
Verantwortlichkeiten und Entscheidungswege bei der Indikationsstellung einer Stuhldrainage
Die Entscheidung zur Anlage von Stuhldrainage fällt in den Verantwortungsbereich der Ärzte, insbesondere in den gastroenterologischen, innermedizinischen oder chirurgischen Fachbereichen, abhängig von der Diagnose und dem klinischen Zustand des Patienten. Es müssen dabei verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, darunter die diagnostischen Kriterien, die den Einsatz einer Drainage rechtfertigen, wie beispielsweise eine chronische Diarrhoe oder sakrale Wunden, sowie der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten, insbesondere bei neurologischen Erkrankungen oder Immobilität.
Zudem ist es essenziell, alternative Therapieoptionen, wie medikamentöse oder diätetische Maßnahmen, zu prüfen, um sicherzustellen, dass die Drainage die bestmögliche Lösung darstellt. Die ärztliche Indikationsstellung unterliegt einer umfassenden Risiko-Nutzen-Abwägung, die mögliche Komplikationen wie anatomische Veränderungen im Rektum oder die hochdosierte Gabe von Katecholaminen einschließt. Gemäß § 630e BGB sind Ärzte verpflichtet, den Patienten detailliert über Zweck, Verfahren, Risiken und mögliche Alternativen aufzuklären, um ihm eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.
Während die ärztliche Anordnungsverantwortung sicherstellt, dass die medizinische Notwendigkeit einer Stuhldrainage korrekt bewertet wird, liegt die Durchführungsverantwortung bei den Pflegekräften, die die Maßnahme basierend auf der ärztlichen Anordnung fachgerecht umsetzen müssen. Dabei sind Hygienestandards gemäß Infektionsschutzgesetz und den RKI-Richtlinien strikt einzuhalten, um Infektionsrisiken zu minimieren.
Insoweit verpflichtet § 276 BGB die Pflegekräfte zur sach- und fachgerechten Durchführung unter Berücksichtigung pflegerischer Sorgfaltspflichten, um potenzielle gesundheitliche Schäden oder Risiken für den Patienten zu vermeiden. Eine adäquate Qualifikation der Pflegekräfte ist hierfür unerlässlich, sodass regelmäßige Fortbildungen zur sicheren Anwendung der Drainage beitragen.
Die korrekte Anlage einer Stuhldrainage muss den geltenden medizinischen Leitlinien entsprechen, was die Nutzung evidenzbasierter Methoden zur Infektionsprävention, eine umfassende Dokumentation zur rechtlichen Absicherung sowie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften erfordert. Ein strukturierter Austausch zwischen den Berufsgruppen fördert nicht nur die Qualitätssicherung, sondern trägt entscheidend zur Patientensicherheit bei und optimiert den Behandlungsprozess. Nur durch eine enge Kooperation aller Beteiligten kann gewährleistet werden, dass die Stuhldrainage sowohl medizinisch sinnvoll als auch rechtlich korrekt durchgeführt wird.
Dokumentation
Durch eine sorgfältige, vollständige Dokumentation wird nicht nur die Qualität der Patientenversorgung sichergestellt, sondern auch die juristische Verantwortlichkeit aller Beteiligten klar nachvollziehbar geregelt. Jede Maßnahme sollte im Zusammenhang mit einer Stuhldrainage präzise dokumentiert werden, um rechtliche Absicherung zu gewährleisten und spätere Konflikte zu vermeiden.
Dies umfasst sowohl die Indikationsstellung als auch die Durchführung, einschließlich der Wahl des Drainagesystems, der technischen Umsetzung, der Patientenaufklärung sowie auftretender Komplikationen und deren Management.
Änderungen am Behandlungsplan sind lückenlos zu erfassen, fachlich zu begründen und nachvollziehbar darzustellen. Sowohl Ärzte als auch Pflegekräfte tragen die Verantwortung für eine rechtssichere Dokumentation: Ärzte müssen die Indikation, Risiken, Nutzenabwägung und therapeutische Alternativen festhalten, während Pflegekräfte die sachgerechte Anwendung, den Zustand des Patienten, auftretende Abweichungen sowie durchgeführte pflegerische Maßnahmen dokumentieren. Rechtlichen Niederschlag hat die Dokumentation in § 630f BGB gefunden.
