Einsichtsrecht in Dokumentation
Hat der Patient ein Einsichts­recht in die medizi­ni­sche und pflege­ri­sche Dokumen­ta­tion? Und darf er die Heraus­gabe verlan­gen? Bild: Auremar/Dreamstime

Pflicht zur Dokumen­ta­tion in der Pflege

Die Pflege­do­ku­men­ta­tion der Behand­lung einer Patien­tin oder eines Patien­ten ist in Deutsch­land gesetz­lich vorge­schrie­ben.

Sie ergibt sich zum einen aus dem Pflege­be­ru­fe­ge­setz. Hier ist in Paragraf 5 festge­hal­ten, dass die Pflege­aus­bil­dung insbe­son­dere auch zur „Durch­füh­rung der Pflege und Dokumen­ta­tion der angewen­de­ten Maßnah­men“ befähi­gen soll.

Außer­dem ist die Pflege­do­ku­men­ta­tion im Patien­ten­rech­te­ge­setz (§§ 630a bis 630h BGB) fixiert. Paragraf 630f BGB betrifft hierbei ausdrück­lich die „Dokumen­ta­tion der Behand­lung“.

„(1) Der Behan­delnde ist verpflich­tet, zum Zweck der Dokumen­ta­tion in unmit­tel­ba­ren zeitli­chen Zusam­men­hang mit der Behand­lung eine Patien­ten­akte in Papier­form oder elektro­nisch zu führen […].

(2) Der Behan­delnde ist verpflich­tet, in der Patien­ten­akte sämtli­che aus fachli­cher Sicht für die derzei­tige und künftige Behand­lung wesent­li­chen Maßnah­men und deren Ergeb­nisse aufzu­zeich­nen, insbe­son­dere die Anamnese, Diagno­sen, Unter­su­chun­gen, Unter­su­chungs­er­geb­nisse, Befunde, Thera­pien und ihre Wirkun­gen, Eingriffe und ihre Wirkun­gen, Einwil­li­gun­gen und Aufklä­run­gen […].“

Die Pflege­do­ku­men­ta­tion ist damit eine Neben­pflicht, die sich aus dem Behand­lungs­ver­trag mit der Patien­tin oder dem Patien­ten ergibt.

Zum einen soll die Pflicht zur Dokumen­ta­tion der Behand­lung die erfor­der­li­che Quali­tät dieser sichern. Zum anderen können sich die Behan­deln­den mit einer ausführ­li­chen Dokumen­ta­tion recht­lich absichern und so bewei­sen, dass sie ihren Pflich­ten aus dem Behand­lungs­ver­trag nachge­kom­men sind.

Recht auf Einsicht in die Behand­lungs­un­ter­la­gen

Im Patien­ten­rech­te­ge­setz (§ 630f BGB) ist die Einsicht in die Patien­ten­akte geregelt. Demnach ist der Patien­tin oder dem Patien­ten auf Verlan­gen unver­züg­lich Einsicht in die vollstän­dige Patien­ten­akte zu gewäh­ren.

Zudem sieht die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) in Artikel 15 ebenfalls ein Auskunfts­recht der betrof­fe­nen Person bezüg­lich ihrer perso­nen­be­zo­ge­nen Daten vor.

Unbestrit­ten steht Betrof­fe­nen also das Recht auf Einsicht in die eigenen Behand­lungs­un­ter­la­gen zu. Dieser Anspruch begrün­det sich nicht zuletzt auch durch das Recht auf Selbst­be­stim­mung und perso­nale Würde.

Zunächst bezieht sich das Recht auf Einsicht aber ledig­lich auf die origi­na­len Behand­lungs­un­ter­la­gen am Ort des Unter­la­gen­in­ha­bers – also in der Arztpra­xis, dem Kranken­haus oder der Pflege­ein­rich­tung.

Können Kopien der Behand­lungs­un­ter­la­gen verlangt werden?

Das bringt einige Nachteile mit sich und ist in der Praxis eher unprak­ti­ka­bel. Deshalb gilt der Anspruch auf Einsicht­nahme auch dann erfüllt, wenn der Unter­la­gen­in­ha­ber Kopien zur Verfü­gung stellt.

