Petition gegen die Generalistik
Prof. Gertrud Hunde­n­born (li.) und Prof. Dr. Barbara Knigge-Demal (re.) wehren sich gemein­sam mit Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck und Sabine Muths gegen Falsch­be­haup­tun­gen (Archiv­bild).

Eine auf change.org gestar­tete Petition fordert eine Abkehr von der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung und verlangt die Rückkehr der Kinder­kran­ken­pfle­ge­aus­bil­dung. Die Petition, die vor rund Monaten ins Leben gerufen wurde, hat inzwi­schen über 136.000 Mitzeich­ner gewin­nen können.

Als Beweg­grund erklärt der Petent, dass mit der Ausbil­dungs­re­form die Schaf­fung von mehr „Möglich­kei­ten des Arbei­tens für Kranken­pfle­ge­rin­nen und Pfleger“ bezweckt werden sollte. Jedoch: „In der Reali­tät ist das Ergeb­nis, dass sich weniger Pflegende für die Kinder­heil­kunde entschei­den. Dies war schon in den letzten beiden Jahren spürbar, und das Problem wird sich zukünf­tig noch weiter verschär­fen“, so der Petent weiter.

Des Weite­ren unter­stellt der Petent, dass die Entschei­dung für die Genera­lis­tik „aus der leider falschen politi­schen Meinung, dass Kinder ledig­lich kleinere Erwach­sene sind und deren medizi­ni­sche Versor­gung sich nicht wesent­lich von der Erwach­se­nen­kran­ken­pflege unter­schei­det“, entstan­den sei.

Petition gegen die Genera­lis­tik: Pfleg­ex­per­tin­nen nehmen Stellung

Derar­tige Vorwür­fen wollten sich die an der Umset­zung der Pflege­be­ru­fe­re­form betei­lig­ten Pflege­bil­dungs­exper­tin­nen Ingrid Darmann-Finck, Gertrud Hunde­n­born, Barbara Knigge-Demal und Sabine Muths nicht gefal­len und unkom­men­tiert im Raum stehen lassen.

Die Exper­tin­nen standen den zustän­di­gen Bundes­mi­nis­te­rien in den Jahren 2016 bis 2018 beratend zur Seite und halfen insbe­son­dere bei der fachli­chen Ausge­stal­tung der Ausbil­dungs- und Prüfungsverordnung für die Pflege­be­rufe (PflAPrV).

Nach Auffas­sung der vier Pflege­bil­dungs­exper­tin­nen werden in den Petiti­ons­grün­den sowohl die Hintergründe der derzei­ti­gen Perso­nal­si­tua­tion in der Pflege von kranken Kindern und Jugend­li­chen als auch die genera­lis­ti­sche Pflege­aus­bil­dung falsch darge­stellt. Um „sachge­recht [zu] infor­mie­ren und dadurch allen Betei­lig­ten eine infor­mierte Bewer­tung ermög­li­chen“, wurde nun eine gemein­same Stellung­nahme veröf­fent­licht.

Darin machen die Exper­tin­nen unter anderem deutlich, dass sie die Besorg­nis hinsicht­lich des Fachkräf­te­man­gels in der Gesund­heits- und Kinder­kran­ken­pflege durch­aus teilen. Diese ließe sich jedoch nicht, wie vom Peten­ten behaup­tet, auf die genera­lis­ti­sche Ausbil­dung zurückführen – denn deren Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten standen zum Zeitpunkt der Veröf­fent­li­chung der Petition noch gar nicht dem Markt zur Verfü­gung. Vielmehr sind gesund­heits­öko­no­mi­sche Fehlan­reize, wie beispiels­weise die Einführung der Diagno­sis Related Groups (DRG), die eine Unter­fi­nan­zie­rung und in der Folge einen Stellen­ab­bau zur Folge hatte, als Ursache zu sehen.

Auch das BMG hat schon reagiert

Bereits im Februar hat auch das Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit (BMG) eine Reaktion auf die vorbe­nannte Petition veröf­fent­licht. Darin wird unter anderem darauf hinge­wie­sen, dass alle Auszu­bil­den­den ihre Ausbil­dung auch in der pädia­tri­schen Versor­gung absol­vie­ren und diesen Bereich für ihre spätere Berufs­tä­tig­keit in Betracht ziehen können.

Auszu­bil­dende, die bereits ihren Schwer­punkt in der Versor­gung von Kindern und Jugend­li­chen sehen, haben im Übrigen auch weiter­hin die Möglich­keit, sich für einen geson­der­ten Berufs­ab­schluss in der Gesund­heits- und Kinder­kran­ken­pflege zu entschei­den, betont das Minis­te­rium.

Ferner weist auch das BMG darauf­hin, dass die neuen Ausbil­dun­gen überwie­gend während des Jahres 2020 begon­nen haben und deren Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten somit erst im weite­ren Verlauf des Jahres 2023 ihre Berufs­tä­tig­keit aufneh­men könnten. „Insofern lässt sich aus der genera­lis­ti­schen Ausbil­dung kein verschärf­ter Mangel in der pflege­ri­schen Versor­gung von Kindern ablei­ten, weder für die Zukunft noch was die derzei­tige Situa­tion betrifft“.

Nicht die erste Petition gegen die Genera­lis­tik

Bereits in der Vergan­gen­heit gab es verschie­dene Anläufe, mittels Petitio­nen die EInfüh­rung der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung zu verhin­dern bezie­hungs­weise eine politi­sche Abkehr zu bewir­ken.

Hervor­zu­he­ben ist die Eingabe der Marbur­ger Kinder­kran­ken­schwes­ter Monika Otte aus dem Jahre 2015, die ebenfalls den Erhalt der Kinder­kran­ken­pflege als eigen­stän­dige Berufs­aus­bil­dung zum Inhalt hatte. Diese Petition erreichte das zur Anhörung notwen­dige Quorum.