Vorrangiges Ziel der Pflicht zur Dokumentation ist die Gewährleistung einer sachgerechten, medizinischen Behandlung.
Vorran­gi­ges Ziel und wesent­li­cher Zweck der Dokumen­ta­ti­ons­pflicht ist die Gewähr­leis­tung einer sachge­rech­ten, medizi­ni­schen Behand­lung.

Um diese Frage zu beant­wor­ten, ist zunächst einmal voran­zu­stel­len, dass die Gewähr­leis­tung einer sachge­rech­ten, medizi­ni­schen Behand­lung und nicht die foren­si­sche Beweis­si­che­rung das vorran­gige Ziel und der wesent­li­che Zweck der vertrag­lich wie delikt­isch begrün­de­ten Pflicht zur Dokumen­ta­tion ist. Das bedeu­tet zugleich, dass eine Dokumen­ta­tion, die zu thera­peu­ti­schen Zwecken nicht erfor­der­lich ist, aus Rechts­grün­den auch nicht geboten ist. Bloße Routi­ne­maß­nah­men sind daher ebenso wenig wie Negativ­be­funde zu dokumen­tie­ren, es sei denn, es besteht hierfür ein konkre­ter Anlass, etwa dann, wenn von vornher­ein ein bestimm­ter Verdacht auszu­räu­men war.

Sämtli­che Beweis­mit­tel der Zivil­pro­zess­ord­nung stehen zur Verfü­gung

Abseits dieser Aspekte, die den Prinzi­pien der Quali­täts- und Thera­pie­si­che­rung folgen, dient die Dokumen­ta­ti­ons­pflicht jedoch auch zweifels­frei der zivil­pro­zes­sua­len Funktion der Beweis­si­che­rung. Seit dem Inkraft­tre­ten des Patien­ten­rech­te­ge­set­zes im Februar 2013 gebie­tet § 630f Absatz 2 BGB ausdrück­lich die Aufzeich­nungs- und Aufbe­wah­rungs­pflicht von medizi­nisch gebote­nen Maßnah­men im vorge­nann­ten Sinne und stellt in § 630h Absatz 3 BGB die gesetz­li­che Vermu­tung auf, dass die nicht aufge­zeich­ne­ten, dokumen­ta­ti­ons­pflich­ti­gen Maßnah­men als nicht vorge­nom­men gelten.

Diese Fiktion ist jedoch nicht unwider­leg­lich. Die Vermu­tung des § 630h Absatz 3 BGB kann vielmehr durch den Beweis des Gegen­teils entkräf­tet werden (§ 292 ZPO). Hierzu stehen sämtli­che Beweis­mit­tel der Zivil­pro­zess­ord­nung zur Verfü­gung (§§ 371 bis 455 ZPO). Es ist oberge­richt­lich anerkannt[1], dass auch das schwächste Glied in der Kette der Beweis­mit­tel, die Partei­ver­neh­mung, in die richter­li­che Würdi­gung im Hinblick auf die Vermu­tungs­wi­der­le­gung einzu­be­zie­hen ist. Mit anderen Worten: Einer unter­las­se­nen Dokumen­ta­tion kann durch eine glaub­wür­dige und glaub­hafte Einlas­sung entge­gen­ge­tre­ten werden.

[1] Beispiels­weise: OLG Koblenz vom 4.7.2016 (Az.: 5 U 565/16); OLG Dresden vom 14.9.2017 (Az.: 4 U 975/17).