Pflegeheim
Ist die Mitar­bei­te­rin für den Tod dreier Menschen verant­wort­lich? Bild: Alexa / Pixabay

In Hildes­heim steht eine 46-jährige Mitar­bei­te­rin eines Pflege­heims wegen eines Corona­aus­bruchs mit drei Toten Ende 2021 vor Gericht.

Die Staats­an­walt­schaft ist überzeugt, dass die Frau diese Infek­ti­ons­kette in Gang gesetzt hatte. Denn sie soll mit einem gefälsch­ten Impfpass in der Senio­ren­ein­rich­tung gearbei­tet haben.

Der Frau, die zum Zeitpunkt der Infek­tio­nen nicht gewusst haben will, dass sie sich mit Corona angesteckt hatte, werden folgende Delikte vorge­wor­fen:

  • fahrläs­sige Tötung
  • fahrläs­sige Körper­ver­let­zung
  • Urkun­den­fäl­schung

Mit der Vorlage eines gefälsch­ten Impfaus­wei­ses soll sie eine zweifa­che Impfung gegen Covid-19 vorge­täuscht haben.

Laut Anklage hatte die Mitar­bei­te­rin Ende Novem­ber 2021 in dem Heim in einer Kaffee­pause einen Kolle­gen angesteckt. Insge­samt infizier­ten sich in den folgen­den Tagen und Wochen fünf Beschäf­tigte und elf Bewoh­ner. Drei Frauen im Alter von 80, 85 und 93 Jahren starben.

Persön­li­che Erklä­rung der Angeklag­ten

Die rechts­me­di­zi­ni­schen Unter­su­chun­gen ergaben, dass Covid-19 im Fall der 80-Jähri­gen die Todes­ur­sa­che war. Bei den anderen beiden seien andere Ursachen nicht auszu­schlie­ßen. In diesen Fällen wird der Angeklag­ten fahrläs­sige Körper­ver­let­zung zur Last gelegt. Sie war als Alltags­be­glei­te­rin beschäf­tigt, übernahm also keine pflege­ri­schen Tätig­kei­ten.

Seine Mandan­tin werde zur Sache keine Angaben machen, erklärte die Vertei­di­gung. Der Rechts­an­walt trug jedoch eine persön­li­che Erklä­rung der Angeklag­ten vor. Darin betont die Frau, dass sie keine Corona­leug­ne­rin sei.

Seine Mandan­tin habe keinen Kontakt zu den Verstor­be­nen gehabt, erklärte ihr Rechts­an­walt. Und weiter: „Der Tod ist im Alters­heim leider ein alltäg­li­cher Beglei­ter.

Seine Mandan­tin sei derzeit arbeits­los und in psycho­lo­gi­scher Behand­lung. Die Heimlei­tung hatte ihr frist­los gekün­digt, nachdem sie die Fälschung ihres Impfaus­wei­ses heraus­ge­fun­den hatte.

Pflege­heim: Zutritt mit negati­vem Schnell­test

Am ersten Prozess­tag wurden die stell­ver­tre­tende Heimlei­te­rin, der Heimlei­ter sowie der Kollege, den sie angesteckt haben soll, als Zeugen vernom­men. Es ging unter anderem um die Frage, ob auch andere das Virus einge­schleppt haben könnten, zum Beispiel Besucher. Notwen­dig für den Zutritt zum Heim war damals ein negati­ver Schnell­test.

Der Heimlei­ter schätzte die Besucher­zahl inner­halb von zwei Wochen auf etwa 150, die Besuche in der Zeit des Ausbruchs seien auch dokumen­tiert worden, aller­dings seien die Unter­la­gen aus Daten­schutz­grün­den wie vorge­schrie­ben vernich­tet worden. Insge­samt hat die Einrich­tung etwa 75 Beschäf­tigte und rund 120 Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner.

Die Ermitt­ler hatten die PCR-Abstri­che der verstor­be­nen Bewoh­ne­rin­nen, der Verdäch­ti­gen und ihres zwischen­zeit­lich an Covid-19 gestor­be­nen Lebens­ge­fähr­ten näher unter­su­chen lassen. Demnach könne eine zusam­men­hän­gende Infek­ti­ons­kette vermu­tet werden, hieß es von der Staats­an­walt­schaft im Juli. Aller­dings sei die Probe der Angeschul­dig­ten im Labor verse­hent­lich vernich­tet worden.

Drei Tage unent­deckt infiziert gearbei­tet

Die Angeklagte war nach Rückspra­che mit der stell­ver­tre­ten­den Heimlei­te­rin trotz der Corona­in­fek­tion ihres Sohnes 2021 am letzten Novem­ber-Wochen­ende zur Arbeit gekom­men.

Als Ungeimpfte hätte sie sich eigent­lich in häusli­che Isola­tion begeben müssen, jedoch nahm der Arbeit­ge­ber an, sie sei geimpft. Deshalb durfte sie mit einem negati­ven Schnell­test kommen. Zudem hatte sie der Zeugin zufolge stets FFP2-Maske getra­gen. Drei Tage soll die Angeklagte unbemerkt infiziert gearbei­tet haben, danach meldete sie sich krank.

Am Freitag dersel­ben Woche bemerkte der Kollege, mit dem sie montags zuvor einen Kaffee getrun­ken hatte, bei sich Erkäl­tungs­sym­ptome. Er sei dennoch zur Arbeit gegan­gen, weil er manch­mal morgens etwas Schnup­fen habe, sagte der Zeuge, zudem sei sein Schnell­test am Morgen negativ gewesen.

Weil sich sein Zustand verschlech­terte, habe er seine Schicht abgebro­chen.

Beim Kaffee­trin­ken in der Pause vor seiner Infek­tion habe er Abstand zu der Angeklag­ten gehal­ten, sagte der 39-Jährige im Gerichts­saal. Er habe später nicht vermu­tet, dass diese Kolle­gin ihn angesteckt habe.

„Ich hatte so viele Kontakte mit anderen Menschen dort. Sie war nur eine von vielen“, sagte der Alltags­be­glei­ter. Er war auf der Station einge­setzt, wo es zu dem Corona­aus­bruch kam. Angespro­chen auf die drei Toten sagte der Zeuge, er könne sich erinnern, dass er einer von ihnen das Frühstück ans Bett gebracht habe.

Angeklagte ist inzwi­schen geimpft

Die Fälschung des Impfpas­ses der Angeklag­ten war nur ans Licht gekom­men, weil sie ihre Vorge­setzte im Pflege­heim unter Tränen angeru­fen und berich­tet hatte, dass ihr Lebens­ge­fährte mit Corona ins Kranken­haus gekom­men sei, es ihm sehr schlecht gehe und sie die Entschei­dung über lebens­ver­län­gernde Maßnah­men treffen müsse.

„Da habe ich ihr gut zugere­det, dass er jung und geimpft ist“, sagte die 53-jährige Zeugin. Nach diesem Gespräch sei ihr dann erstmals der Verdacht gekom­men, dass die Mitar­bei­te­rin doch nicht geimpft sei und sie habe Nachfor­schun­gen angestellt. Nach Angaben ihres Vertei­di­gers ist die Angeklagte inzwi­schen geimpft.

Für den Prozess sind insge­samt zwölf Zeugen und drei Sachver­stän­dige geladen. Am 7. März sollen unter anderem Ärzte der gestor­be­nen Senio­rin­nen aus dem Pflege­heim gehört werden. Insge­samt sind fünf Verhand­lungs­tage angesetzt. Das Urteil könnte demnach am 21. März gespro­chen werden.

Quellen: Spiegel, Landge­richt Hildes­heim