Corona-Infizierte müssen sich ab dem 1. Mai nicht mehr verpflichtend in Isolation begeben. Ab dann sollen sie nämlich freiwillig entscheiden können, ob sie in Quarantäne wollen oder nicht. Vor allem bei Patientenschützerinnen und Patientenschützern trifft dies auf heftige Kritik: Sie sehen in der neuen Regelung eine große Gefahr für Hochrisikogruppen.
Das Statement von Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, auf Anfrage der Rechtsdepesche lautet hierzu: „Widersprüchlicher könnte die Nachricht der Gesundheitsminister kaum sein. Zunächst die Mahnungen vor der Ansteckung mit Corona. Die täglich transportierte Angst vor Leiden, Sterben und einem unkontrollierbaren Herbst. Jetzt, weg mit der Isolation“. Dies verharmlose die Infektion und spiele Corona-Leugnern in die Hände. Besonders für Hochrisikogruppen werde es immer gefährlicher, „diese Menschen leben schließlich mitten unter uns“, so Brysch weiter.
Der Epidemiologe Haji Zeeb vom Leibnitz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie forderte indes, dass die alten Regelungen zur Isolationspflicht von Corona-Infizierten beibehalten werden. „Wenn eine Person Symptome aufweist, dann sollte sie zu Hause die Corona-Infketion aussitzen, anstatt noch mehr Menschen anzustecken“, sagte Zeeb dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Da gerade die Omikron-Variante schnell weitergegeben werden kann, halte Zeeb es für sinnvoll eine Isolationspflicht von fünf Tagen unbedingt einzuhalten. Für Kontaktpersonen, die nicht positiv auf das Coronavirus getestet wurden, sei jedoch eine Quarantäne nicht mehr notwendig.
Lage in Krankenhäusern könnte sich verschärfen
Die Lage in den Krankenhäusern könnte sich aufgrund der neuen Regelung wieder verschärfen. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft sagte in einer Stellungnahme gegenüber der Rechtsdepesche: „Wir erwarten, dass sich durch die ausbleibende Quarantäne wieder mehr Menschen infizieren. Davon werden auch die Beschäftigten in den Krankenhäusern betroffen sein, die sich aufgrund ihres Arbeitsumfelds natürlich weiterhin isolieren müssten“.
Damit es nicht zu vielen infektionsbedingten Personalausfällen komme, müsse das Land mit möglichst niedrigen Inzidenzen in die Zeit ohne Quarantänepflicht starten. „Für die Lage in den Krankenhäusern ist es wichtig, dass die Inzidenz bis zum 1. Mai weiter spürbar sinkt“, sagte Gaß. Er appelliere weiterhin an die Eigenverantwortung jedes einzelnen.
Auch der Deutsche Pflegerat sieht den Verzicht auf eine Isolationspflicht kritisch. Gegenüber der Rechtsdepesche erklärte eine Sprecherin, dass vor allem Hochrisiko-Patientinnen und ‑Patienten „nun mehr als zuvor aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen“ seien, um Infektionen zu vermeiden. „Aus unserer Sicht wäre es zielführender gewesen abzuwarten, bis die Infektionszahlen anhaltend sinken, um Maßnahmen zu lockern“.
Quarantäne: Menschen in medizinischen Berufen von neuer Regelung ausgenommen
Am 4. April hatten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern darauf geeinigt, dass Corona-Infizierte und deren Kontaktpersonen ab 1. Mai in der Regel sich nicht mehr verpflichtend in Isolation begeben müssen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wolle dann auf „Freiwilligkeit“ setzen, wie er sagte. Von der Regel ausgenommen seien Beschäftigte im medizinischen Bereich, für alle anderen gebe as eine „dringende Empfehlung“, sich bei einer Infektion mit dem Coronavirus doch zu isolieren.
„Die jetzige Regelung funktioniere zwar, ist aber dauerhaft nicht notwendig“, sagte Lauterbach. Das Verfahren ab Mai beruhe „im Großen und Ganzen auf Freiwilligkeit“, so der Bundesgeunsheitsminister. Die Lockerungen sollen auch massenhafte Personalausfälle bei hohen Infektionszahlen vermeiden.