hig­keit kritisch einschät­zen
  • Am und im Wasser auf Alkohol verzich­ten
  • Kopfsprünge im Ufer- und Flach­was­ser­be­reich und allge­mein in unbekann­ten Gewäs­sern vermei­den

Natür­li­che Gewäs­ser bergen oft Risiken, die von außen nicht erkenn­bar sind: Im Frühsom­mer sind beson­ders Bagger­seen oft noch kalt, Unter­küh­lung und Krämpfe können die Folge sein. In Flüssen gibt es oft starke Strömun­gen, auch Brücken­pfei­ler, Unter­was­ser­hin­der­nisse oder auch Fahrrin­nen mit Freizeit- und Berufs­schiff­fahrt sind gefähr­lich für Badende.

Achtung beim Badeur­laub am Meer: Gezei­ten und nicht erkenn­bare Strömun­gen sowie starke ablan­dige Winde können auch gute Schwim­mer in Gefahr bringen.

Quelle: DLRG, DGAI