Die wichtigsten Fragen für Pflegebedürftige
Pflege ist anstrengend – nicht nur für Angehörige, auch für Pflegebedürftige selbst. Deshalb ist es um so wichtiger, keine Leistungen zu verpassen. Denn die können eine Riesenhilfe sein!
Wenn Angehörige plötzlich pflegebedürftig werden, stehen viele Fragen im Raum.
- Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es im Landkreis?
- Wo beantragt man die Einstufung des Pflegegrads?
- Welche finanziellen Hilfen gibt es?
- Was steht Pflegebedürftigen beziehungsweise deren Angehörigen für die häusliche Pflege zu?
Pflegegeld
Zuerst muss das Pflegegeld beantragt werden. Das kann am Telefon geschehen, E‑Mail oder Brief. Beim ersten Mal direkt bei der Krankenkasse.
Die schickt in der Regel einen medizinischen Gutachter, der den Pflegegrad feststellt (Pflegegrad 1–5). Idealerweise sollte man darauf bestehen, dass ein Hausbesuch stattfindet, nicht nur eine Befragung übers Telefon. Sollte der dann ermittelte Pflegegrad nicht zutreffend erscheinen, legen Sie unbedingt umgehend Widerspruch ein. In manchen Fällen wird der Pflegegrad innerhalb kurzer Zeit angepasst.
Pflegesachleistung
Das Pflegegeld kann komplett für die Pflege durch einen Angehörigen verwendet werden, dem ambulanten Pflegedienst übertragen oder zwischen beiden aufgeteilt werden. Da gibt es dann auch mehr Geld, das sind die sogenannten Pflegesachleistungen.
Bei dieser Kombileistung wird das Pflegegeld je nach Höhe der Pflegesachleistungen anteilig ausbezahlt.
Ein Beispiel: Bei Pflegegrad 3 stehen dem Bedürftigen monatlich 573 Euro Pflegegeld und/oder bis zu 1432 Euro Pflegesachleistungen zur Verfügung.
Nimmt der Betroffene den ambulanten Pflegedienst für 50 Prozent im Wert von 716 Euro in Anspruch, verbleiben ihm noch 286,50 Euro Pflegegeld.
Entlastungsbeitrag
In jeder Pflegestufe gibt es zusätzlich zum Pflegegeld 125 Euro Entlastungsbeitrag und 40 Euro für Pflegehilfsmittel wie Handschuhe, Desinfektionsmittel oder Einmal-Waschlappen.
Der Entlastungsbeitrag kann beispielsweise verwendet werden für eine Haushaltshilfe. Allerdings kann diese nicht privat beschäftigt werden, die Dienste müssen über zertifizierte Einrichtungen wie Nachbarschafts- oder Seniorenhilfe abgerechnet werden.
Personen mit Pflegegrad 1 können den Entlastungsbeitrag auch für den ambulanten Pflegedienst nutzen.
Verhinderungspflege
Pflegende Angehörige haben Anspruch auf Urlaub.
Hierfür kann ab Pflegegrad 2 ein Verhinderungspflegegeld von bis zu 1.612 Euro pro Kalenderjahr beantragt werden.
Die Verhinderungspflege kann, im Gegensatz zum Entlastungsbeitrag, privat organisiert werden. Achtung: Die Ersatzpflege darf mit der pflegebedürftigen Person nicht bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sein oder in häuslicher Gemeinschaft leben. In diesem Fall gäbe es nur die Hälfte der Verhinderungspflege.
Kurzzeitpflege
Für die Kurzzeitpflege steht zusätzlich ein Jahresbudget von 1774 Euro zur Verfügung, begrenzt auf maximal acht Wochen.
Wird das Geld für die Kurzzeitpflege nicht oder nur teilweise in Anspruch genommen, kann die Hälfte des nicht verbrauchten Budgets zusätzlich für die Verhinderungspflege genutzt werden – und umgekehrt!
Zuschuss für Umbauten
4.000 Euro pro Jahr bezahlt die Pflegekasse als Zuschuss für „Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“, beispielsweise eine barrierefreie Dusche.
Auch technische Pflegehilfsmittel wie
- Notrufsysteme
- Pflegebetten
- Aufrichte- oder Sitzhilfen werden teilweise bezahlt.
Doch bei allen Leistungen, die in Anspruch genommen werden wollen, gilt: Zuvor unbedingt von der Pflegekasse genehmigen lassen, erst dann beauftragen! Versicherte, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, haben einen gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung durch die Pflegekasse.
Beratung vor Ort
Stadt- und Landkreise bieten Anlaufstellen für Pflegebedürftige und Angehörige. So können sich Betroffene zum Beispiel an Pflegeberatungsbüros wenden.
Die Beratung erfolgt neutral, kostenlos und unter Schweigepflicht. Das Angebot kann im Pflegestützpunkt, telefonisch, per E‑Mail oder in Form eines Hausbesuchs in Anspruch genommen werden. Zusätzlich werden in einigen Gemeinden Deutschlands auch Aussensprechstunden angeboten.
2 Kommentare
mir fehlt an dieser Stelle der Hinweis auf die gesetzlich verpflichtende Beratung die die Versorgungssicherheit 2–4x jährlich nachweist und damit die Auszahlung des Pflegegeldes sichert. entfällt wenn ein Pflegedienst die Pflege übernimmt und mit der Kasse abrechnet.
In NRW ist es seit dem 01.01.2024 möglich, die Entlastungsleistung von 125€ als Nachbarschaftshelfer*in in Anspruch zu nehmen, ohne besondere Qualifikationen vorzuweisen. Lediglich die Kenntnis der Informationsbroschüre Nachbarschaftshilfe.nrw ist aureichend, um die Tätigkeit Privat zu übernehmen.
Zum Thema Gutachten durch den Medizinischen Dienst: Hier hat der Betroffene das Recht, dem Telefongutachten zu Widersprechen. Reif formell, müsste er sogar darauf hingewiesen werden.
Pflegeberater*innen sind mittlerweile nicht nur in den städtischen Gemeinden zu finden, sondern auch in den Wohlfahrtsverbänden zahlreich vertreten. Hier sollte Ihnen eine ausgebildete Fachperson in all diesen Fragen weiterhelfen können :)