Digitalisierung im Gesundheitswesen: Der IST-Zustand
Auch wenn die Digitalisierung in vielen Lebensbereichen eine immer relevantere Rolle einnimmt, so ist die Entwicklung im Gesundheitswesen noch ausbaufähig. Die geringe Akzeptanz der Patienten gegenüber digitalen Neuerungen hindert Akteure und Unternehmen daran, diesen Bereich noch weiter auszubauen. Ein wichtiger Grund für diese fehlende Bereitschaft am digitalen Gesundheitswesen zu partizipieren ist u.a. der Datenschutz. Allein das Tracking bzw. die Auswertung von Vitaldaten mithilfe von Smartphone-Apps und Wearables wird stringent abgelehnt. Laut einer Studie von BearingPoint nutzen lediglich 18% der Deutschen ihre Smartphones für diese Zwecke.
Auch gegenüber der Künstlicher Intelligen) wird ein kritisches Augenmerk gerichtet: Alleinige Diagnosen durch einen Computer, oder Pflege durch einen Roboter werden von den meisten Deutschen abgelehnt. Vermutlich besteht hier noch keine fundierte Vertrauensbasis, die es ermöglichen würde, ausschließlich nur auf computergestützte Diagnosen zurückzugreifen. Für viele Patienten spielt die zwischenmenschliche Beziehung eine sehr große Rolle bei der Therapie bzw. Behandlung. In der Pflege ist diese Beziehung sogar noch wichtiger. Im Bereich der Altenpflege müssen sich die Pflegkräfte nicht nur um den gesundheitlichen Zustand ihrer Patienten kümmern, viele versuchen es den Bewohnern angenehm zu machen und sich um diese auch emotional zu kümmern. Eigenschaften und Tätigkeiten, zu deren Leistung bislang noch keine KI in der Lage ist. Ein derart emotionaler Gesundheitsroboter, wie er beispielsweise im Disney-Film „Baymax – Riesiges Robowabohu“ zu sehen ist, werden wir deshalb wohl in absehbarer Zukunft noch nicht erleben.
Digitalisierung im Gesundheitswesen ist jedoch keinesfalls Neuland für die Deutschen. So wäre der Großteil der Befragten durchaus bereit, ihre Daten an einen Hausarzt zu übertragen, oder ein Tracking-Tool zu nutzen um dieses später auswerten zu können, das setzt jedoch den absoluten Schutz dieser Daten voraus. Allerdings wird befürchtet, dass durch den Einsatz solcher Methoden die Daten verfälscht werden und sich ein falsches Gesundheitsbild ergibt. Wer von Ihnen mal die Schritt-Zähler-App verwendet hat, kann sich eher etwas unter diesem Problem vorstellen. Die App misst die Anzahl der Schritte, allerdings nicht die tatsächliche Entfernung, den zeitlichen Abstand und die Intensität dieser Tätigkeit. So können zehntausend Schritte vielleicht als ein Lauf interpretiert werden, auch wenn man in Wirklichkeit nur vom Bett bis zum Kühlschrank hin und her rennt. Zwar wird die Informationsweitergabe aus diesen Gründen abgelehnt, die Informationsbeschaffung hat aber auf der anderen Seite eine immense Bedeutung. So nutzen die meisten Deutschen eHealth um sich über gesunde Rezepte zu informieren, Nebenwirkungen von Medikamenten zu recherchieren und medizinischen Rat einzuholen.
Weitere digitale Möglichkeiten die genutzt werden, sind zum Beispiel die Online-Terminvereinbarung: Patienten haben so die Gelegenheit, sich eine Gesamtübersicht der freien Termine zu verschaffen, ohne unter zeitlichen Druck bei der Festlegung auf einen Termin zu geraten. Dies ist vor allem in Situationen von Vorteil, in denen Arztpraxen sehr ausgelastet sind und in der die Sprechstundenhelfer auf Anrufe nicht rechtzeitig reagieren können. Die Eintragung wird anschließend per E‑Mail bestätigt und kann direkt in den eigenen Smartphone-Kalender eingetragen werden. Auch die Bewertung von Arztpraxen, Behandlern und der Sprechstundenhilfe sowie die Recherche nehmen einen hohen Stellenwert bei den Deutschen ein.
Digitalisierung der Pflege: Macht es Sinn?
Die Einstellung des Patienten zu der Digitalisierung kennen wir nun bereits. Aber wie weit gehen die Interessen zwischen Patient und Behandler bzw. Pfleger auseinander? Beide haben unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse an die Digitalisierung. Die Redaktion der Rechtsdepesche hat aus diesem Grund am 23. November eine Umfrage auf Facebook gestartet und wollte von Ihnen wissen, ob Sie sich mehr digitale Technologien in der Pflege wünschen.
Insgesamt haben 238 Facebook-Nutzer an unserer nicht-repräsentativen Umfrage teilgenommen. Mit 72 % wünscht sich die Mehrheit unserer Leser mehr digitale Technologien in ihrem derzeitigen Arbeitsumfeld. Verständlich, denn durch den Einsatz digitaler Methoden lassen sich Arbeitsprozesse optimieren, indem manche Tätigkeiten automatisiert werden können. Dadurch kann man sich als Arbeiter wiederum auf andere Aufgaben stärker konzentrieren, die sonst leider etwas zu kurz kommen würden. Zwar werden in manchen Pflegeheimen bereits digitale Technologien eingesetzt wie die EDV-Dokumentation, allerdings ist diese aufgrund von Störfaktoren wie Serverfehlern noch sehr ausbaufähig und durch den bemängelten, weiterhin bestehenden Papierverbrauch nicht ressourcenschonend.
Fazit
Jede Medaille hat zwei Seiten: Zwar können einerseits durch digitale Methoden, wie eine sprachgesteuerte Diktierfunktion über das iPad, die Dokumentation erleichtern und über automatisch versprühten Raumduft können auch kleinere Arbeitsschritte wegfallen und dem Mitarbeiter mehr Zeit für andere Tätigkeiten einräumen. Andererseits stehen dem gegenüber Kosten für das anzuschaffende Equipment, fehlerhafte Software und es müssen weitere Fortbildungen für Mitarbeiter geschaffen werden um sie auf den Einsatz der neuen Gerätschaften einzuarbeiten. Dennoch: Der Wunsch der meisten Pfleger besteht darin, mehr digitale Technologien nutzen zu können und es bleibt abzuwarten, wie sich die Pflege in diesem Bereich weiterentwickelt.
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen Teilnehmern unserer Umfrage. Wir werden auch in Zukunft weitere Umfragen dieser Art online stellen, um Ihre Bedürfnisse und Sorgen mit dem nötigen Ernst aufzuarbeiten.
Am Ende würden wir noch gerne wissen: Welche digitalen Technologien wünschen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz am meisten? Was wird dringend benötigt?
Quelle: Friederike Hansmann, Mathias Brandt, Statista.com