Stress, Herztod
Stress kann für das Herz sehr gefähr­lich werden. Deswe­gen ist Stress­ma­nage­ment so wichtig. Bild: andreas160578/Pixabay.com

„Derzeit ist die Verun­si­che­rung vieler Menschen mit Händen zu greifen“, so der am Helmholtz Zentrum München tätige Psycho­kar­dio­loge Prof. Dr. Karl-Heinz Ladwig auf der 83. Jahres­ta­gung der Deutschen Gesell­schaft für Kardio­lo­gie. Vom 19. bis 22. April disku­tier­ten rund 8.500 Teilneh­mer in Mannheim aktuelle Entwick­lun­gen aus allen Berei­chen der Herzme­di­zin.

Warnsi­gnale beach­ten

Terror­an­schläge, weltweite Wander­be­we­gun­gen, hoher Arbeits­druck oder wirtschaft­li­che Sorgen machen Angst, Stress und sorgen für Unsicher­heits­ge­fühle. Im schlimms­ten Fall kann der ständige „Dystress“, also die Belas­tung durch negati­ven Stress, tödlich enden: Laut dem aktuel­len Deutschen Herzbe­richt sterben in Deutsch­land jährlich rund 200.000 Menschen an einem plötz­li­chen Herzstill­stand. In nur etwas mehr als zehn Prozent der Fälle sind kardiale Risiko­pa­ti­en­ten betrof­fen, die nach einem Herzin­farkt bereits an einer Herzmus­kel­schwä­che litten oder andere Herzer­kran­kung hatten.

Auch wenn das Ereig­nis selbst oft aus heite­rem Himmel zu kommen scheint, lassen sich im Nachhin­ein in vielen Fällen klassi­sche Alarm­zei­chen für ein Burn Out-Syndrom ausma­chen, etwa eine belas­tende Arbeits­si­tua­tion, finan­zi­elle Sorgen oder eine frustrie­rende Famili­en­si­tua­tion. Akuter Ärger, Angst oder andere Aufre­gun­gen sind dann meist nur der Auslö­ser. „Der plötz­li­cher Herztod ereilt die Betrof­fe­nen entge­gen einer verbrei­te­ten Vorstel­lung in der Regel nicht nach einer einma­li­gen Aufre­gung“, erklärt Prof. Ladwig. „In den meisten Fällen geht diesem unvor­her­seh­ba­ren und schreck­li­chen Ereig­nis eine längere Phase mit chronisch depres­si­ver Stimmungs­lage voraus. Solche Menschen sind dann in einer akuten Stress­si­tua­tion beson­ders gefähr­det“.

Umgang mit emotio­na­len Belas­tun­gen

Physio­lo­gisch betrach­te­tet sind die direk­ten Auslö­ser eines plötz­li­chen Herzto­des meistens Herzrhyth­mus­stö­run­gen wie Kammer­flim­mern oder auch das sogenannte Broken Heart Syndrom, bei dem es zu einer krampf­ar­ti­gen Veren­gung der Herzkranz­ge­fäße kommt. Dass die Ursachen dafür im emotio­na­len Bereich liegen können, hat unter anderem eine Studie aus Los Angeles nachge­wie­sen. Dort hatten Forscher die Auswir­kun­gen eines schwe­ren Erdbe­bens unter­sucht und dabei festge­stellt, dass die Zahl der plötz­li­chen Herzto­des­fälle am Tag der Natur­ka­ta­stro­phe sprung­haft angestie­gen war.

„Auch wenn wir noch nicht alle Zusam­men­hänge im Detail verste­hen, zeigt sich, dass es für den stress­in­du­zier­ten Herztod zwei Kompo­nen­ten braucht“, so Prof. Ladwig. „Neben der körper­li­chen Veran­la­gung spielt auch die Art, wie Menschen mit emotio­na­len Belas­tun­gen umgehen, eine wesent­li­che Rolle“. Anders ausge­drückt: Wer mit Stress besser umgehen kann, hat weniger Risiko, einen plötz­li­chen Herztod zu erlei­den.

Mehr Aufmerk­sam­keit für die psycho­so­ziale Situa­tion der Patien­ten

Das zeigte sich zum Beispiel bei einer Unter­su­chung von Patien­ten, die einen Herzin­farkt überlebt hatten. Dabei suchten ameri­ka­ni­sche Wissen­schaft­ler gezielt nach jenen Betrof­fe­nen, die kurz davor ein negati­ves emotio­na­les Ereig­nis erlebt hatten, und vergli­chen sie mit einer zweiten Gruppe von Perso­nen, bei denen der Infarkt rein physio­lo­gi­sche Ursachen hatte. Bei einem Stress­test zeigte sich, dass die Stress­ge­fähr­de­ten auch körper­lich ganz anders auf die Belas­tung reagier­ten: Bei ihnen stieg der Blutdruck und die Zahl blutver­klum­pen­der Leuko­zy­ten deutlich höher an. „Das zeigt, dass Stress ein eigen­stän­di­ger Risiko­fak­tor für Herzer­kran­kun­gen ist“, fasst Prof. Ladwig die Ergeb­nisse zusam­men. „Diese Erkennt­nis ist von elemen­ta­rer Bedeu­tung und ein zentra­les Thema der öffent­li­chen Gesund­heit“.

Auf der Jahres­ta­gung der DGK fordert der Experte, der psycho­so­zia­len Situa­tion ihrer Patien­ten mehr Aufmerk­sam­keit zu schen­ken: „Schon das gezielte Anspre­chen der Lebens­si­tua­tion und psychi­schen Befind­lich­keit kann einen hohen thera­peu­ti­schen Wert haben. Das ist eine Funktion, die meist noch unter­schätzt wird“, so Prof. Ladwig. Bei Verdacht auf eine klinisch manifeste Depres­sion sollten Kardio­lo­gen die Betrof­fe­nen an Spezia­lis­ten überwei­sen. „In den meisten Fällen sind aber auch mehr körper­li­che Bewegung, ein geziel­tes Stress­ma­nage­ment oder Entspan­nungs­tech­ni­ken ausrei­chend und können das Risiko für einen plötz­li­chen Herztod signi­fi­kant senken“, so Prof. Ladwig.

Quelle: idw