Eine belastbare Dokumentation im Zusammenhang mit einer Stuhldrainage sollte folgende Aspekte umfassen:
- Indikationsstellung inklusive medizinischer Notwendigkeit und Alternativen
- Ärztliche Anordnung mit genauen Vorgaben zur Durchführung
- Auswahl und Platzierung der Drainage unter Berücksichtigung hygienischer Standards
- Patientenreaktionen, Beschwerden oder Komplikationen
- Maßnahmen zur Problemlösung und ärztliche Rücksprache bei Abweichungen
- Verlaufskontrolle und Evaluierung der Effektivität
Eine konsequente und lückenlose Dokumentation stellt nicht nur eine essenzielle Grundlage für die Qualitätssicherung und rechtliche Absicherung dar, sondern gewährleistet auch die optimale Patientenversorgung durch eine transparente und nachvollziehbare Kommunikation zwischen allen Beteiligten.
Kommunikation zwischen den Berufsgruppen
Die interdisziplinäre Kooperation zwischen medizinischem und pflegerischem Fachpersonal stellt eine grundlegende Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sowie die Minimierung potenzieller Risiken dar. Insbesondere eine präzise und strukturierte Kommunikation erweist sich als essenziell, um klinische Probleme frühzeitig zu identifizieren und adäquate therapeutische Maßnahmen zeitnah einzuleiten. Pflegefachkräfte, die in unmittelbarem Kontakt mit den Patienten stehen, übernehmen eine zentrale Funktion bei der Indikationsstellung für eine Stuhldrainage, da sie Veränderungen des Gesundheitszustands unmittelbar erfassen und bewerten können.
Durch die Implementierung strukturierter Abstimmungsprozesse und die systematische Dokumentation relevanter Informationen lässt sich die Indikationsstellung optimieren, die Fehlerquote reduzieren und die Behandlungsergebnisse verbessern. Die in den Abstracts der 55. Gemeinsamen Jahrestagung der DGIIN und ÖGIAIN (Med Klin Intensivmed Notfmed 119, 422–446 (2024)) vorgestellten guten Ergebnisse der klinischen Studie zur Sicherheit und Leistungsfähigkeit der hygh-tec® basic-plus Stuhldrainage lassen sich unter anderem auch auf die enge Zusammenarbeit des ärztlichen und pflegerischen Teams zurückführen.
Besondere Bedeutung erlangt die Kommunikation in ambulanten sowie arztfernen Versorgungssettings. In der perianalen Wundversorgung stuhlinkontinenter Patienten beispielsweise ist ein engmaschiger fachlicher Austausch erforderlich, um das Risiko nosokomialer Infektionen zu minimieren.
Ein weiterer essenzieller Aspekt betrifft die gezielte fachliche Schulung des Pflegepersonals im Umgang mit Stuhldrainagesystemen. Regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen fördern die Kompetenzentwicklung und ermöglichen die frühzeitige Identifikation kritischer klinischer Situationen, sodass eine adäquate ärztliche Weiterleitung gewährleistet werden kann. Besonders die rechtzeitige Diagnose von Krankheitsbildern wie der Inkontinenz-assoziierten Dermatitis (IAD) durch Pflegefachkräfte sowie die darauf basierende interdisziplinäre Entscheidungsfindung tragen wesentlich zur Optimierung der Patientenversorgung bei.
Durch eine systematische und evidenzbasierte interdisziplinäre Konsultation lassen sich medizinische sowie pflegerische Maßnahmen effizient unter Berücksichtigung klinischer Leitlinien und wissenschaftlich fundierter Kriterien ableiten, wodurch die Versorgungsqualität langfristig verbessert werden kann.
Prävention und Früherkennung bei Stuhldrainagen
Die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen medizinischem und pflegerischem Fachpersonal ist unerlässlich, um potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und gezielte präventive Maßnahmen einzuleiten. Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die gezielte Modifikation der Stuhlkonsistenz, um Komplikationen wie intestinale Okklusionen oder Hautirritationen zu vermeiden. Die ärztlich verordnete Gabe von Lactulose stellt hierbei eine bewährte Strategie zur Regulation der Stuhlkonsistenz dar.
