
Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hat im Laufe der Pandemie in der öffentlichen Diskussion enorm an Bedeutung gewonnen. Sie soll im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses das Leben und die Gesundheit der beschäftigten Arbeitnehmer schützen. Das Arbeitsschutzgesetz definiert wesentliche öffentlich-rechtliche Fürsorgepflichten. Und diese greifen auch bei Hitze.
Auch wenn kein unmittelbarer Anspruch auf „hitzefrei“ besteht, sehen die Technischen Regeln für Arbeitsstätten für Raumtemperatur (ASR A3.5) spätestens bei einer Überschreitung von 30 Grad Celsius in den Arbeitsräumen vor, dass der Arbeitgeber entsprechend wirksame Hitzeschutz-Maßnahmen ergreifen muss.
Diese sind zum Beispiel:
- effektive Steuerung des Sonnenschutzes
- effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen
- Lüftung in den frühen Morgenstunden
- Reduzierung der inneren thermischen Lasten
- Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
- Lockerung der Bekleidungsregelungen
- Festlegung zusätzlicher Entwärmungsphasen
- Nutzung von Ventilatoren
Ambulante Pflege und Intensivstationen besonders von Hitze belastet
Die Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten empfinden im Hinblick auf unangenehme Temperaturen besonders starke Belastungen. Neben den Raumluftinnentemperaturen in den Wohnungen der Pflegebedürftigen sind sie der Witterung, und damit der Hitze, zusätzlich beim Weg von Patient zu Patient ausgesetzt. Rund die Hälfte der ambulant Tätigen fühlten sich bereits in den noch kühleren 2000er Jahren ziemlich bis sehr belastet. In der Skala der Internationalen Next-Studie folgten gleich danach die Intensivkräfte, die mit rund 40 Prozent die Hitze oder Kälte als starke Belastung wahrnahmen.
Hitzewelle-Prävention in Nachbarländern teilweise schon weiter
Im Bereich der Hitze-Prävention bei Pflegekräften hinkt Deutschland im europäischen Vergleich hinterher. Moderne Produkte, wie z. B. innovative Kühlfunktionsbekleidungen, finden weitgehend keine Verwendung. In den Niederlanden und in der Schweiz werden seit drei Jahren in großem Umfang sog. Kühlwesten, nicht nur für hitze-sensible Patienten-Gruppen, sondern auch für das Pflegepersonal getestet. In Deutschland sind diese Kühlwesten oder auch Kühl-T-Shirts, die nach dem Verdunstungsprinzip mit Wasser funktionieren, derzeit noch kaum im Einsatz. Belegt ist, dass die Kühlwesten bei Hitze die Konzentration und die Leistungsfähigkeit der Pflegekräfte verbesserten.
Problembewusstsein für Klimawandel vorhanden, Lösungen fehlen noch
In Deutschland ist das Problembewusstsein in Bezug auf die höheren Sommertemperaturen zwar in den letzten Jahren ein wenig gewachsen. Die allgemeinen Tipps für die Gesundheitsberufe, die sogar mit Förderung des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) u.a. in Broschüren im Gesundheitsdienst verbreitet werden, klingen jedoch weiterhin eher sehr allgemein. Feuchte Umschläge für Nacken, Arme oder Beine zur Abkühlung, Verdunkelung der Räume, wenn Jalousien vorhanden, oder leichte Sommerkost sind keine wirklich neuen Ideen.
Bauliche Veränderungen bei Neu- oder Umbauten von Gebäuden, die z.B. Himmelsrichtung und den Verlauf der Sonneneinstrahlung berücksichtigen, oder gar Klimaanlagen als Standard für die Stationen und nicht nur für die OP-Räume, sind derzeit noch eher selten.
Die aktuelle DKG-Studie „Klimaschutz in deutschen Krankenhäusern“ hat dies offen gelegt und regt zur Verbesserung der Klimabilanz an.
Von Uta Kannengießer, avanti GmbH