Situationen, in denen medizinische Hilfe geleistet wird, sollen nicht unterbunden werden. Zugleich dürfen keine Leistungen zur Förderung illegalen Aufenthalts unternommen werden.
Situa­tio­nen, in denen medizi­ni­sche Hilfe geleis­tet wird, sollen nicht unter­bun­den werden. Zugleich dürfen keine Leistun­gen zur Förde­rung illega­len Aufent­halts unter­nom­men werden. Bild: © Isamphan | Dreamstime.com

Leistet man für eine auslän­di­sche Person ohne Aufent­halts­ti­tel medizi­ni­sche Hilfe, so wird dies häufig mit § 96 Absatz 1 des Aufent­halts­ge­set­zes (AufenthG) in Verbin­dung gebracht. Laut Gesetz stellt die Hilfe zu einem illega­len Aufent­halt eine Straf­tat dar, wenn

  1. der Helfende sich dadurch einen finan­zi­el­len Bonus verdient oder aber
  2. wieder­holt oder zuguns­ten mehre­rer Auslän­der ohne Aufent­halts­ti­tel handelt.

Die kosten­freie Erbrin­gung einer medizi­ni­schen Hilfe­leis­tung könnte letzte­rer Tatbe­stands­al­ter­na­tive zuzuord­nen sein. Das mögli­che Straf­maß sieht entwe­der eine Geldstrafe oder aber in schwe­ren Fällen bis zu fünf Jahren Haft für den Straf­tä­ter vor.

Medizi­ni­sche Hilfe keine Straf­tat nach Gesetz

Die Annahme, dass medizi­ni­sche Hilfe unter den Aspekt der Hilfe zum illega­len Aufent­halt gefasst wird, ist jedoch nicht korrekt:

Die Norm § 96 AufenthG „Einschleu­sen von Auslän­dern“ zielt – wie der Titel schon verrät – nicht darauf ab, Situa­tio­nen zu unter­bin­den, in denen medizi­ni­sche Hilfe angebo­ten wird. Haupt­ziel der Vorschrift ist nämlich die Bekämp­fung illega­ler Einwan­de­rung; sie richtet sich insbe­son­dere gegen organi­sierte Schlep­per­ban­den. Vor allem die Hilfe bei zum Beispiel der Wohnungs- oder Arbeits­platz­su­che stellt eine Leistung zur Förde­rung des illega­len Aufent­halts dar; steht die medizi­ni­sche Hilfe mit diesen Leistun­gen nicht im Einklang, so fällt sie eben aus der Straf­bar­keit gemäß § 96 AufenthG heraus.

Diffe­ren­ziert zu betrach­ten und recht­lich einfa­cher sind Unglücks­fälle oder Situa­tio­nen allge­mei­ner Gefahr oder Not. Hier gebie­tet die Rechts­lage die Pflicht zu helfen, ansons­ten kann man sich wegen unter­las­se­ner Hilfe­leis­tung gemäß § 323c StGBstraf­bar machen.

Im Übrigen besteht für Ärzte oder Pflege­kräfte keine Melde­pflicht gegen­über den Auslän­der­be­hör­den bezüg­lich des fehlen­den Aufent­halts­ti­tels. Hier greift das Gebot der ärztli­chen Schwei­ge­pflicht nach § 203 StGB bezie­hungs­weise § 88 Absatz 1 AufenthG.

Quelle: RDG 2011 (05), Seite 252