Dabei werden Preis­er­hö­hun­gen auch bei Vertrags­si­tua­tio­nen angekün­digt, die das eigent­lich gar nicht vorse­hen. Die Reaktio­nen reichen von Verhand­lungs­be­reit­schaft über resolute Verwei­ge­rung bis hin zu Beschimp­fun­gen, hier würden Krisen­ge­winne reali­siert.

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Wäsche­rei in den 1980er Jahren. Bild: HABS

Früher war alles besser?

Vor 25 Jahren (1997) führte ein zu dieser Zeit großer Textil­ser­vice-Verbund in seiner unver­bind­li­chen Preis­emp­feh­lung nachfol­gende textile Leasing­ar­ti­kel (textile Vollver­sor­gung) in der Stati­ons­wä­sche­ver­sor­gung in Deutsch­land mit diesen Netto-Preisen auf:

Produkt damali­ger Preis
Bettbe­zug, gestreift DM 2,14 (1,09 Euro)
Kopfkis­sen­be­zug, gestreift DM 0,70 (0,36 Euro)
Bettla­ken, weiß DM 1,60 (0,82 Euro)
Frottier­hand­tuch DM 0,58 (0,30 Euro)
Patien­ten­hemd DM 1,51 (0,77 Euro)

Der Leistungs­um­fang beinhal­tete (und beinhal­tet heute) das Recht zur einma­li­gen Nutzung eines Artikels. Der Wäsche­rei­be­trieb beschafft die Texti­lien für diesen Preis, wäscht sie ein, kommis­sio­niert und liefert sie aus. Benutzte Texti­lien werden wieder abgeholt, dann gegebe­nen­falls repariert und – mittels hygie­ni­schen Verfah­ren aufbe­rei­tet – wieder an die Kunden gelie­fert.

Seitdem haben Entwick­lun­gen – durch Regie­rungs­han­deln – statt­ge­fun­den, die starke Einflüsse auf den Textil­ser­vice und seine Kosten­struk­tu­ren hatten, wie zum Beispiel:

„Seit der 6. Novelle zum Wasser­haus­halts­ge­setz 1996 müssen alle Abwas­ser­ein­lei­tun­gen nach dem EG-recht­lich gefor­der­ten ‚Stand der Technik‘ gerei­nigt werden.

Für die Festle­gung der dazuge­hö­ri­gen Grenz­werte wird eine Rechts­ver­ord­nungs­er­mäch­ti­gung in das Gesetz aufge­nom­men.“ 1

Mit Einfüh­rung der EEG-Umlage („Ökostrom­um­lage“) im Jahr 2000 wurde der Strom­preis faktisch erhöht, um die alter­na­tive Energie­ge­win­nung zu fördern.

Im Jahr 2005 wird die Lkw-Maut einge­führt.

„Sie wurde in mehre­ren Stufen auf alle Bundes­au­to­bah­nen und Bundes­stra­ßen sowie Fahrzeuge mit einem Gesamt­ge­wicht ab 7,5 Tonnen ausge­wei­tet. Gesetz­li­che Grund­lage für die Erhebung der Lkw-Maut ist das Bundes­fern­stra­ßen­maut­ge­setz.“ 2

Seit 2009 gibt es den Mindest­lohn in der Textil­ser­vice-Branche und seit dem 1. Juli 2019 einheit­lich für ganz Deutsch­land. Gerade für die Textil­ser­vice-Indus­trie in Ostdeutsch­land hatte der Mindest­lohn und seine Entwick­lung starke Auswir­kun­gen. Das war auch beabsich­tigt, denn Preis­dum­ping auf Basis von Dumping­löh­nen sollte der Vergan­gen­heit angehö­ren.

An den Preisen für die Textile Vollver­sor­gung schie­nen diese Entwick­lun­gen aller­dings komplett vorbei­zu­lau­fen, denn 25 Jahre lang kannte der Preis nur eine Richtung: nach unten. Immer wenn ein Anbie­ter die Preise erhöhen wollte, wurde zum Mittel der Ausschrei­bung gegrif­fen und der Markt befragt. Das Ergeb­nis gab dem Vorge­hen recht: der Preis sank und meist war der, der die Erhöhung anstrebte, sogar der günstigste.

Möglich war diese langan­hal­tende Entwick­lung einer­seits nur durch den hohen Wettbe­werbs­druck im Anbie­ter­markt und anderer­seits durch die techni­sche Entwick­lung, die den Druck aufrecht­erhielt. Durch moderne Hochleis­tungs­ma­schi­nen wurden die Wasch- und Finish-Kapazi­tä­ten massiv gestei­gert. Der Verbrauch von Wasser und Energie wurde konti­nu­ier­lich gesenkt – durch ausge­klü­gelte techni­sche Rückge­win­nung und optimierte Wasch­che­mie.

Nicht selten konnten Klini­ken Verträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren abschlie­ßen, bei denen die Preise über den gesam­ten Zeitraum fix waren. Das dürfte nun vorbei sein.

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Auch die modernste Wäsche­rei benötigt zum Betrieb Energie. Bild: DTV

Enger Draht, statt lange Leitung!

Die drama­ti­schen Kosten­ent­wick­lun­gen der letzten Monate lassen sich eindrucks­voll am Kosten­in­dex des Deutschen Textil­rei­ni­gungs Verban­des e.V. (DTV) erken­nen.

Eine system­re­le­vante Zulie­fer­indus­trie des deutschen Gesund­heits- und Sozial­we­sens ächzt unter der Last aus Kosten­ent­wick­lung, gestör­ten Liefer­ket­ten und Mitar­bei­ter­man­gel.

Vorga­ben für nachhal­tige Beschaf­fung und Produk­tion fordern die Textil­ser­vice-Anbie­ter zusätz­lich heraus. Dennoch haben die Preise für diese Hygieneleis­tung das Niveau von 1997 noch nicht wieder erreicht.

Die beschlos­sene Mindest­lohn­er­hö­hung auf 12 Euro zum 1. Oktober 2022 wird zu einer relati­ven Steige­rung von 22 Prozent inner­halb von 10 Monaten führen. Der mit Abstand größte Kosten­block im Textil­ser­vice sind Perso­nal­kos­ten!

Der DTV ist unter­des­sen seit dem Ausru­fen des Notfall­plans Gas darum bemüht, Drosse­lun­gen in der Gasver­sor­gung für Textil­ser­vice-Betriebe zu verhin­dern. Denn ohne ausrei­chende Gas- bzw. Ölver­sor­gung ist die Dampf­pro­duk­tion und damit hygie­ni­sches Aufbe­rei­ten von Texti­lien nicht möglich.

Für eine nachhal­tig gesicherte und hygie­nisch einwand­freie Textil­ver­sor­gung im Gesund­heits- und Sozial­we­sen empfiehlt sich ein enger Draht zwischen Auftrag­ge­ber und Auftrag­neh­mer. Gegebe­nen­falls führen Leistungs­an­pas­sun­gen zu beider­sei­ti­gem Vorteil, wenn zum Beispiel Liefer­rhyth­men oder Zeitfens­ter so angepasst werden, dass die Logis­tik­pro­zesse entlas­tet werden.

Entwick­lun­gen und Anpas­sun­gen frühzei­tig mitein­an­der abzustim­men, führt eher zu einer gesicher­ten Verfüg­bar­keit als das Behar­ren auf Verein­ba­run­gen aus einer schein­bar anderen Zeit.

Quellen:

  1. www.umweltbundesamt.de/geschichte-umweltschutz/1996#umweltbewusstsein
  2. www.bundesregierung.de/breg-de/suche/lkw-maut-steigt-2042262