Kaum haben sich die ersten 1.000 Arztpraxen nach jahrelangen Verzögerungen an die zentrale Telematik-Infrastruktur der Krankenkassen angeschlossen, fällt das System aus. Der Freien Ärzteschaft (FA) zufolge zeige dies, dass die Technologie weder ausgereift noch sicher sei. So die Äußerungen der Freien Ärzteschaft am Montag in Hamburg.
In der vergangenen Woche konnten bundesweit Arztpraxen das sogenannte Versichertenstammdatenmanagement nicht durchführen. Die Betreibergesellschaft gematik hatte mitgeteilt, „dass ein Fehler in der Telematikinfrastruktur (TI) aufgetreten ist und aktuell die Verbindung zur Telematikinfrastruktur gestört ist“. FÄ-Vizevorsitzende Dr. Silke Lüder kritisierte den Vorfall als „Systemversagen“. Schließlich sollen die medizinischen Daten von rund 70 Millionen gesetzlich krankenversicherten Bürgern in dieser Infrastruktur gespeichert werden – dies sei unverantwortlich, so Lüder weiter. Sie betonte, dass es besonders paradox sei vor dem Hintergrund, dass am 25. Mai 2018 die neue EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft tritt.
Ärzte beklagen technische Misstände
Demnach müssen die Arztpraxen künftig maximale Anforderungen an Datenverarbeitung, Datenhaltung, Datenschutz und Patientenaufklärung erfüllen. So muss etwa zu jeder Zeit jedem Patienten Auskunft über die Weiterleitung und den Verbleib seiner Krankheitsdaten erteilt werden. „Gleichzeitig werden jedoch nach aktueller bundesdeutscher Gesetzeslage Ärzte und Patienten gezwungen, die Krankheitsdaten zentral online zu speichern – ohne, dass Ärzte den Datenschutz kontrollieren könnten“, erläutert die Hamburger Allgemeinärztin. Das bedeute: Arztpraxen und Kliniken, die an die TI angeschlossen seien, könnten die Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung nicht gewährleisten.
Auf Initiative von Zahnärzten und Ärzten aus Bayern ist nun die Aktion „Rote Karte für die TI“ entstanden. Mittels Postkarten konfrontieren Ärzte und Zahnärzte die neuen Bundestagsabgeordneten mit den Sicherheitslücken und den Problemen bei der technischen Umsetzung des Online-Anschlusses in den Praxen, wie den hohen Kosten und Betriebsunterbrechungen. Ziel ist, möglichst einen Stop des Projektes zu erreichen. „Auch die Freie Ärzteschaft wird diese Aktion unterstützen“, sagt Lüder.
Quelle: Freie Ärzteschaft