Anordnungsverantwortung, Durchführungsverantwortung und Remonstrationsrecht – all dies sind Begrifflichkeiten, die in dem Delegationsgeflecht eine Rolle spielen. Aber was genau bedeuten sie?
Zuallererst einmal zur Anordnungsverantwortung: Es obliegt zunächst der anweisenden Person, also beispielsweise dem Arzt, den richtigen Adressaten für die anzuordnende Aufgabe auszuwählen. Die Tätigkeit muss also im Aufgabenbereich der jeweiligen Fachkraft liegen. So darf beispielsweise eine Injektion nicht von einer Hilfskraft vorgenommen werden, die Aufgabe darf ihr dementsprechend auch nicht übertragen werden. Hier erfordert es eine examinierte Pflegefachkraft, die behandlungspflegerische Tätigkeiten übernehmen darf. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt es sich im Rahmen einer Dienstanweisung klar zu strukturieren, wer welche Aufgaben übernehmen darf.
Mangelnde Eigenprüfung kann zu Übernahmeverschulden führen
Hat der Arzt nun das Setzen einer Spritze delegiert, muss sich die ausführende Pflegekraft ihrer Durchführungsverantwortung bewusst sein. Es liegt nämlich nun an ihr, die ihr aufgetragene Aufgabe ordnungsgemäß auszuführen. Hält sie beim Setzen der Spritze beispielsweise die erforderlichen Hygienevorschriften nicht ein und kommt es aufgrund dessen zu einem gesundheitlichen Schaden des Patienten, hat sie dafür die Verantwortung zu tragen.
Hinzu kommt das bereits erwähnte Remonstrationsrecht: Sie ist ebenso verpflichtet, zu hinterfragen, ob sie sich zur Ausübung der Tätigkeit in der Lage fühlt bzw. ausreichend dafür qualifiziert ist. Diese Eigenprüfung muss sie allein schon vom Drittschutzgedanken her dem Patienten gegenüber vornehmen. Sie muss daher unbedingt intervenieren, wenn sie der Ansicht ist, die Aufgabe nicht umsetzen zu können. Natürlich kommt es immer nur dann zur Haftungsfrage, wenn es auch tatsächlich zum Schadenfall kommt. Ist dem so, würde in dem Fall ein Übernahmeverschulden zulasten der handelnden Pflegekraft vorliegen.
Vertrauen ist gut, blindes Vertrauen ist gefährlich
Zuletzt kommt noch ein wichtiger Grundsatz innerhalb der Delegation zum Tragen: Und zwar kann die Fachkraft grundsätzlich darauf vertrauen, dass die an sie gerichtete Anweisung sach- und fachgerecht ist. Sie ist also wie oben beschrieben zur Eigenprüfung verpflichtet, muss aber hingegen die Inhalte der an sie gerichteten Anweisung nicht per se überprüfen. Natürlich gibt es auch hier gewisse Einschränkungen, denn blindes Vertrauen ist wiederum nicht geboten. Stellt man fest, dass die Anweisung falsch ist und zum Beispiel gerade die falsche Niere entnommen wird, muss man dies selbstverständlich ansprechen.
Natürlich sind die Situationen nicht immer so eindeutig wie in diesem Beispiel. Manchmal ist man nicht sicher, ob eine Anweisung richtig oder falsch ist. Grundsätzlich gilt: Eine Anweisung ist dann falsch, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gemäß § 276 Absatz 2 BGB außer Acht gelassen würde. Die geschuldete Sorgfalt wiederum ergibt sich durch die Einhaltung des anerkannten Standes der Wissenschaft und Forschung nach § 630a Absatz 2 BGB, mitunter aus Expertenstandards, Leitlinien und dem Lehrbuchwissen der Experten.