Hierbei sind nicht bloß Kopien in Papier­form gemeint. Auch elektro­ni­sche Abschrif­ten der Patien­ten­akte können verlangt werden, die ausge­hän­digt werden müssen. Das sieht sowohl das Patien­ten­recht­ge­setz (§ 630f BGB) als auch die DSGVO (Artikel 15) vor.

Eine Kopie hat nämlich gleich zwei Vorteile: Die Patien­tin oder der Patient haben die Möglich­keit dauer­haft auf die Inhalte zuzugrei­fen und zudem wird dadurch nicht der Betriebs­ab­lauf in Arztpra­xis, Kranken­haus oder Pflege­ein­rich­tung gestört.

Es ist aller­dings nicht möglich, dass die origi­na­len Unter­la­gen ausge­hän­digt werden, damit sich die Patien­tin oder der Patient selbst Kopien davon anfer­ti­gen kann. Auch gibt es keinen Anspruch darauf, dass die Kopien versen­det werden, wenn sich die Behan­deln­den weigern. Hierbei handelt es sich nämlich um eine sogenannte Holschuld.

Kosten für Kopien der Behand­lungs­un­ter­la­gen

Was die Kosten für Kopien der Behand­lungs­un­ter­la­gen angeht, wider­spre­chen sich Patien­ten­rech­te­ge­setz und DSGVO.

Während in § 630g Absatz 2 BGB davon die Rede ist, dass den Behan­deln­den die entstan­de­nen Kosten zu erstat­ten sind, schreibt Artikel 15 Absatz 3 DSGVO eine kosten­freie Aushän­di­gung von Kopien der Behand­lungs­un­ter­la­gen vor.

Für Klarheit hat hier ein Urteil des Landge­richts Dresden (vom 29. Mai 2020 – 6 O 76/20) gesorgt. Eine Frau machte hierbei Auskunfts­an­sprü­che gegen­über dem beklag­ten Kranken­haus geltend, bezüg­lich einer unent­gelt­li­chen Übermitt­lung der Behand­lungs­un­ter­la­gen im PDF-Format.

Das Gericht entschied, dass die Regelun­gen des § 630g BGB nicht Vorrang hat vor den Bestim­mun­gen des Artikel 15 Absatz 3 DSGVO. Der § 630g BGB sei nicht als spezi­el­les Gesetz anzuse­hen, welches Vorrang vor einem allge­mei­nen Gesetz habe. Zudem sehe die DSGVO keine Öffnung für anders­lau­tende natio­nale Regelun­gen vor.

Somit ist zumin­dest die erste Kopie der Behand­lungs­un­ter­la­gen kosten­frei. Für alle weite­ren Kopien sieht die DSGVO ein Entgelt auf Grund­lage der Verwal­tungs­kos­ten vor.

Verwei­ge­rung des Einsichts­rechts

Die Einsicht in die Dokumen­ta­tion gemäß DSGVO und Patien­ten­rechte ist grund­sätz­lich zu gewäh­ren und recht­lich festge­schrie­ben.

Aller­dings gibt es einige Ausnah­me­fälle, in denen Behan­delnde die Einsicht­nahme in die Patien­ten­akte ganz oder teilweise verwei­gern können.

Nach § 630g BGB kann das Verlan­gen auf Einsicht vor allem dann verwei­gert werden, wenn dem erheb­li­che thera­peu­ti­sche Gründe entge­gen­ste­hen.

Von erheb­li­chen thera­peu­ti­schen Gründen ist zum Beispiel immer dann die Rede, wenn die Gefahr einer (Selbst-)Schädigung vorliegt. Insbe­son­dere ist hierbei eine mögli­che Suizid­ge­fahr gemeint.

Es sollte dennoch immer geprüft werden, ob nicht eine beglei­tete Einsicht­nahme mit einem Behand­ler möglich wäre. Eine Verwei­ge­rung der Einsicht ist nur das aller­letzte Mittel.

Darüber hinaus kann eine Einsicht in die Dokumen­ta­tion auch dann verneint werden, wenn dadurch die Rechte Dritter verletzt würden. Das ist sowohl in § 630g Absatz 1 und Artikel 15 Absatz 4 DSGVO festge­schrie­ben.