Pflegefachkräfte übernehmen eine zentrale Rolle in der kontinuierlichen Überwachung der therapeutischen Wirkung und sind verantwortlich für die zeitnahe Weiterleitung relevanter Veränderungen an die behandelnden Ärzte. Die Infektionsprävention bildet eine weitere essenzielle Säule der Versorgungsqualität. Durch die enge Abstimmung mit Krankenhaushygienikern, die Implementierung gezielter Hygienemaßnahmen sowie die regelmäßige und rasche Laborauswertung kann das Risiko für nosokomiale Infektionen signifikant reduziert werden.
Eine effiziente Kommunikation hinsichtlich kritischer Laborbefunde ist von höchster Bedeutung, um unverzüglich klinische Interventionen einzuleiten und die Ausbreitung pathogener Erreger zu verhindern. Zur nachhaltigen Optimierung der Patientenversorgung ist die kontinuierliche Fortbildung des medizinischen und pflegerischen Personals unerlässlich.
Der Fokus sollte hierbei auf evidenzbasierten Strategien liegen, darunter die korrekte Handhabung von Stuhldrainagesystemen, die konsequente Umsetzung hygienischer Protokolle sowie die frühzeitige Identifikation potenzieller Komplikationen. Eine strukturierte und koordinierte Zusammenarbeit sowie präventivmedizinische Ansätze tragen wesentlich dazu bei, die Versorgungsqualität langfristig und effektiv zu verbessern.
Psychologische Betreuung
Neben der physischen Belastung stellt eine Stuhldrainage auch eine erhebliche emotionale Herausforderung für die Betroffenen dar. Ängste, Schamgefühle und Unsicherheiten können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Daher ist eine einfühlsame und verständliche Kommunikation durch Ärzte und Pflegekräfte essenziell, um Sorgen zu nehmen und das Vertrauen der Patienten zu stärken.
Eine umfassende Patientenedukation durch gezielte Schulungen und leicht zugängliche Informationsangebote unterstützt sowohl die Betroffenen als auch deren Angehörige dabei, sich besser auf die Situation einzustellen.
Eine individualisierte und respektvolle Ansprache kann das Wohlbefinden erheblich verbessern und das Gefühl von Autonomie fördern. Besonders wichtig ist es, den Patienten das Gefühl zu vermitteln, dass ihre Situation ernst genommen wird und sie aktiv in den Behandlungsprozess eingebunden sind. Studien zeigen, dass eine angemessene psychosoziale Betreuung nicht nur die Akzeptanz der Maßnahme erhöht, sondern auch langfristig das Behandlungsergebnis positiv beeinflussen kann. Ein frühzeitiger Einbezug psychologischer Fachkräfte kann helfen, Ängste zu reduzieren und die emotionale Resilienz der Patienten zu stärken.
Fazit
Die kooperative Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften ist essenziell für eine sichere und effektive Anwendung von Stuhldrainagen. Durch eine klare Aufgabenverteilung, offene Kommunikation und präzise Dokumentation werden sowohl die Patientensicherheit als auch die Qualität der Behandlung maßgeblich verbessert. Zusätzlich helfen gezielte Präventionsmaßnahmen, kontinuierliche Schulungen und rechtliche Vereinbarungen dabei, Infektionsrisiken zu minimieren und die Versorgung nachhaltig zu optimieren.
Darüber hinaus fördert die strukturierte Teamarbeit nicht nur bessere medizinische Ergebnisse, sondern auch eine gesteigerte Lebensqualität der Patienten. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Entlastung der Fachkräfte: Eine gut koordinierte Zusammenarbeit reduziert die individuelle Belastung jedes Teammitglieds, stärkt das Vertrauen und verbessert das Arbeitsklima, was sich wiederum positiv auf die gesamte Patientenversorgung auswirkt. Ein harmonisches und effizientes Team schafft somit nicht nur optimale Bedingungen für die Behandlung, sondern auch für das Wohlbefinden aller Beteiligten.
Von Mike Becker und Michael Schanz
Weiterführende Literatur:
- Großkopf, Volker; Klein, Hubert: Recht in Medizin und Pflege, 6. Auflage, G&S Verlag, Köln 2025.