
Von einem „Meilenstein für die Pflege“ spricht die Pflegekammer NRW, die sich im Februar 2023 konstituiert hatte: Vor wenigen Tagen, am 10. April, hat das berufsständische Selbstverwaltungs-Gremium die Berufsordnung für Pflegefachpersonen verabschiedet. Das Regelwerk fasst auf 21 Paragrafen (1 bis 23, zwei davon unbesetzt) die beruflichen Pflichten, aber auch die Rechte der beruflich Pflegenden zusammen.
In dem mit neun DIN-A-4-Seiten kurzen und bündigen Werk sind etwa Regelungen zu allgemeinen Berufspflichten wie dem Handeln zum Wohle der Pflegeempfängerinnen und ‑empfänger sowie das Wahren der pflegefachlichen Professionalität enthalten, die Anzeige- und Meldepflicht von Berufspflichtverletzungen, Dokumentation, Fortbildung und Verantwortung in der Bildung und Forschung, Schweigepflicht, Datenschutz, der Beratung von Pflegeempfängern sowie das Verbot einer sittenwidrigen Unter- oder Überschreitung von gängigen Vergütungssätzen in der Pflege.
Bislang (redaktioneller Stand: 17. April 2025) existiert auf der Website der Pflegekammer nur die Entwurfsversion [PDF], mit der Veröffentlichung des endgültigen Volltexts dürfte in Kürze zu rechnen sein.
„Starkes Zeichen für Selbstbestimmung und Professionalität“
„Die Verabschiedung dieser Berufsordnung war längst überfällig. Sie ist ein starkes Zeichen für die Selbstbestimmung und Professionalität unseres Berufsstandes und zeigt erneut, wie die Kammer den Pflegefachpersonen in NRW den Rücken stärkt“, sagt Leah Dörr, Vorstandsmitglied der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen und Ressortverantwortliche für den Bereich Berufsfeldentwicklung. Von Anfang an habe sich die NRW-Pflegekammer dafür eingesetzt, dass die Pflege im Bundesland eine Berufsordnung bekommt. „Dieser Meilenstein wurde jetzt durch die Verabschiedung erreicht.“
Die Berufsordnung soll Pflegefachleuten Orientierung und Sicherheit im Berufsalltag bieten und betont in mehreren Punkten die Eigenverantwortung sowie das Vertrauen auf die eigene fachliche Expertise. Dies enthalte auch, ärztliche Anweisungen zu hinterfragen oder sogar abzulehnen. „Mit der Verabschiedung der Berufsordnung setzt die Pflegekammer NRW ein starkes Zeichen für die Professionalisierung. Sie schafft nicht nur eine klare berufliche Grundlage, sondern gibt Pflegenden ein Werkzeug an die Hand, dass ihre tägliche Arbeit aufwertet, schützt und strukturiert“, betont die Kammer mit Sitz in Düsseldorf.
„Die Berufsordnung bietet Pflegefachpersonen beispielsweise endlich umgangssprachlich gesprochen ‚ein Papier‘, das sie im Ernstfall zücken können, um zu sagen ‚dafür bin ich aber laut meiner Berufsordnung verpflichtet‘. Sie macht unsere Verantwortung sichtbar und schützt zugleich unsere beruflichen Grenzen“, so Leah Dörr weiter. Die Berufsordnung ziehe nebenbei eine Grenze zu berufsfremden Tätigkeiten wie etwa dem Pfortendienst.
Vorangegangene Diskussion in sieben Regionalkonferenzen
Die Pflegekammer NRW hatte seit Frühjahr 2024 sieben Regionalkonferenzen in Duisburg, Münster, Bonn, Bielefeld und Dortmund, sowie zwei im Online-Format, abgehalten, um die Meinung der Mitglieder zum Entwurf sowie Verbesserungswünsche einzuholen. Viele Anregungen aus diesen Veranstaltungen seien in den vorliegenden Entwurf aufgenommen worden, betont die berufsständische Vertretung der Pflege im einwohnerstärksten Bundesland.
„Die breite Beteiligung unserer Mitglieder war entscheidend für die Akzeptanz der Berufsordnung. Viele Pflegefachpersonen haben die Regionalkonferenzen genutzt, um konkrete Rückmeldungen zu geben – sei es zur Abgrenzung von Berufs- und Arbeitsrecht oder zur beruflichen Eigenverantwortung. Die Rückmeldungen haben geholfen die Berufsordnung praxisnah und tragfähig zu gestalten“, sagt Ilka Mildner, Vorstandsmitglied der Pflegekammer NRW und Ressortverantwortliche für den Bereich Partizipation und Mitgliederbefragung. Im Dezember 2024 war der Schlussentwurf fertig.
Mit der eigenen Berufsordnung zieht die Pflege in NRW mit anderen Gesundheitsberufen wie Ärzten, Psychotherapeuten oder Apothekern gleich – sowie weiteren Kammer-Berufen wie Rechtsanwälten oder Architekten, wo es ebenfalls berufliche Statuten auf Landesebene gibt. Bereits seit Anfang 2020 ist in Rheinland-Pfalz eine Berufsordnung in Kraft.
Nur zwei Bundesländer haben eine Pflegekammer
Das Südwest-Bundesland ist das einzige neben Nordrhein-Westfalen, in dem es eine Pflegekammer gibt. In Baden-Württemberg war der Anlauf zur Gründung einer Landes-Pflegekammer im Juni 2024 gescheitert: Zu viele der rund 120.000 Pflegekräfte im Land hatten sich bei der Befragung gegen eine solche Kammer ausgesprochen, wodurch das Quorum der – sozusagen – stillschweigend Einwilligenden verfehlt wurde.
In Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten sich Pflegekammern gebildet, die aber nach einem mehrheitlichen Votum der Pflegekräfte im Jahr 2024 wieder aufgelöst wurden. In den anderen Bundesländern sind derzeit keine Schritte geplant, Pflegekammern zu errichten. Bayern ist den Sonderweg eines Pflegerings, der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, gegangen. Die Mitgliedschaft dort ist freiwillig und beitragsfrei; die Mittel für den laufenden Betrieb des Gremiums stammen aus dem Haushalt des Freistaats.