Stuhldrainagesysteme auf der Intensivstation
Gerade im inten­sv­me­di­zi­ni­schen Bereich wird beson­de­rer Wert auf verläss­li­che und effizi­ente Versor­gungs­sys­teme gelegt. Dies gilt selbst­ver­ständ­lich auch für Stuhl­drai­na­ge­sys­teme (Symbol­bild). Bild: Sudok1/Dreamstime

Die Krite­rien zur Beschaf­fung von Medizin­pro­duk­ten sind oftmals primär ökono­mi­scher Natur. Es ist jedoch irrtüm­lich anzuneh­men, dass Produkte einer bestimm­ten Katego­rie (hier: Darm-Drainage-Systeme) unabhän­gig vom Herstel­ler grund­sätz­lich die gleiche formale Funkti­ons­er­fül­lung garan­tie­ren und bezüg­lich Quali­tät, Funktio­na­li­tät und Handha­bung weitge­hend austausch­bar sind.[1] Verbleibt der Preis als einzi­ges Entschei­dungs­kri­te­rium kann dies zu schlech­ten Heilungs­ver­läu­fen und finan­zi­el­len Einbu­ßen führen.

Es liegt auf der Hand, dass unter­schied­li­che Produkt­de­signs und Materia­lien auch unter­schied­li­che Quali­täts­er­geb­nisse erzie­len, die mitun­ter auch den Thera­pie­vor­ga­ben zuwider­lau­fen können. Führt die Anwen­dung von medizi­ni­schen Hilfs­mit­teln nicht zum beabsich­tig­ten Erfolg, wirkt sich dies nicht nur negativ auf den Gesund­heits­zu­stand des Patien­ten aus, sondern beansprucht auch zusätz­li­che materi­elle und perso­nelle Ressour­cen zur Kompen­sa­tion des Defizits.

Relevanz der Inter­ven­tio­nen bei Patien­ten mit Stuhl­in­kon­ti­nenz

Eine unver­sorgte Stuhl­in­kon­ti­nenz stellt ein Infek­ti­ons­ri­siko dar, beein­träch­tigt die Schutz­funk­tion der Haut, verzö­gert die Sekun­där­hei­lung und löst Konta­mi­na­tio­nen der periana­len Umgebung aus. Bei bettlä­ge­ri­gen Kranken­haus­pa­ti­en­ten, die beispiels­weise durch Antibio­tika, Schon­kost oder Krank­heits­er­re­ger an dünnflüs­si­gem Durch­fall leiden, sind daher beglei­tend zu den Maßnah­men der Basis­hy­giene spezi­fi­sche Hygiene- und Präven­ti­ons­maß­nah­men zu beach­ten.

Zur Vermei­dung von Infek­tio­nen und schwe­ren Hautir­ri­ta­tio­nen werden insbe­son­dere auf Inten­siv­sta­tio­nen bei den Patien­ten mit teilwei­ser oder völli­ger Darmin­kon­ti­nenz invasive Stulhl­drai­na­ge­sys­teme in den After einge­führt. Zur Thera­pie­un­ter­stüt­zung stehen dem medizi­nisch-pflege­ri­schen Perso­nal verschie­dene Stuhl­drai­na­ge­sys­teme zur Verfü­gung, die eine konti­nu­ier­li­che Ablei­tung des Stuhl­gangs ermög­li­chen.

Die moderne Genera­tion der Stuhl­drai­na­gen wird durch das hygh-tec® basic plus-System reprä­sen­tiert. Das System verfügt über membran­ar­tige, komplex­aus­ge­formte Ballon­kom­po­nen­ten aus Polyure­than (PUR), deren Wandstär­ken mikro­sko­pisch dünn und dennoch sehr belast­bar sind. Hierdurch wird eine körper­syn­chrone Dichtung ermög­licht.

Während konven­tio­nelle stuhl­ab­lei­tende Systeme zwar eine ankernde, aber keine dichtende Bauweise aufwei­sen, ist die Dichtung und der passge­naue Sitz des hygh-tec® basic plus-Systems das entschei­dende bauli­che und funktio­nelle Merkmal. Aufgrund der Darmpe­ris­tal­tik werden die herkömm­li­chen Produkte oftmals über das Rektum heraus­ge­scho­ben, sodass der Stuhl para läuft und die Gefah­ren der inkon­ti­nenz­as­so­zi­ier­ten Derma­ti­tis (IAD) bis hin zu rekur­ren­ten Selbst­schä­di­gung (Exkora­tion) und dem Verlust der schüt­zen­den Barrie­re­funk­tion der Haut entste­hen können.

Bei den bis zum Jahr 2016 vorhan­de­nen Syste­men stellen die Unfall­chir­ur­gen Marcus Öhlbauer und Britta Wallner auf diese Konse­quen­zen ab, indem sie den, bis zu diesem Zeitpunkt am Markt befind­li­chen Syste­men attes­tie­ren:[2]

„Eine völlige Dichtig­keit, vor allem für Stuhl­was­ser, ist aber zumeist auch mit diesen Darmma­nage­ment­sys­te­men nicht zu errei­chen, sodass dies über eine erhöhte Frequenz der Verband­wech­sel kompen­siert werden muss“.

Ökono­mi­sche Krite­rien

Aus betriebs­wirt­schaft­li­cher Sicht verur­sacht diese erhöhte Frequenz des Verbands­wech­sel zum einen Mehrkos­ten durch den erhöh­ten Verbrauch von Verbands­stof­fen, Wundspül­mit­tel etc. und schlägt zudem unver­hält­nis­mä­ßig auf die Kosten für den Perso­nal­auf­wand durch. Kalku­la­ti­ons­pos­ten entste­hen durch den Zeitauf­wand für die Reini­gung des Patien­ten, das Herrich­ten des Bettes und die hygie­ni­sche Aufbe­rei­tung der Patien­ten­klei­dung und Bettwä­sche.

