Urlaubsanspruch
Sehnsuchts­ort Fernziel: Urlaubs­an­spruch ist genau geregelt Bild: Jakub Gojda/Dreamstime

Der gesetz­li­che Mindest­ur­laubs­an­spruch von 24 Werkta­gen ist durch das Bundes­ur­laubs­ge­setz (BUrlG) festge­legt. Demnach haben alle Arbeit­neh­mer einen Anspruch auf Mindest­ur­laub, die angestellt sind oder eine Berufs­aus­bil­dung absol­vie­ren. Dazu gehören auch alle, die in Teilzeit, zur Aushilfe, in Ferien­ar­beit und in Neben­tä­tig­keit beschäf­tigt sind.

Wann ist Urlaub recht­lich wirksam?

Im Arbeits­recht wird von „Erholungs­ur­laub“ gespro­chen, was das Ziel des Geset­zes erken­nen lässt. In diesem Zusam­men­hang müssen für einen rechts­wirk­sa­men Urlaub einige Dinge erfüllt werden:

  • Der Urlaub soll der Erholung dienen
  • Der Urlaub ist eine zeitweise Freistel­lung der Arbeits­pflich­ten
  • Das Gehalt wird weiter gezahlt
  • Die Erholung muss selbst bestimmt gewählt werden

Der Arbeit­neh­mer kann also selbst entschei­den, was für ihn Erholung ist. Der in § 1 BUrlG formu­lierte Urlaubs­an­spruch beinhal­tet demnach einen Freistel­lungs­an­spruch gegen den Arbeit­ge­ber. Für den Zeitraum des Urlaubs sind Beschäf­tigte also von jegli­chen Arbeits­pflich­ten befreit. Das bedeu­tet auch, dass sie im Urlaub nicht dazu verpflich­tet sind, erreich­bar zu sein.

Dazu müssen Beschäf­tigte zunächst ein Leistungs­ver­lan­gen an den Arbeit­ge­ber überrei­chen, in dem erklärt wird, dass sie gerne Urlaub nehmen würden. Wichtig an dieser Stelle: Damit der Urlaub im Sinne einer Erholung genutzt werden kann, müssen mindes­tens zwei Wochen zusam­men­hän­gen­der Urlaub gewährt werden.

Müssen Urlaubs­wün­sche erfüllt werden?

In einer Erklä­rung muss der Arbeit­ge­ber dem Leistungs­ver­lan­gen zustim­men und den Arbeit­neh­mer von seinen Arbeits­pflich­ten für einen bestimm­ten Zeitraum freistel­len. Der Arbeit­ge­ber ist in diesem Zusam­men­hang somit Schuld­ner, der eine Pflicht zu erfül­len hat. Nach § 7 Absatz 1 BUrlG hat er sich hierbei grund­sätz­lich nach den Wünschen seiner Beschäf­tig­ten zu richten, was bedeu­tet, dass diese ihm ihre Urlaubs­wün­sche im Vorfeld zukom­men lassen müssen.

Wie dieser Prozess abläuft, kann inner­be­trieb­lich unter­schied­lich organi­siert sein. Es ist denkbar, dass sich alle Mitar­bei­ten­den in eine Liste eintra­gen müssen. Auch ist es möglich, dass die Beschäf­tig­ten ihre Urlaubs­zei­ten unter­ein­an­der ausma­chen und ihre Wünsche dann gesam­melt dem Arbeit­ge­ber überbrin­gen. Sollten sich die Arbeit­neh­mer nicht einig werden, dann kommt wieder der Arbeit­ge­ber ins Spiel und trifft eine Entschei­dung nach eigener Abwägung.

