Seit den 1970er Jahren haben Allergien in Deutschland stark zugenommen. Fast jeder dritte hat im Lauf seines Lebens mit allergischen Beschwerden zu tun. Oft bringen Allergien einen drastischen Verlust an Lebensqualität mit sich: Da es keine Heilung gibt, lässt sich Beschwerdefreiheit meist nur durch Meiden der Auslöser erreichen.
Je nach Art der Allergie können Betroffene im Sommer nicht im Garten sitzen, nichts essen, was nicht selbst gekocht wurde oder müssen lieb gewonnene Haustiere abschaffen.
Neben den Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen verursachen Allergien auch hohe Kosten für Gesundheitssystem und Arbeitgeber. Menschen mit Allergien gehen häufiger zum Arzt, brauchen oft dauerhaft Medikamente und fehlen bei starken Beschwerden öfter bei der Arbeit.
Im schlimmsten Fall muss der Job gewechselt werden, zum Beispiel aufgrund von Allergien gegen bestimmte Chemikalien.
Der Heuschnupfen ist die Allergie, die am weitesten verbreitet ist. Allergisches Asthma bronchiale ist weiterhin auf dem Vormarsch. Andere Formen der Allergie sind die Nesselsucht (Urtikaria) und die Kontaktallergie, die sich durch Jucken, Schwellungen und Bläschen auf der Haut äußert.
Die häufigsten Allergieauslöser – die sogenannten Allergene – sind neben Pollen auch Nahrungsmittel, Hausstaubmilben, Tierhaare, Insektengifte, Nickel oder Duftstoffe.
Was ist eine Allergie?
Grundsätzlich ist eine Allergie eine erworbene Überempfindlichkeit gegen körperfremde Stoffe. Wird eine Substanz über die Haut oder die Schleimhäute – Nase, Mund, Magen oder Darm – aufgenommen, untersucht das Immunsystem automatisch, ob es sich um einen Krankheitserreger handelt.
Bei Menschen mit Allergien klassifiziert das Immunsystem irrtümlich harmlose Stoffe als schädlich. Je nachdem, welche allergische Reaktion ausgelöst wird, unterscheidet man zwischen vier Typen von Allergien.
Etwa 90 Prozent der Allergien sind solche vom Typ 1, dem Soforttyp. Hier tritt die Reaktion unmittelbar nach Kontakt mit dem Allergen auf.
Es greift harmlose Stoffe wie zum Beispiel Hausstaub an und bildet dabei Antikörper der Klasse IgE. Ist der Fremdkörper einmal als Krankheitserreger identifiziert und das Immunsystem entsprechend sensibilisiert, setzen die Antikörper beim erneuten Kontakt Histamin und andere Entzündungsbotenstoffe frei, die dann die Allergiesymptome wie Heuschnupfen, Urtikaria oder Asthma-Symptome verursachen.
Auch Allergien gegen Medikamente, Nahrungsmittel oder Insektengifte lösen Sofortreaktionen aus. Im schlimmsten Fall kommt es durch massive Histaminfreisetzung zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock mit Atem- oder Kreislaufstillstand.
Typ 2 wird beispielsweise durch eine Bluttransfusion ausgelöst. Die Immunreaktion richtet sich gegen Antigene, die sich auf körpereigenen Zellen befinden, weshalb man diesen Typ als zytotoxisch – giftig für Zellen – bezeichnet.
Typ‑3-Allergien führen zur Bildung von Immunkomplexen aus Allergenen und Antikörpern, die sich im Gewebe (zum Beispiel in der Lunge oder in den Blutgefäßen) ablagern. So kommt es zu Gefäßentzündungen oder Berufskrankheiten wie der Farmerlunge.
Zu den Typ‑4-Allergien gehören Kontaktallergien, die durch T‑Helfer-Lymphozyten, eine Form der Immunzellen, ausgelöst werden. Beim Kontakt mit dem Allergen wandern sie in die Haut und lösen ein Kontaktekzem aus.
Diagnose von Allergien
Im Anamnese-Gespräch wird zunächst geklärt, welche Beschwerden vorliegen. Auch die Begleitumstände sind wichtig, also wie lange die Symptome schon bestehen und in welchen Situationen sie auftreten.
Je nach Allergieauslöser stehen mehrere Diagnoseverfahren zur Verfügung. Für Typ-1-Allergien ist der Pricktest die erste Wahl. Hierbei wird ein Tropfen einer Allergenlösung auf die Innenseite der Unterarme gegeben und mit einer Lanzette vorsichtig in die Haut geritzt.
Bei einer Immunreaktion bildet sich schnell eine Quaddel. Verifiziert wird die Allergie dann durch eine Blutprobe, in der die spezifischen IgE-Antikörper bestimmt werden.
Der Epikutantest wird zur Bestimmung von Kontaktallergien vom Typ 4 eingesetzt. Die Testsubstanz wird für ein bis zwei Tage auf die Haut, meistens den Rücken, geklebt. Das Testergebnis liegt weitere ein bis zwei Tage nach Abnahme des Pflasters vor, da bei diesen Allergien die Reaktion bis zu 72 Stunden nach dem Kontakt auftreten kann.
Beim Provokationstest wird die allergische Reaktion „provoziert“, indem die Allergenlösung zum Beispiel auf die Nasenschleimhaut gegeben oder eine kleine Menge eines Nahrungsmittels verzehrt wird.
Der Test ist sehr aussagekräftig, da er die Konfrontation mit dem Allergen so nachstellt, wie sie im Leben der Betroffenen stattfindet.
Da er allerdings sehr heftige Immunreaktionen auslösen kann, sollte er am besten in einer Klinik durchgeführt werden.
Sind Allergien heilbar?
Die Therapie von Allergien richtet sich in erster Linie gegen die Symptome, da die Allergie selbst nicht heilbar ist. Durch eine Kombination von verschiedenen Ansätzen ist aber eine langfristige Beschwerdefreiheit möglich:
- Auslöser meiden: Wenn die Allergien bekannt sind, sollte man versuchen, möglichst wenig Kontakt zum Allergen zu haben. So können Pollenallergiker durch entsprechende Urlaubs- oder Freizeitplanung Symptome lindern. Bei Allergien gegen Tierhaare hilft leider meistens nur die Trennung vom Haustier. Bei einer Lebensmittelallergie kann die Ernährung entsprechend umgestellt werden – bei starken Einschränkungen mit Hilfe einer spezialisierten Ernährungsberaterin.
- Medikamente: Da es Menschen mit Heuschnupfen schlicht nicht möglich ist, monatelang die Wohnung nicht zu verlassen, ist der Einsatz von Antihistaminika sinnvoll, um die Symptome zu lindern. Allergien nicht zu behandeln, führt oft zu einer Verschlimmerung – die Medikamente helfen also nicht nur sofort, sondern auch langfristig. Viele Medikamente sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Bei schlimmeren Symptomen gibt es auch verschreibungspflichtige Präparate mit stärkerer Wirkung.
- Immuntherapie: Mit der spezifischen Immuntherapie lässt sich durch eine Desensibilisierung des Immunsystems erreichen, dass die allergische Reaktion schwächer wird. Sie wird vom Arzt durchgeführt, der dem Patienten in regelmäßigen Intervallen eine minimale Dosis des Allergens spritzt. Bei saisonalen Allergien sollte eine Zeit gewählt werden, in der der Patient beschwerdefrei ist.