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In Zeiten von Pflege­kräf­te­man­gel und Corona-Krise geht die Berli­ner Charité neue Wege, um die Perso­nal­not in der Pflege zu lindern. Bis auf Weite­res sollen dort Assis­tenz­ärzte und ‑ärztin­nen in der pflege­ri­schen Versor­gung auf Inten­siv­sta­tio­nen einsprin­gen. Ein solcher Schritt ist ein Novum in Deutsch­land – bislang gab es allen­falls Delega­tio­nen ärztli­cher Tätig­kei­ten auf Pflege­kräfte, nicht umgekehrt.

Bei der sonst üblichen Frage der Delega­tion ärztli­cher Aufga­ben auf nicht­ärzt­li­ches Perso­nal wird neben der formel­len Quali­fi­ka­tion immer die materi­elle Quali­fi­ka­tion überprüft. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Pflege­kraft die Fähig­kei­ten besitzt, die delegier­ten ärztli­chen Aufga­ben oder Maßnah­men sach- und fachge­recht ausfüh­ren zu können. Diese materi­el­len Quali­fi­ka­ti­ons-Erfor­der­nisse werden neben der klassi­schen Pflege­aus­bil­dung durch Weiter­bil­dun­gen oder durch Berufs­er­fah­rung erwor­ben. Bei der Delega­tion von pflege­ri­schen Aufga­ben auf ärztli­ches Perso­nal stellt sich nunmehr ebenfalls die Frage der materi­el­len Quali­fi­ka­tion. Umfasst das Ausbil­dungs­pro­fil der Ärzte automa­tisch das pflege­ri­sche Betäti­gungs­pro­fil oder bedarf es hierzu des Erwerbs von Zusatz­qua­li­fi­ka­tio­nen? In dem von der Charité angedach­ten Vorha­ben sollen die besag­ten Assis­tenz­ärzte und ‑ärztin­nen durch eine zweiwö­chige Schulung die notwen­dige Kompe­ten­zen erwer­ben, pflege­ri­sche Tätig­kei­ten im Rahmen der Delega­tion ordnungs­ge­mäß leisten zu können – kann das genügen? Diese Frage stellte Prof. Dr. Volker Großkopf in dem Inter­view mit Herrn Staats­se­kre­tär Andreas Wester­fell­haus, dem Pflege­be­voll­mäch­tig­ten der Bundes­re­gie­rung.

Pflege­kräfte-Mangel: Rundmail der Charité an Ärzte in Ausbil­dung

Wie das Nachrich­ten­por­tal t‑online.de berich­tete, hatte der Vorstand der Kranken­ver­sor­gung des Univer­si­täts-Klini­kums eine Rundmail an ihre Ärzte in Ausbil­dung geschickt, um sie für eine Kurzzeit-Tätig­keit in der Pflege zu gewin­nen. Man benötige dringend deren Unter­stüt­zung auf den Inten­siv­sta­tio­nen, hieß es darin. Außer­dem sei geplant, eine weitere bereits technisch voll ausge­stat­tete Abtei­lung zu eröff­nen. Hierfür fehle jedoch das notwen­dige Pflege­per­so­nal. Das von der Charité ausge­ar­bei­tete Konzept sieht vor, die hilfs­wil­li­gen Assis­tenz­ärzte bis zu zwei Wochen für ihre Pflege­tä­tig­keit einzu­ar­bei­ten. Bis zu drei Monate sollen sie dann in den Inten­siv­sta­tio­nen aushel­fen. Genügend ausge­bil­dete und erfah­rene Pflege­fach­ex­per­ten ständen ihnen während der Dienste zur Seite. Den Ärzten solle durch ihr Einsprin­gen in der Pflege weder finan­zi­ell, noch hinsicht­lich ihrer Ausbil­dung ein Nachteil entste­hen.

„Der Bedarf in der pflege­ri­schen Leistung ist so hoch, dass man selbst auf die Idee kommt, Ärztin­nen und Ärzte zu bitten, Pflegende zu unter­stüt­zen“, resümierte Wester­fell­haus im Inter­view den Vorstoß. Seiner Meinung nach komme der Schritt allen­falls kurzfris­tig, aus der Not heraus, in Frage. Denn: „Pflege­ri­sche Exper­tise ist pflege­ri­sche Exper­tise, ärztli­che Exper­tise ist ärztli­che Exper­tise.“ Angesichts der nur zweiwö­chi­gen Schulung ist Wester­fell­haus der Meinung, dass die Pflege­kräfte selbst anmel­den sollten, wo sie am ehesten Unter­stüt­zung bräuch­ten. „Wenn die Pflege-Exper­ten selbst definie­ren, wo ich Hilfe gebrau­chen kann, so kann man diese Tätig­kei­ten in die 14-Tage-Schulung mit herein­neh­men. Aber die spannende Frage ist, wie viele Ärztin­nen und Ärzte das am Ende dann tun werden?“

Das Inter­view wurde am 6.1.2021 aufge­zeich­net.