Fentanyl
Injek­tion von Fenta­nyl Bild: © Littlebee511 | Dreamstime.com

Ein Notfall­sa­ni­tä­ter hat während eines Notarzt­ein­sat­zes am 2. Juli 2021 einem Patien­ten Fenta­nyl injiziert und landete deshalb vor Gericht. Die Staats­an­walt­schaft beklagte, dass der Mann in seiner Funktion als Notfall­sa­ni­tä­ter gegen das Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz versto­ßen habe.

In einer priva­ten Box habe der Sanitä­ter wissent­lich und willent­lich mindes­tens eine Ampulle Fenta­nyl mitge­führt, die er dem Patien­ten verab­reichte, ohne Rückspra­che mit dem anwesen­den Notarzt zu halten.

Der Sanitä­ter war also nicht berech­tigt, das Fenta­nyl zu verab­rei­chen. Des Weite­ren war das Fenta­nyl als stark wirken­des Opiat dazu geeig­net, gesund­heit­li­che Schäden bei dem Patien­ten hervor­zu­ru­fen.

Vergabe von Fenta­nyl nur mit ärztli­cher Anwei­sung

In weiten Teilen Deutsch­lands ist es Sanitä­tern nur auf ärztli­che Anord­nung gestat­tet, Betäu­bungs­mit­tel wie Fenta­nyl zu verab­rei­chen. Der Sanitä­ter wurde deshalb beschul­digt, gegen § 13 Absatz 1 BtMG versto­ßen zu haben.

Er habe das Betäu­bungs­mit­tel verab­reicht und den Patien­ten so körper­lich misshan­delt und gesund­heit­lich geschä­digt, so die Staats­an­walt­schaft. Er wurde angeklagt wegen Verab­rei­chung von Betäu­bungs­mit­teln in Tatein­heit mit gefähr­li­cher Körper­ver­let­zung.

Kein Geschä­dig­ter!?

Das Verfah­ren wurde schließ­lich gemäß § 153a StPO gegen eine Auflage vorläu­fig einge­stellt. Der Notfall­sa­ni­tä­ter musste 3.000 Euro Geldbuße zahlen. Aus Mangel an Bewei­sen konnten nicht alle Tatvor­würfe bestä­tigt werden.

Im Rahmen der Haupt­ver­hand­lung konnte ledig­lich der Tatvor­wurf des Verab­rei­chens von Betäu­bungs­mit­teln nachge­wie­sen werden. Eine gefähr­li­che Körper­ver­let­zung konnte nicht nachge­wie­sen werden, da nicht festge­stellt werden konnte, ob der Patient einge­wil­ligt hatte.

Mehr Kompe­ten­zen für Sanitä­ter?

In Baden-Württem­berg wurden die Kompe­ten­zen von Notfall­sa­ni­tä­tern durch die Einfüh­rung einer sogenann­ten Vorab­de­le­ga­tion jüngst ausge­wei­tet. Seit dem 1. Juli 2022 dürfen in dem Bundes­land nun auch Notfall­sa­ni­tä­te­rin­nen und ‑sanitä­ter Schmerz­mit­tel verab­rei­chen, ohne vorher eine Ärztin oder einen Arzt um Einver­ständ­nis zu beten.

Vorab­de­le­ga­tion bedeu­tet hierbei, dass Notärz­tin­nen und Notärzte im Voraus bestimmte medizi­ni­sche Befug­nisse übertra­gen. Die Bunde­re­gie­rung hatte schon Anfang 2021 eine entspre­chende Geset­zes­än­de­rung auf den Weg gebracht. Die einzel­nen Bundes­län­der müssen die erwei­ter­ten Tätig­kei­ten jedoch umset­zen.

Nach der neuen Regelung dürfen Notfall­sa­ni­tä­ter bis zum Eintref­fen eines Notarz­tes oder bis zum Beginn einer weite­ren ärztli­chen, auch teleärzt­li­chen, Versor­gung „heilkund­li­che Maßnah­men, einschließ­lich heilkund­li­cher Maßnah­men invasi­ver Art“, eigen­ver­ant­wort­lich dürch­füh­ren, sofern sie diese in ihrer Ausbil­dung erlernt haben und die Maßnah­men erfor­der­lich sind, um Lebens­ge­fahr oder wesent­li­che Folge­schä­den von Patien­tin­nen und Patien­ten abzuwen­den.

Dass im obigen Fall nicht die neuen Regelun­gen gezogen haben, liegt daran, dass sich der Vorfall vor Inkraft­tre­ten der neuen Maßnah­men ereig­net hat.

Arbeit in recht­li­cher Grauzone

Lange gab es Forde­run­gen nach mehr Kompe­ten­zen für Notfall­sa­ni­tä­te­rin­nen und ‑sanitä­tern. Bei den benann­ten invasi­ven Maßnah­men geht es konkret um die Linde­rung von starken Schmer­zen, die Behand­lung schwers­ter Atemnot und die Regulie­rung des Blutzu­ckers, die Behand­lung mit Sauer­stoff oder auch erwei­terte Wieder­be­le­bungs­maß­nah­men.

Bislang war es so, dass sich Notfall­sa­ni­tä­te­rin­nen und ‑sanitä­ter in solchen Fällen so gut wie täglich in einem rechts­freien Raum bewegt haben. Da sie häufig noch vor den Notärz­tin­nen und ‑ärzten eintref­fen, wurde die Proble­ma­tik bislang meist im Rahmen des rechfer­ti­gen­den Notstands gelöst.

Voraus­set­zung dafür ist, dass der Zustand der Patien­tin oder des Patien­ten derart bedroh­lich ist, dass das Warte auf den Notarzt nich möglich ist.

Auf der einen Seite durften sie also invasive Maßnah­men nur mit ärztli­cher Anord­nung durch­füh­ren. Auf der anderen Seite hätten sie sich wegen unter­las­se­ner Hilfe­leis­tung straf­bar gemacht, wenn sie bei entspre­chen­der Indika­tion keine solcher Maßnah­men durch­ge­führt hätten.