
Im Pflegealltag einen kühlen Kopf zu bewahren, fällt nicht immer leicht: urplötzlich auftretende medizinische Notfälle, schwierige Patienten beziehungsweise Bewohner, personelle Unterbesetzung oder auch die Kolleginnen und Kollegen selbst. Schließlich ist der fachliche Kenntnisstand im Team unterschiedlich, jeder hat Stärken und Schwächen, „geliebte“ und eher „ungeliebte“ Arbeiten. Alle pflegen ihre kleinen Marotten und jeder bringt seine eigene Persönlichkeit mit.
Angesichts alledem kann es vorkommen, dass der Umgangston zwischen den Kollegen rabiat und gereizt wird, oder schwelende Konflikte offen ausbrechen. Dies wiederum führt zu wachsender Unzufriedenheit auf der Arbeit, vermehrten Krankmeldungen, welche die Situation noch weiter verschlimmern, und schlimmstenfalls zu Kündigungen. Doch Pflegekräfte, die sich dem Problem bewusst sind, können mit gezielten Strategien gegensteuern, sollten sich konfliktträchtige Situationen häufen. Hier unsere Tipps für eine bessere Kommunikation und einen entspannteren Arbeitsalltag!
Tipp #1: Auf Körpersprache achten!
Auch wenn der Arbeitstag noch so stressig ist: Mit einer adäquaten, entspannt-positiven Körpersprache lassen sich viele Konflikte von vornherein vermeiden und der Umgangston bleibt fair. Schon ein einfaches, leichtes Lächeln kann Wunder bewirken: Wenn man selbst positiv herüberkommt, ist die Chance groß, dass der Gegenüber sich davon „anstecken“ lässt und selbst zurücklächelt. Außerdem fühlt man sich selbst automatisch besser, wenn man mit einer positiven Grundhaltung durch den Tag und die Arbeitsschicht geht.
Auch eine richtige Atemtechnik bewirkt Gutes: Nehmen Sie sich (auch und gerade in hektischen Situationen!) Zeit, einige Male gezielt tief ein- und auszuatmen – und das Gefühl des Gestresst-Seins nimmt automatisch ab.
Diese Tipps sind gerade wichtig, kommt es zu Situationen mit Teammitgliedern, die Konfliktpotenzial bergen. Wer auch bei Vorwürfen oder herablassenden Bemerkungen Ruhe bewahrt und erstmal tief durchatmet, hat dem Gegenüber schon ein wenig „Wind aus den Segeln“ genommen.
Tipp #2: Den Gegenüber einbeziehen – lernen, richtig zu kommunizieren
Kommt es zu Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten, ist es hilfreich, sich bei der Argumentation in den Gegenüber hineinzuversetzen, die Interessenlage des Gesprächspartners verstehen zu versuchen – und erst dann den eigenen Standpunkt herauszustellen. Dies signalisiert dem Teammitglied, dass man dessen Belange ernst nimmt, ermöglicht aber gleichzeitig, sich zu behaupten. Klar kann in Konfliktsituation nicht immer ein sanfter Umgangston bewahrt werden, vor allem, wenn es um brenzlige Situationen geht, allerdings ist das auch kein Grund unsachlich zu werden.
Ein Beispiel: Eine Kollegin bittet sie zum x‑ten Mal, für Sie einzuspringen. Bisher haben Sie ihr den Wunsch immer erfüllt, aber an dem Termin, um den es geht, haben Sie sich auf einen freien Abend gefreut. Statt „Warum fragst Du immer mich?“ oder „Das hat mir gerade noch gefehlt“ könnte man beispielsweise sagen: „Ich kann verstehen, dass die Schicht für Dich ungünstig ist. Gerne helfe ich Dir, leider habe ich mir aber diesmal selbst etwas vorgenommen. Vielleicht ist aber jemand anders im Team bereit, den Dienst zu übernehmen.“ Ebenso wichtig ist es, den Gegenüber ausreden zu lassen – und sich, wenn man unterbrochen wird, das Wort freundlich, aber bestimmt zurückzuholen:„Augenblick, ich war noch nicht ganz fertig.“
Einige anschauliche Beispiele für typische Kommunikationsfehler in der Pflege, und wie es besser geht, hat das Pflege-Jobportal „Medwing“ in einem Beitrag zusammengestellt.