Der Arbeit­ge­ber hat hierbei drei Punkte zu berück­sich­ti­gen:

  • Die Urlaubs­wün­sche des Arbeit­neh­mers
  • Dringende betrieb­li­che Belange
  • Die Wünsche anderer Arbeit­neh­mer

Das bedeu­tet: Nur weil es Urlaubs­wün­sche des Arbeit­neh­mers gibt, heißt das nicht, dass jeder Wunsch auch erfüllt werden muss. So kann der Arbeit­ge­ber auch von seinem Leistungs­ver­wei­ge­rungs­recht gebrauch machen und den gewünsch­ten Urlaub ableh­nen. Dagegen kann der Arbeit­neh­mer klagen oder eine einst­wei­lige Verfü­gung erwir­ken. Beschäf­tigte können sich in einem solchen Fall aber nicht selbst beurlau­ben, weil das eine Vertrags­ver­let­zung darstel­len würde und in einer Kündi­gung enden könnte.

Kann der Arbeit­ge­ber Urlaub selbst festle­gen?

Einfach so kann ein Arbeit­ge­ber einen Urlaubs­wunsch aber nicht verwei­gern. Das kommt erst in Betracht, wenn die drei oben genann­ten Punkte wirklich sorgfäl­tig abgewo­gen wurden und es dennoch zu keiner Überein­stim­mung gekom­men ist.

Dringende betrieb­li­che Belange zielen darauf ab, dass der Betrieb gesichert weiter laufen kann. Was dazu zählt ist aller­dings nicht genau definiert und vor Gericht streit­bar. Zumin­dest ist damit nicht gemeint, dass es nicht auch zu Störun­gen im Betriebs­ab­lauf kommen könnte. Sowas kommt regel­mä­ßig vor, wenn ein Arbeit­neh­mer – aus welchen Gründen auch immer – fehlt. Der Arbeit­ge­ber muss hierauf mit entspre­chen­der Planung reagie­ren.

Aller­dings ist auch nicht erst dann von dringen­den betrieb­li­chen Belan­gen die Rede, wenn dem Arbeit­ge­ber ein handfes­ter Schaden durch das Fehlen eines Arbeit­neh­mers entste­hen würde. Was also zu den dringen­den betrieb­li­chen Belan­gen zählt, bewegt sich inner­halb dieses Spannungs­fel­des aus betrieb­li­cher Störung und wirtschaft­li­chem Schaden.

Die Wünsche anderer Arbeit­neh­mer können auch dazu führen, dass ein Urlaubs­wunsch verneint wird. Folgende Punkte können hierbei Einfluss darauf haben, inwie­fern ein Urlaubs­wunsch vor anderen priori­siert werden könnte:

  • Alter
  • Dauer der Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit
  • Alter und Zahl der Kinder unter Berück­sich­ti­gung ihrer Schul­pflicht
  • Gesund­heits­zu­stand
  • Urlaub anderer Famili­en­an­ge­hö­ri­ger
  • bestehen­des Erholungs­be­dürf­nis in einer bestimm­ten Jahres­zeit und den Urlaubs­re­ge­lun­gen in den vergan­ge­nen Jahren

Kann der Urlaubs­an­spruch verfal­len?

Bis wann Mitar­bei­tende ihre Urlaubs­wün­sche vorge­tra­gen haben müssen, ist gesetz­lich nicht festge­legt. Zumin­dest müssen sie so recht­zei­tig sein, dass der Arbeit­ge­ber ausrei­chend Zeit für die Planung hat. Doch was passiert, wenn keine Urlaubs­wün­sche von den Beschäf­tig­ten geäußert werden? In solch einem Fall kann der Arbeit­ge­ber selbst einen Zeiraum für den Urlaub festle­gen – wirksam ist das nur, wenn der Arbeit­neh­mer dem auch zustimmt.

Eine Verpflich­tung des Arbeit­ge­bers Urlaube dann selbst festzu­le­gen gibt es aber nicht. Nach frühe­rer Recht­spre­chung musste der Arbeit­neh­mer – wollte er verhin­dern, dass sein Urlaubs­an­spruch zum Jahres­ende oder bis zum Ende des Übertra­gungs­zeit­raums erlischt – selbst aktiv werden und Urlaub beantra­gen.

Mit Urtei­len des Europäi­schen Gerichts­hofs (C‑684/16) und des Bundes­ar­beits­ge­richts (AZR 541/15) hat sich das geändert. Demnach muss der Arbeit­ge­ber seinen Beschäf­tig­ten zuvor ermög­li­chen Urlaub zu nehmen, sofern diese nicht sowieso schon von sich aus tätig gewor­den sind.