Auch kann es durch die Undich­tig­keit der Silikon­drai­na­gen zu Stuhl­kon­ta­mi­na­tio­nen der periana­len Wunde kommen, an die die Behand­lungs­not­wen­dig­keit einer anschlie­ßen­den Infek­ti­ons­be­kämp­fung geknüpft ist. Dieses wieder­rum verlän­gert den Abhei­lungs­pro­zess um ein Vielfa­ches, fördert die Immobi­li­tät und erhöht die Verweil­dauer des Patien­ten im Kranken­haus.

Der Kosten-/Nutzen­ver­gleich von Stuhl­drai­na­ge­sys­te­men

Unter Einbe­zug der aktuel­len Studi­en­la­gen hat Sebas­tian Kruschwitz, Fachbe­reichs­lei­ter Wundma­nage­ment beim Berli­ner Zentrum für Beatmung und Inten­siv­pflege im „Storkower Bogen“ auf der Basis seiner Anwen­dungs­be­ob­ach­tun­gen in einer Kosten-/Nutzen-Analyse von verfüg­ba­ren Stuhl­drai­na­ge­sys­teme erstellt.

Bei Patien­ten, die an langan­hal­ten­dem dünnflüs­si­gem Durch­fall litten, wurde anhand der folgen­den Varian­ten ein grober Kosten­ver­gleich erstellt:

  1. Diarrhoe bei Stuhl­in­kon­ti­nenz ohne Stuhl­drai­na­ge­sys­tem
  2. Diarrhoe bei Stuhl­in­kon­ti­nenz mit Stuhl­drai­na­ge­sys­tem (Silikon-Ballon-Technik)
  3. Diarrhoe bei Stuhl­in­kon­ti­nenz mit Stuhl­drai­na­ge­sys­tem (Polyure­than-Ballon-Technik)

Ohne Berück­sich­ti­gung der vielfäl­ti­gen, weite­ren finan­zi­el­len Neben­ef­fekte einer insuf­fi­zi­en­ten Stuhl­drai­nage waren die Kosten für den Material- und Zeitauf­wand bei dem Stuhl­drai­na­ge­sys­tem alleine nur unter Berück­sich­ti­gung der veran­schlag­ten Kosten für die Arbeits­zeit mit Polyure­than-Ballon-Technik bei einem sechs­fa­chen Stuhl­gang inner­halb von 24 Stunden mit Abstand am günstigs­ten (30 Euro). Dies war unter anderem darauf zurück­zu­füh­ren, dass hier im Berech­nungs­zeit­raum nur eine Reini­gungs­maß­nahme erfol­gen musste.

Für die mit einem Stuhl­drai­na­ge­sys­tem mit Silikon-Ballon-Technik versorgte Patien­ten­gruppe wurden bei gleicher Anzahl der Stuhl­gänge aufgrund der system­be­ding­ten Dichtig­keit drei Reini­gungs­maß­nah­men erfor­der­lich, was am Ende zu Tages­kos­ten in Höhe von 90 Euro führte.

Die Tages­kost­en­er­geb­nis in der Gruppe der stuhl­in­kon­ti­nen­ten Patien­ten ohne Draina­ge­sys­tem fiel mit Abstand am ungüns­tigs­ten aus. Hier waren 180 Euro zu verzeich­nen.

Dieser grobe Kosten­ver­gleich beansprucht keine allge­meine Geltung, sondern kann ledig­lich als Orien­tie­rungs­hilfe zur Erstel­lung einer eigenen Kosten-/Nutzen-Analyse dienen. Deutlich wird jedoch, je insuf­fi­zi­en­ter das Stuhl­drai­na­ge­sys­tem bei Patien­ten mit langan­hal­ten­dem dünnflüs­si­gem Durch­fall ist, desto unöko­no­mi­scher stellt sich die Versor­gungs­si­tua­tion dar.

Fazit

Bei der zuver­läs­sig dichten­den a‑traumatischen hygh-tec® basic plus-Stuhl­drai­nage, steht vor allem die Entlas­tung des Patien­ten mit Stuhl­in­kon­ti­nenz im Vorder­grund. Neben der Vermei­dung von inkon­ti­nenz­as­so­zi­ier­ten Infek­ti­ons­pro­ble­men wird auch ein positi­ves Patien­ten­out­come durch die Reduk­tion von Scham‑, Ekel- und Peinlich­keits­ge­füh­len erreicht.

Hinzu kommt, dass die PUR-typische elasti­sche Verfor­mung und das Produkt­de­sign der Kathe­ter­tech­nik die Mobili­sie­rung des Patien­ten ermög­licht. Durch diese Effekte und die Arbeits­zeit­er­spar­nis können durch den System­ein­satz im Arbeits­all­tag erheb­li­che Kosten­ein­spa­run­gen verzeich­net werden. Der Einkauf als Schnitt­stelle zwischen Medizin und Ökono­mie sollte dies in seinen Kalku­la­tio­nen berück­sich­ti­gen.

Von Mike Becker

Anmer­kun­gen:

  1. von Eiff W u.a.: „Throm­bo­se­pro­phy­laxe Klini­sche und ökono­mi­sche Effekte von Prophy­la­xestrümp­fen“, S. 91. Sprin­ger Medizin, München 2014.
  2. Lehnhardt M: „Verbren­nungs­chir­ur­gie“, S. 281, Sprin­ger, Berlin/Heidelberg 2016