
Das International Council of Nurses (ICN) hat die Definitionen der Begriffe „Pflege“ und „Pflegefachperson“ überarbeitet. Das gab der Pflegeverband im Rahmen ihres Weltkongresses in Helsinki offiziell bekannt. Grundlage für die Änderungen ist ein umfangreicher Bericht [PDF], der die Positionen verschiedener Pflege-Experten aus Wissenschaft, Praxis und Ausbildung vereint.
Die neuen Definitionen für „Pflege“ und „Pflegefachperson“
Die bisherigen Begriffe seien veraltet und spiegelten den heutigen Pflegealltag nicht mehr ausreichend wider, so der ICN. Außerdem seien sie nicht einheitlich verwendet worden.
Als oberstes globales Pflegegremium, das den Berufsstand und die über 29 Millionen Pflegefachkräfte weltweit vertritt, habe das ICN den Auftrag und die Verantwortung, den von ihm vertretenen Berufsstand – die Krankenpflege – und seine Mitglieder zu definieren.
Die neue Definition von „Pflege“ beschreibe hierbei die Profession selbst – mit ihrem wissenschaftlichen Fundament, ihrer ethischen Ausrichtung und ihrer Verantwortung für das Wohl anderer.
Definition Pflege (frei übersetzt aus dem Englischen):
„Die Pflege ist ein Beruf, der sich für das Recht aller Menschen auf den höchstmöglichen Gesundheitsstandard einsetzt. Erreicht wird dieser durch eine gemeinsame Verpflichtung zur Bereitstellung von kollaborativen, kulturell sicheren und auf den Menschen ausgerichteten Pflegeangeboten und weiteren Leistungen. Die Pflege handelt im Sinne eines gleichberechtigten Zugangs der Menschen zu Gesundheit und Gesundheitsversorgung und setzt sich für ein sicheres sowie nachhaltiges Umfeld ein.
Die Pflege verkörpert die Philosophie und die Werte des Berufs, indem sie eine professionelle Versorgung in den persönlichsten gesundheitsbezogenen Lebensbereichen der Menschen leistet. Die Pflege fördert die Gesundheit, gewährleistet die Sicherheit und Kontinuität in der Versorgung und ist für die Verwaltung und Leitung von Organisationen und Systemen der Gesundheitsversorgung zuständig. Die Krankenpflegepraxis basiert auf einer einzigartigen Kombination aus wissenschaftlich fundiertem Fachwissen, technischen Fähigkeiten, ethischen Standards und therapeutischen Beziehungen. Die Pflege setzt sich für Mitgefühl, soziale Gerechtigkeit und eine bessere Zukunft für die Menschheit ein.“
Die Definition der „Pflegefachperson“ beschreibt, wie Menschen diesen Beruf ausüben, welche Haltungen sie mitbringen und welchen Beitrag sie für Gesellschaft und Gesundheit leisten.
Definition Pflegefachperson (frei übersetzt aus dem Englischen):
„Pflegefachperson sind Fachkräfte, die in den wissenschaftlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Philosophie der Krankenpflege ausgebildet sind. Sie üben ihren Beruf auf der Grundlage etablierter Praxisstandards und ethischer Kodizes aus. Pflegefachkräfte verbessern die Kompetenz im Gesundheitswesen, fördern Gesundheit, beugen Krankheiten vor, schützen die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, lindern Leiden, erleichtern die Genesung und wahren die Würde der Menschen – und das während des gesamten Lebens und am Lebensende. Sie arbeiten selbstständig und kooperativ in verschiedenen Bereichen, um die Gesundheit zu verbessern. Sie setzen sich für die Belange der Patientinnen und Patienten ein, treffen evidenzbasierte Entscheidungen und formen kulturell sichere, therapeutische Beziehungen. Pflegefachkräfte bieten eine auf Menschen ausgerichtete, mitfühlende medizinische und soziale Versorgung. Sie verwalten Dienste, verbessern Gesundheitssysteme, fördern die Gesundheit der Bevölkerung und sorgen für ein sicheres und nachhaltiges Umfeld. Pflegefachkräfte leiten, bilden aus, forschen, setzen sich ein, sind innovativ und gestalten die Politik, um die Ergebnisse in Sachen Gesundheit zu verbessern.“
Besonders hebt das ICN die Bedeutung der Pflegefachkräfte im persönlichen, direkten Kontakt mit Menschen aller Altersgruppen hervor. So würden Pflegefachfachkräfte das Vertrauen zu Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften aufbauen und dadurch eine einzigartige Rolle in der Gesundheitsversorgung einnehmen. Dazu müssten sie ihre Fähigkeiten ständig weiterentwickeln.
Pflegefachkräfte würden hierbei in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens arbeiten, was vom jeweiligen Ausbildungsstand, von individuellen Erfahrungen und Kompetenzen, sowie beruflichen Standards und der Gesetzgebung abhänge. Sie würden oft an vorderster Front stehen und müssten auf Katastrophen, Konflikte und Notfälle mit Mut, Hingabe, Anpassungsfähigkeit und Engagement reagieren.
Was hat sich geändert?
Die bisherigen Begriffsbestimmungen stammten aus dem Jahr 2002. Seitdem habe sich die Welt laut ICN stark verändert: technoligischer Fortschritt, steigende Gesundheitskosten, globale Krisen wie die Pandemie oder der Klimawandel – all das beeinflusse, wie die Pflege heute aussieht. Auch das Verständnis der Menschen für ihre eigene Gesundheit habe sich weiterentwickelt. Gleichzeitig habe sich das Tätigkeitsfeld von Pflegefachpersonen enorm erweitert. Daher war es laut ICN an der Zeit, die alten Definitionen zu überarbeiten – nicht nur als fachliche Orientierung für Pflegekräfte selbst, sondern als Signal an Politik, Gesellschaft und andere Gesundheitsberufe.
Die Entwicklung der neuen Definition sei ein internationaler Prozess gewesen, der etwa ein Jahr dauerte. Hunderte Pflegefachpersonen aus aller Welt hätten sich daran beteiligt – über digitale Plattformen, Online-Befragungen und in Expertengruppen. Am Ende herrschte breiter Konsens bei den Definitionen, die die Vielfalt des Pflegeberufs spiegeln sollen und sich gleichzeitig auf gemeinsame Werte beziehen: Fachlichkeit, Mitgefühl, kulturelle Sensibilität, soziale Gerechtigkeit und dem Einsatz für das Gemeinwohl.
„Stärkung pflegerischer Berufsidentität“
Die deutsche Pflege wurde bei der Erstellung der Definition vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe vertreten, der damit eng in den Entstehungsprozess eingebunden war.
„Diese Definitionen sind ein starkes berufspolitisches Signal. Sie haben das Potenzial, ein international geteiltes Selbstverständnis der Profession zu befördern – als Grundlage für Sichtbarkeit, Einfluss und Entwicklungsmöglichkeiten der professionellen Pflege weltweit“, sagte DBfK-Präsidentin Vera Lux zu den Änderungen.
Mit den neuen Definitionen schaffe der ICN nicht nur Klarheit für Berufsausübung, Ausbildung und Regulierung, sondern auch eine gemeinsame Sprache, um Pflege in der Gesellschaft sichtbar und wirksam zu machen.