Das bedeu­tet der Arbeit­ge­ber muss ausdrück­lich auf noch offene Urlaubs­tage hinwei­sen und den Arbeit­neh­mer auffor­dern Urlaub zu nehmen. Zusätz­lich muss der Arbeit­ge­ber auf Verfalls­fris­ten des Urlaub­an­spruchs hinwei­sen.

Sollte dies nicht gesche­hen, dann erlischt auch nicht der Anspruch auf gesetz­li­chen Mindest­ur­laub am Ende des Kalen­der­jah­res oder nach einem zuläs­si­gen Übertra­gungs­zeit­raum.

Der Arbeit­ge­ber hat somit eine Mitwir­kungs­ob­lie­gen­heit bei der Verwirk­li­chung des Urlaubs­an­spruchs. Kommt er dem nicht nach wird der Urlaub in das Folge­jahr übertra­gen und zählt dann zum gewöhn­li­cher Urlaubs­an­spruch. Sollte der Arbeit­ge­ber in diesem Jahr wieder nicht korrekt über den Bestand des Urlaubs infor­mie­ren, kann der Urlaub auf das darauf­fol­gende Jahr übertra­gen werden – undso­wei­ter.

Verjäh­rung von Urlaub

Mit dieser neuen Recht­spre­chung war es nun möglich, dass sich Urlaubs­an­sprü­che über mehrere Jahre hinweg ansam­meln können. In Deutsch­land galt dies bis zur Verjäh­rung des Urlaub­an­spruchs (§§ 194, 195 BGB) nach drei Jahren.

Der Europäi­sche Gerichts­hof hat die Frage nach Verjäh­rung durch ein Urteil vom 22. Septem­ber 2022 beant­wor­tet. Demnach können Urlaubs­an­sprü­che nach natio­na­len Regelun­gen nicht mehr verjäh­ren, wenn der Arbeit­ge­ber den Arbeit­neh­mer nicht in die Lage versetzt hat den Urlaub zu beanspru­chen. Auch hier ist also die Erfül­lung der Mitwir­kungs­ob­lie­gen­heit des Arbeit­ge­bers entschei­dend.

Mit Entschei­dung vom 20. Dezem­ber 2022 setzte das BAG die Entschei­dung des EuGH um. Somit beginnt die Verjäh­rungs­frist von drei Jahren am Ende des Kalen­der­jah­res erst dann, wenn der Arbeit­ge­ber in dem entspre­chen­den Jahr seine Mitwir­kungs­ob­lie­gen­heit erfüllt hat und der Arbeit­neh­mer den Urlaub trotz­dem nicht genom­men hat.

Wann gilt die Mitwir­kungs­ob­lie­gen­heit als erfüllt?

Grund­sätz­lich kann der Arbeit­ge­ber selbst entschei­den, mit welchen Mitteln er seine Mitwir­kungs­ob­lie­gen­heit erfül­len möchte. Sie müssen jedoch dem Zweck entspre­chen. Aus der aktuel­len Recht­spre­chung (BAG 9 AZR 541/15 und 9 AZR 423/16) geht hervor, dass der Arbeit­ge­ber in Textform über den genauen Umfang des Urlaub­an­spruchs infor­mie­ren muss, einschließ­lich entspre­chen­der Verfalls­fris­ten.

Aushänge mit generel­len Verwei­sen über gesetz­li­che oder tarif­li­che Urlaubs­re­ge­lun­gen genügen hierbei nicht.

Die Hinweise müssen zudem recht­zei­tig erfol­gen, damit Beschäf­tigte genügend Zeit haben, bestehende Urlaubs­an­sprü­che vor Ablauf der Fristen zu beantra­gen und den Urlaub im entspre­chen­den Kalen­der­jahr zu nehmen.

Quellen:

  1. Müller-Glöge, Preis, Schmidt (Hrsg.), Erfur­ter Kommen­tar zum Arbeits­recht, 23. Auflage
  2. Küttner (Hrsg.), Perso­nal­buch 2023, 30. Auflage