Sachverhalt
Bei der Klägerin handelt es sich um eine an Multipler Sklerose leidende Patientin, die sich aufgrund einer Pneumonie (Lungenentzündung) stationär behandeln ließ. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Patientin bereits durch eine Magensonde künstlich ernährt. Bei der Untersuchung wurde ein Pleuraerguss („Wasser in der Lunge“) festgestellt und daher eine Pleuradrainage zur Therapie gelegt.
Da ebenso festgestellt wurde, dass die Magensonde verstopft ist, wurde diese vom Pflegepersonal gewechselt. Dabei gelangte die Sonde versehentlich in den Pleurspalt, was zunächst jedoch unbemerkt blieb. Unmittelbar danach wurde die Lage der Sonde überprüft, unter anderem durch Abhorchen von Geräuschen in der Magengegend. Dabei wurden „Blubbergeräusche“ festgestellt, was jedoch normalerweise auf den Magensaft und somit auf eine richtige Lage der Sonde zurückzuführen ist. Dass die Geräusche eigentlich durch die Wasseransammlung in der Pleura verursacht wurden, konnte nicht erkannt werden.
Danach beklagte die Patientin Bauchschmerzen, Luftnot und Fieber. Bei einer Untersuchung am Folgetag wurde mit einer Drainage eine weiß-cremige Flüssigkeit abgesaugt, woraufhin ein CT angeordnet wurde. Erst dann wurde die Fehllage der Sonde entdeckt. Sofort wurden operative Maßnahmen ergriffen und die Sonde sowie die Sondenkost, die in die Pleurahöhle gelangt war, entfernt. Ein Teil des Lungengewebes musste infolge dessen ebenfalls entfernt werden.
Die betroffene Patientin behauptete, dass der Wechsel der Sonde fehlerhaft vorgenommen worden sei, ebenso wie die anschließende Kontrolle der Sondenlage. Sie beklagte außerdem, dass der Sondenwechsel hätte dokumentiert werden müssen. Dadurch dass keine Dokumentation erfolgt ist, habe das Pflegepersonal ihre Symptome (Luftnot, Fieber und Bauchschmerzen) nicht mit der Fehllage der Sonde in Verbindung bringen können. Außerdem war sie der Meinung, dass man die Sonde nicht ohne ihre Einwilligung hätte vornehmen dürfen.
Sie beantragte vor dem Landgericht Bonn Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro sowie die Erstattung der Rechtsanwaltskosten und die Ersatzpflicht für alle zukünftigen Folgeschäden.
Entscheidung
Die Klage wurde von dem Landgericht abgewiesen, ebenso wie die darauf folgende Berufung der Klägerin. Als Begründung wurde zunächst einmal angeführt, dass die Klinik, in der die Magensonde gelegt worden ist, nicht haftet. Es hat weder die Einwilligung der Klägerin gefehlt, noch liegt ein Behandlungsfehler vor. Denn als die Sonde erstmalig gelegt wurde, hat der generalbevollmächtigte Ehemann seine Einwilligung abgegeben und somit auch in die damit verbundenen nötigen Eingriffe. Diese Einwilligung hatte also auch Gültigkeit bei dem hier vorgenommenen Sondenwechsel. Das Krankenhaus durfte also davon ausgehen, dass die Patientin mit dem Sondenwechsel einverstanden ist.
Auch der Vorwurf, dass die Fehllage der Magensonde auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen sei, konnte nicht bestätigt werden. Es handelt sich hierbei ausschließlich um einen misslungenen Eingriff und eine selten vorkommende, aber verfahrenstypische Komplikation. Solch eine Fehlplatzierung der Sonde kann tragischerweise vorkommen und lässt sich nicht immer vermeiden.
Aus den Eintragungen in der Dokumentation wurden außerdem keine Fehler ersichtlich. Auch, dass der Sondenwechsel nicht dokumentiert wurde, stellt kein Dokumentationsmangel dar, denn gemäß § 630f Abs. 2 BGB müssen nur die aus fachlicher Sicht wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse protokolliert werden. Der Sondenwechsel hätte nur dokumentiert werden müssen, wenn es zu Komplikationen gekommen wäre. Die Lagekontrolle nach dem Sondenwechsel hat ebenfalls dem medizinischen Standard entsprochen. Die „Blubbergeräusche“ die dabei gehört wurden, sind normalerweise Indiz dafür, dass die Sonde richtig liegt. Dem Pflegepersonal kann also nicht vorgeworfen werden, dass die Wasseransammlung in der Pleura zunächst nicht erkannt wurde.