Tipp #3: Austausch im Team fördern und Umgangston verbessern
Ganz wichtig ist, wenn man den Umgangston auf Station verbessern will, die Kolleginnen und Kollegen „mitzunehmen“ und sich bei seinem Vorhaben Verbündete zu suchen. So ist es denkbar, das Thema etwa bei der Übergabe oder einer Teamsitzung anzusprechen.
Etwa: „Wir haben alle einen herausfordernden Arbeitsalltag. Ich würde mich freuen, wenn wir versuchen, trotz alledem besser miteinander zu kommunizieren, denn manchmal führt zu Missverständnissen und Unstimmigkeiten. Wie wäre es, wenn wir uns hierüber mal separat austauschen und schauen, wie es besser ginge?“ Gegen eine bessere Arbeitsatmosphäre dürfte niemand etwas einzuwenden haben – und man ist nicht mehr auf sich alleine gestellt.
Hat man die übrigen Teammitglieder, und vielleicht sogar die Vorgesetzten, überzeugt, etwas für einen besseren Umgangston zu tun, bietet es sich an, Abmachungen zu treffen und diese schriftlich festzuhalten.
Dies kann in Form von kleinen Leitsätzen geschehen. Beispielsweise: „Wir hören einander zu und lassen uns ausreden“, „Jeder hat das Recht, Kritik zu äußern, wenn einem etwas nicht passt. Dies machen wir jedoch in einer sachlichen Form, ohne persönliche Angriffe“ et cetera.
Tipp #4: Die Leitung mit ins Boot nehmen
Ebenso sinnvoll, wie das Thema im Kollegenkreis zu besprechen, ist es, Vorgesetzte miteinzubeziehen – also etwa die Stations- oder Pflegedienstleitung. Idealerweise hat man, siehe vorheriger Punkt, schon „Mitstreiter“ gesammelt, mit denen man sein Anliegen gemeinsam vortragen kann.
In ebenso positiver Weise wie im Gespräch mit dem Gegenüber (siehe zweiter Punkt) sollte man bei der Leitung argumentieren. „Wir leisten hier im Team sehr viel, aber in einigen Situationen könnten wir noch besser miteinander umgehen. Wenn uns das gelingt, hat auch die ganze Einrichtung etwas davon.“ Sollte die oder der Vorgesetzte nicht darauf eingehen, empfiehlt es sich – falls vorhanden – auf Betriebsrat bzw. Personalrat oder Mitarbeitervertretung zuzugehen.
Tipps für das Gespräch mit den Vorgesetzten hat die Fachkräfte-Vermittlung „Consil-Med“ in einem Blog-Beitrag gesammelt.
Tipp #5: Entgleisungen nicht tolerieren
Klar kann jeder mal einen schlechten Tag haben – Entgleisungen sollten allerdings nicht stillschweigend hingenommen werden. Sonst könnten Grenzen immer wieder überschritten werden, was langfristig einen schlechten Umgangston im Team normalisieren könnte. Vor allem Mobbing und Beleidigungen sollten unter keinen Umständen toleriert werden. In solchen Fällen sind auch rechtliche Schritte möglich.
Beleidigung ist nämlich gemäß § 185 StGB strafbar. Wichtig ist hier klar belegen zu können, dass es sich bei der Entgleisung tatsächlich um eine Beleidigung gehandelt hat. Generell wird als Beleidigung ein Angriff auf die Ehre eines anderen durch die Kundgabe eigener Missachtung oder Nichtachtung bezeichnet. Im Wesentlichen geht es hier also um beleidigende Meinungsäußerungen – strafbar in diesem Zusammenhang können aber auch unwahre Tatsachenbehauptungen sein, sofern sie dem Betroffenen gegenüber direkt geäußert werden. Andernfalls handelt es sich um üble Nachrede oder Verleumdung.
Wichtig ist: Nicht nur verbale Beleidigungen wie „Arschloch“ stehen unter Strafe. Auch beleidigende Gestiken wie der Mittelfinger können rechtliche Konsequenzen haben. Strafbar macht sich auch der Arbeitgeber, wenn er gegen Mobbing und Beleidigung nichts tut. Er verstößt damit gegen seine Fürsorgepflicht (§ 241 Absatz 2 BGB).