Im Kampf gegen HIV und Aids gibt es ermutigende Nachrichten: In Deutschland ist demnach 2018 die Zahl der HIV-Neuinfektionen von rund 2.500 auf 2.400 zurückgegangen. Damit setzt sich der seit 2007 tendenziell zu beobachtende, und seit 2015 ununterbrochen anhaltende Rückgang weiter fort. 2006 hatten sich, den Schätzungen zufolge, noch knapp über 3.000 Menschen in Deutschland mit HIV infiziert. Seit der Jahrtausendwende waren die Zahlen damals auf ein Zwischenhoch angestiegen: Da seit Mitte der Neunzigerjahre funktionierende Therapien verfügbar waren, hatte sich eine gewisse „Sorglosigkeit“ breit gemacht.
Wie das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin schreibt, stehe außerdem ein immer größerer Anteil der HIV-Positiven unter einem stabilen Therapie-Regime. Während im Jahr 2006 erst 78 Prozent medikamentös eingestellt waren, seien es im vergangenen Jahr 93 Prozent gewesen. Den Anteil der erfolgreichen Therapie-Regimes an allen Therapien schätzt das RKI auf 95 Prozent. Von einem Therapieerfolg spricht man dann, wenn die Viruslast im Blut durch die Medikamente unter der labor-technischen Nachweisgrenze gehalten wird.
Auch Test- und Therapie-Bereitschaft können Ansteckungszahl senken
Insgesamt schätzt das RKI, dass derzeit rund 88.000 Menschen in Deutschland mit HIV leben. Neben den diagnostizierten Fällen beziehen die Forscher hier knapp 11.000 unwissentlich HIV-Positive mit ein. 440 Menschen sind im vergangenen Jahr an den Folgen von Aids verstorben. Seit Beginn der Epidemie in den Achtzigern sind es rund 29.200.
Besonders erfreulich am aktuellen Rückgang ist die Tendenz bei der Haupt-Risikogruppe: Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Von etwa 2.200 HIV-Neuinfektionen in den Jahren 2012 und 2013 ging die Anzahl auf 1.600 im Jahr 2018 zurück. Das RKI führt das auf eine erhöhte Bereitschaft zum HIV-Test bei homo- und bisexuellen Männern, und auf die rasche Therapieaufnahme bei positivem Befund zurück. Denn unter einem funktionierenden Regime ist das Übertragungsrisiko mindestens stark verringert, wenn nicht praktisch ausgeschlossen.
Hoffen auf Präexpositions-Prophylaxe als neues Standbein der Prävention
Eine weitere Rolle könnte die Verbreitung der sogenannten Präexpositions-Prophylaxe (PrEP) spielen, die HIV-Neuinfektionen bei ungeschütztem sexuellen Kontakt verhindern soll. Seit dem 1. September dieses Jahres ist sie Kassenleistung für Menschen mit erhöhtem individuellen Risiko. Die Tablette basiert auf dem Medikament Truvada, das auch ein Mittel in der konventionellen HIV-Therapie ist. Forscher erhoffen sich, dass durch die PrEP diejenigen Personenkreise erreicht werden können, die es ablehnen, Kondome zu benutzen, um auch hier das Risiko einer Übertragung zu mindern.
Das RKI ist hierzu noch abwartend. „Der Einfluss der zunehmend vor allem von MSM verwendeten HIV-Präexpositions-Prophylaxe auf das Infektionsgeschehen kann auf der derzeitigen Datenbasis noch nicht verlässlich eingeschätzt werden. Weitere, detailliertere Analysen sind erforderlich“, schreiben die Experten. Erfahrungen aus dem Ausland, wo die PrEP schon länger zur Verfügung steht, sind jedoch ermutigend: Laut Studien aus den USA und Australien sanken die HIV-Neuinfektionen im Bereich von 30 bis 40 %. Allerdings schützt die PrEP nur vor HIV, nicht vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten.